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Blühnbach


Der Legende nach soll der Name des Schlosses daher kommen, dass an einem 30. November in Erzbischof Hartwigs Hand ein dürrer Zweig plötzlich zu blühen begonnen hat, als er hier eine Kirche einweihte. Die erste schriftliche Überlieferung des Namens Pliembach stammt aber erst aus dem 14. Jahrhundert, während Hartwig bereits 1023 starb. Schon im Mittelalter befand sich an der Stelle des späteren Schlosses ein Jagdsitz der Salzburger Erzbischöfe. Das hier stehende Herrenhaus wurde im Bauernkrieg von 1525/26 zerstört, aber bald danach wieder aufgebaut. Es diente weiterhin als Jagdschloss. Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau ließ das immer noch bescheidene Gebäude zwischen 1603 und 1608 stark ausbauen. An Bau- und Maurermeistern sind Ruep Eder, Andrä Maurer und Gabriel Prändtl überliefert.1604 brach das neu aufgesetzte Dach unter der Schneelast des harten Winters zusammen und musste im nächsten Jahr erneuert werden. Mit der Errichtung eines Reitstalles, in dem auch das Personal untergebracht wurde, war 1608 das Schloss fertiggestellt. Die geplante prächtige Innenausstattung unterblieb jedoch großteils, da der auf Wolf Dietrich folgende Fürsterzbischof Marcus Sitticus wesentlich sparsamer war. Fürsterzbischof Paris Lodron hielt hier große Jagdveranstaltungen ab, bei denen bis zu 500 Treiber beschäftigt wurden. Unter ihm erlebte das Schloss seine Blütezeit. Ab dem 18. Jahrhundert verlor es bei den Salzburger Erzbischöfen wegen seiner entlegenen Lage an Beliebtheit. Es diente bald nur mehr als Gestüt für mehrere hundert Pferde. Der letzte Salzburger Fürsterzbischof, Hieronymus Colloredo, ließ das zweite Stockwerk ausbauen und das Gebäude neu eindecken. Nach der Eingliederung Salzburgs in die österreichische Monarchie gehörte Schloss Blühnbach dem österreichischen Staat, von dem es 1842 eine lokale „Adelige Jagdgesellschaft“ pachtete. Sie benützte es bis 1910 als standesgemäßen Stützpunkt für die Hochwildjagd.

Als Erzherzog Franz Ferdinand sich für das Jagdrevier interessierte, wurde es durch Gütertausch aus Staatsbesitz in habsburgisches Privateigentum übertragen und die Jagdgesellschaft musste nach Weinzierl in Niederösterreich übersiedeln. Franz Ferdinand konnte praktisch das ganze Tal erwerben. Auch er benutzte Blühnbach als Jagdschloss. Zuvor ließ er es aber durch den Wiener Architekten und Dombaumeister Ludwig Simon im Stil des Historismus um- bzw. ausbauen und die ehemaligen Renaissancefronten mit Neo-Renaissancedekor „verschönern“. Durch das Aufsetzen des obersten Stockwerkes wurden die Proportionen des Gebäudes verändert. Für das Innere versuchte er im Kunsthandel Möbel aufzutreiben, die einst dem Fürsterzbischof Wolf Dietrich gehörten oder zumindest aus seiner Zeit stammten. Der Thronfolger konnte sich aber seines neuen Jagdschlosses nicht lange erfreuen, da die Bauarbeiten erst 1913 beendet waren und er bereits im folgenden Jahr dem Attentat in Sarajewo zum Opfer fiel. Kurz zuvor hatte er im Blühnbacher Revier eine weiße Gämse erlegt, was dem alten Jäger-Aberglauben, dass der Abschuss eines weißen Tieres Unglück bringt, neue Nahrung verschaffte. Kaiser Franz Josef verkaufte 1916 den Besitz an die Industriellenfamilie Krupp von Bohlen-Halbach. Gustav Krupp sollte einer der Hauptangeklagten im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess nach dem Zweiten Weltkrieg werden, wurde aber von der Liste gestrichen, da er krankheitsbedingt prozessunfähig war. Er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens bettlägerig im Schloss Blühnbach. 1973 erwarben zwar die Österreichischen Bundesforste die umliegenden Wälder, das Schloss blieb aber im Eigentum von Arndt von Bohlen-Halbach. Nach dessen Tod wurde es 1988 an den austro-amerikanischen Industriellen Frederick R. Koch verkauft. Der danach aufwändig restaurierte Bau ist weiträumig abgesperrt und praktisch unzugänglich.

Schauseite des lang gestreckten Schlosses ist die fünfteilige Südfront. Das rundbogige Portal im Mittelteil stammt noch vom Anfang des 17. Jahrhunderts. Es ist von einer Quaderrahmung umgeben und mit einem flachen Dreieckgiebel gekrönt. An den viergeschossigen Mittelteil schließen zwei dreigeschossige Zwischenteile an. Die ebenfalls viergeschossigen dreiachsigen Eckrisalite überragen mit ihren Spitzdächern den Mittelbau, so dass die Dachlandschaft einen etwas unruhigen Eindruck macht. Insgesamt zählt die Hauptfassade vierzehn Fensterachsen. Mit jeweils drei Fenstern sind die West- und Ostseiten relativ schmal. Über dem modernen, aber romanisierenden Portal an der Westfront springt ein Erker mit Doppelfenster vor. Von der gewölbten Mittelhalle im Erdgeschoß gehen kreuzförmig lange Gänge aus. Ihr Tonnengewölbe wurde unter Erzherzog Franz Ferdinand mit Graten versehen. Seitlich der Halle führt eine breite Wendeltreppe in die oberen Geschosse. Im zweiten Stock gibt es einen gut ausgestatteten großen Saal, an den sich breite hallenartige Gänge anschließen. Der Großteil der Einrichtungsgegenstände geht auf die Sammeltätigkeit des Thronfolgers zurück. Im Nordosten des Schlosses hat sich ein Jägerhaus aus der Zeit um 1780 erhalten. Es zeigt das Wappen des Fürsterzbischofs Colloredo aus weißem Marmor. Während die ersten beiden Geschosse gemauert sind, ist der oberste Stock aus Holz aufgesetzt. Der dreigeschossige Bau trägt ein abgewalmtes Satteldach. Die alte Kapelle nordöstlich des Schlosses wird bereits 1582 genannt. Unter Franz Ferdinand wurde sie durch einen neugotischen Anbau zur Seitenkapelle degradiert. Dafür wurde sie mit neu erworbenen Skulpturen und einem spätgotischen Flügelalter (um 1500) reich ausgestattet.

Lage: Salzburg/Pongau – ca. 6 km westlich von Tenneck (die Straße darf aber nicht befahren werden)

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


29.04.2006