WIENER PALAIS


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Palais Lieben


Das Gebäude wurde 1872 von den Architekten Carl Schumann und Ludwig Tischler für die Familie Lieben-Auspitz als Wohnpalais im Stil des Strengen Historismus errichtet. Zuvor stand hier bis 1870 das Palais der polnischen Hochadelsfamilie Lubomirski, in dem sich eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Europas befand. Damals waren die meisten Repräsentationsbauten der Ringstraße, darunter das benachbarte Burgtheater und die Universität noch im Bau. Das außen weitgehend schmucklose Gebäude ist heute noch ein an drei Seiten freistehendes vierstöckiges Eckhaus, das seine relativ schmale Schauseite dem benachbarten Burgtheater zuwendet. Diese ist fünfachsig und besteht aus einem dreiachsigen Mittelteil, der nur flach aus der Fassade hervortritt und zwei schmäleren Seitenrisaliten. Die Fassade des zweiten und dritten Obergeschosses wird durch korinthische Riesenpilaster gegliedert. Eine Attikabalustrade verdeckt Teile des ausgebauten Dachgeschosses. Die letzte größere Renovierung fand 2001 statt. Leopold von Lieben, der ab 1888 die Beletage im ersten Stock bewohnte, nachdem er sie im Neo-Rokokostil ausgestattet hatte, hatte sein Vermögen mit einem Großhandelshaus und einer Privatbank gemacht. Außerdem war er Präsident der Wiener Börsenkammer. Sein Sohn war der Physiker Robert von Lieben, der 1906 durch die Erfindung einer Telefon-Verstärkeranlage, die erst das weltweite Telefonieren ermöglichte, bekannt geworden war. Er lebte zeitweise im zweiten Stock. Weitere Mitglieder der Bankiersfamilie hatten ihre Wohnungen im 3. Stock, so der Privatbankier Richard von Lieben. Der heute bekannteste Teil des Palais ist jedoch das Café Landtmann, das seit 1872 nach wie vor den größten Teil des Erdgeschosses einnimmt. In seinem Gästebuch der Zwischenkriegszeit findet sich ein Großteil der Wiener Prominenz, wofür natürlich die unmittelbare Nähe zum Burgtheater beigetragen hat. Neben Schauspieler wie Raoul Aslan, Ewald Balser, Hedwig Bleibtreu und Hans Moser stößt man hier auf die Politiker Julius Raab, Karl Seitz und Robert Danneberg, sowie auf die Schriftsteller Felix Salten, Franz Theodor Csokor oder Thomas Mann. Im Souterrain des Kaffeehauses befindet sich das Kellertheater „Die Tribüne“. Legendär ist der Literarische Salon der Berta Zuckerkandl, der von ihr zwischen 1917 und ihrer erzwungenen Flucht 1938 im ersten Obergeschoß des Palais geführt wurde. Heute dient das Palais als elegantes Wohn- und Bürohaus.

Lage: gegenüber dem Burgtheater

Ort/Adresse: 1010 Wien, Universitätsring

Besichtigung: im Inneren teilweise möglich (Café Landtmann)


Weitere Literatur:


09.12.2021