WIENER PALAIS


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Palais Erzherzog Wilhelm


Zu den schönsten Ringstraßenpalästen gehört das Palais Erzherzog Wilhelm. Der Erzherzog war Großmeister des Deutschen Ordens, daher wird das Palais in Wien auch oft als Deutschmeisterpalais bezeichnet. Es wurde in den Jahren 1864 bis 1868 von Theophil von Hansen im Neorenaissancestil errichtet. Der Bau ist ein Gesamtkunstwerk, da Hansen auch die kleinsten Details, wie z. B. Türschnallen oder Fensterverschlüsse selbst plante. Gegenüber anderen Ringstraßenpalais ergaben sich zwei wichtige Unterschiede in der Planung: da der Großmeister des Deutschen Ordens stets unverheiratet sein musste, brauchten keine Räumlichkeiten für die Dame des Hauses vorgesehen werden. Hingegen wurde Wert auf große Stallungen gelegt, da die Ordensmitglieder bei größeren Festlichkeiten meist beritten auftraten. 1870 verkaufte Erzherzog Wilhelm das Gebäude an den Deutschen Orden. Es wurde nun Residenz des jeweiligen Hoch- und Deutschmeisters. Im Zuge der Auflösung des Deutschen Ritterordens wurde das Gebäude 1938 durch das Deutsche Reich beschlagnahmt und der Gemeinde Wien übereignet, die es 1942 der Polizeibehörde vermietete. Von 1945 bis 1974 war es Sitz der Bundespolizeidirektion Wien. 1981 kaufte die OPEC das Palais. Seit damals ist hier die OPEC Foundation bzw. der OPEC Fund for International Development domiziliert. Zu diesem Zweck wurde das Palais von Georg Lippert um S 100 Mio. aufwendig restauriert, aber zum Teil im Inneren verändert. So wurde z. B. der ursprünglich mit Kies bedeckte Boden des im Neo-Renaissancestil gehaltene Innenhofes, mit Steinfliesen versehen. Er dient jetzt als Atrium. Die Repräsentationsräume haben ihr ursprüngliches Aussehen wieder erhalten.

Das vier- bzw. fünfstöckige Palais war der erste Monumentalbau der Ringstraße, der aus hellgrauem Karstmarmor erbaut wurde. Die Fassade an der Ringstraße erhält durch den fünfachsigen, leicht vorspringenden Mittelrisalit und die beiden dreiachsigen, um ein Stockwerk niedrigeren Seitenteile eine ausgewogene Gliederung. Parterre und Mezzanin sind hier durch eine einheitliche Rustikaquaderung optisch zusammengezogen. Drei große Rundbogentore nehmen die Höhe beider Geschoße ein. Sie werden von steinernen Wächterhäuschen flankiert. Besonders auffallend ist die Dominanz der Beletage im Mittelrisalit durch ihre extreme Höhe und die ionische Säulenordnung, die ihr vorgesetzt ist. Über dem Gesims liegt noch ein Attikageschoß. Für letzteres schuf Josef Gasser die sechs Ordensherolde zwischen den Fenstern, in Form von Atlanten, die das Gebälk tragen. Er ist auch der Schöpfer von einigen der Ordenshochmeister-Figuren auf der darüberliegenden Balustrade. Die Hinterfront in der Cobdengasse zeigt einfache, aber elegante Formen. Das Erdgeschoß nahm im wesentlichen den monumentalen Pferdestall, das Stiegenhaus und einige Nebenräume auf. Im Mezzanin befanden sich Räume für den Hofmarschall und den Dienstkämmerer. Die Repräsentations- und Wohnräume lagen natürlich im ersten Obergeschoß. Das darüber befindliche Mezzaningeschoß sowie der Attikaaufbau über dem Mittelrisalit beherbergte Dienerwohnungen und Depots. Küchen- und sonstige Nutzräume waren im Kellergeschoß untergebracht. Drei Nebentreppen und ein Lastenaufzug verbanden alle Stockwerke.

Von der Ringstraße aus führt eine prächtige, dreischiffige Einfahrt in den glasgedeckten 19 m x 26 m großen Innenhof. Er ist so groß, dass einfahrende Wagen darinnen wenden konnten. Außerdem bestand eine Durchfahrtsmöglichkeit in die Cobdengasse. . Der obere Teil, der den Innenhof begrenzenden Wände ist mit Terrakottareliefs im Stil der Renaissance verziert. Sie sind ein Werk von Johann Hutterer. Links von der Tordurchfahrt führt die zweiarmige Prunktreppe zu den Repräsentationsräumen, rechts befindet sich der ehemalige Pferdestall. Dieser waren für 24 Pferde eingerichtet. Zehn kannelierte und sorgsam polierte dorische Säulen aus Kunstmarmor teilen ihn in drei Schiffe. Heute dient er für Ausstellungen und Veranstaltungen. Die Beletage des Palais ist prächtig ausgestattet. So zählt der ehemalige Fest- und jetzige Sitzungssaal zu den Hauptwerken des Historismus auf dem Gebiet der Innendekoration. Er ist mit Kunstmarmor verkleidet und weist eine farbenprächtige Kassettendecke auf.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Parkring 8

Besichtigung: Das Palais kann im Inneren nicht besichtigt werden.


Weitere Literatur:


24.08.2002