Das Palais Wertheim wurde in den Jahren 1864 bis 1868 von Heinrich Ferstel für den Industriellen Franz Ritter von Wertheim errichtet. Wertheim war ein typischer „Ringstraßenbaron“, der aus bescheidenen Verhältnissen kam, es aber dank seiner Tüchtigkeit zum vielfachen Millionär brachte und diesen Aufstieg auch durch ein entsprechendes Palais dokumentieren wollte. Ferstel stand vor einer schwierigen Aufgabe. Dem Wunsch des Bildhauers Ernst Julius Hähnel entsprechend, der für sein Schwarzenberg-Denkmal eine gleichförmige architektonische Umrahmung wünschte, wollte das Innenministerium an den vier Ecken des Platzes dominante Eckbauten haben, zwischen denen die mittleren Gebäude deutlich zurücktreten sollten. Da Ferstel auch den Auftrag für das gegenüberliegende Palais Erzherzog Ludwig Victor bekam, konnte er das Palais Wertheim einigermaßen als Gegenstück dazu entwerfen. Es ist jedoch deutlich schlichter gehalten, da Ferstel den sozialen Rangunterschied der beiden Bauherren berücksichtigen musste. Wertheim hatte sein Vermögen mit der Produktion von Werkzeugen, Zigarettenpapier aber vor allem von feuerfesten und einbruchssicheren Safes gemacht. Anläßlich eines Festes im Palais für die 20.000ste verkaufte feuersichere Kasse komponierte Josef Strauß 1869 die Polka francaise „Feuerfest“. Später war hier die türkische Botschaft untergebracht. 1910 wurde das Palais in ein Bürohaus umgebaut.
Das Palais bildet den markanten Eckpunkt des Schwarzenbergplatzes zur Ringstraße hin. Das Gebäude ist ein fünfgeschossiges Wohnpalais, das an drei Seiten frei steht. Am Schwarzenbergplatz ragt ein fünfachsiger Mittelrisalit vor, der im obersten Stock mit Karyatiden versehen ist. Über dem Kranzgesims befindet sich ein von Figuren flankierter großer Wappenaufsatz mit der Freiherrenkrone. Der erste und zweite Stock wird durch korinthische Riesenpilaster zusammengezogen. Die Ecke Kärntner Ring/Canovagasse ist durch einen Erker mit einer Kuppel aus Kupferblech betont. Die ehemalige prunkvolle Innenausstattung, so das dreischiffige monumentale Vestibül, wurde beim Umbau in ein Büro- und Geschäftshaus restlos entfernt, ebenso die Einrichtung der oberen Stockwerke. Lediglich im "Rittersaal" der Beletage gibt es noch eine zum Teil aufwändig geschnitzte Holzverkleidung und eine konsolengestützte Balkendecke. Auch in zwei Nebenräumen haben sich Stuckdecken und Holzverkleidungen erhalten. Im 3. Stock steht ein schöner Kamin aus weißem Kalkstein. Das einst im Hintertrakt zur Unterhaltung der Gäste Wertheims eingerichtete kleine Residenz-Theater ist längst verschwunden. Der rechteckige rustizierte Innenhof ist heute durch Einbauten nicht mehr benutzbar. An das Palais schloss am Schwarzenbergplatz das eigentliche Wohnhaus Wertheims an. Wie auch das gegenüberliegende Palais Welten tritt es aus der Baulinie zurück und ist betont einfach gehalten. Es ist ebenfalls ein Werk von Heinrich Ferstel. 1914 wurde es in ein Hotel umgewandelt, ist aber längst zum Bürohaus geworden.
Ort/Adresse: 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 17/Kärntner Ring 18
Besichtigung: nur von außen möglich
Weitere Literatur:
30.08.2002