WIENER PALAIS


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Zeittafel






Palais Lobkowitz


Das Palais Lobkowitz gehört zu den ältesten Palastbauten Wiens. Mit ihm wurde die Blütezeit der profanen Barockarchitektur in Wien eingeleitet. An seiner Stelle stand 1684 das Haus des Leopold Freiherrn von Felß, der es ein Jahr später an den kaiserlichen Oberststallmeister Philipp Sigmund Graf von Dietrichstein verkaufte. Dieser erwarb das daneben gelegene Badhaus dazu und ließ an der Stelle beider Objekte in den Jahren 1685 bis 1694 das heutige Palais erbauen. Als Sieger aus einem ausgeschriebenen Architekturwettbewerb war der Hofingenieur Giovanni Pietro Tencala hervorgegangen. In die Planung flossen auch Ideen Vincenzo Scamozzis und Paul Strudels ein. Der Lobkowitzplatz wurde damals noch Schweinemarkt genannt. 1724 wurde das Palais an den General-Hofbaudirektor Gundacker Ludwig Joseph Graf Althan verkauft. Ab 1745 befand es sich im Besitz von Wenzel Eusebius Fürst von Lobkowitz, bei dessen Familie es bis 1980 verblieb. Schon 1710 hatte Johann Bernhard Fischer von Erlach das Hauptportal und die Attika umgebaut, während sein Sohn Joseph Emanuel dann die Wappenkartusche hinzufügte, in die dann das Lobkowitz-Wappen eingesetzt wurde. Franz Joseph Fürst von Lobkowitz zählte zu den wichtigsten Gönnern von Ludwig van Beethoven. 1804 wurde im Festsaal die Vierte Sinfonie Beethovens unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt. Zur Zeit des Wiener Kongresses war das Palais ein Zentrum rauschender Feste, auf denen sich die Spitzen der Gesellschaft aus allen Ländern Europas trafen. 1869 bis 1909 war das Gebäude Sitz der französischen Botschaft und von 1919 bis 1938 der tschechoslowakischen Gesandtschaft. 1939 folgte die Umgestaltung zu einem „Haus der Mode“ nach Plänen Josef Hoffmanns. 1945 wurde das Gebäude durch Fliegerbomben schwer beschädigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Institut Francais de Vienne hier untergebracht. 1980 erwarb die Republik Österreich das Palais und verwendete es nach einer umfassenden Renovierung seit 1991 als Museum für die Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek..

Das lang gestreckte, dreistöckige Gebäude weist am Lobkowitzplatz 17 Fensterachsen auf, während die Front an der Augustinerstraße siebenachsig ist. Zwei Innenhöfe werden durch einen Mitteltrakt getrennt. Die Hofarkaden sind heute verglast bzw. vermauert. Die dekorativen Fassaden der Straßenfronten stammen noch weitgehend aus der Erbauungszeit. Ein sich über den ganzen Bau hinziehender Rustikasockel reicht bis zur Höhe der Fenstersimse. Die Mauer wird durch flache Pilaster gegliedert. Der nur leicht vortretende, siebenachsige Mittelrisalit wird durch eine figurengeschmückte Attika betont. Zwei übereck gestellte Pfeiler und toskanische Säulen rahmen den sich diademartig vorwölbenden Torbogen des Hauptportals. Darüber liegt ein großer Balkon, der von Vasen begrenzt ist. Auch über den beiden kleineren Toren befindet sich jeweils ein Balkon. Hinter dem Hauptportal liegt das tonnengewölbte Vestibül mit bemerkenswerten Skulpturen und einem Herkules-Brunnen. Er dürfte aus der Werkstatt Lorenzo Mattiellis stammen und erinnert an die Grottenarchitektur der Renaissancezeit. Dieser Vorraum öffnet sich an den beiden Längsseiten in drei Arkadenbögen zum Treppenhaus bzw. zum Hof. Das Kreuzgewölbe der Halle ist mit Blattbändern und Fruchtgewinden stuckiert. Die Wände des Innenhofes sind rustifiziert und wiederholen damit das Motiv des Fassadensockels. Die elegante Haupttreppe steigt in drei Läufen um einen Innenschacht empor. Das tonnenartige Kreuzgewölbe des Stiegenhauses wird von toskanischen Säulen getragen. Es ist mit feinen Stuckverzierungen geschmückt. Unter den repräsentativen Räumen der Beletage ist der 15 m lange und 8 m hohe Festsaal (Eroicasaal) der bedeutendste. Er bekam seine heutige Form 1729 unter dem damaligen Besitzer des Hauses Gundacker Ludwig Joseph Graf Althan. Jacob van Schuppen schmückte den Plafond mit Allegorien der Künste über einer grünlich schillernden Scheinarchitektur von Marcantonio Chiarini. Seit 1798 fanden hier Opern- und Konzertaufführungen statt. Die Wandverkleidung aus Stuckmarmor wurde 1845 neu gestaltet. Die übrigen Innenräume entsprechen nicht mehr dem ursprünglichen Zustand, weisen aber zum Teil noch spätbarocke Dekorationen auf.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Lobkowitzplatz 2

Besichtigung: Die Innenräume können im Rahmen der Ausstellungen des Theatermuseums besichtigt werden.


Weitere Literatur:


27.08.2002