Klemens Wenzel Lothar von Metternich entstammte einer alten deutschen Adelsfamilie. Er wurde 1773 in Koblenz geboren, das damals zum Kurfürstentum Trier gehörte. Schon sein Vater stand als Diplomat in österreichischen Diensten. Sein Sohn Clemens Wenzel übernahm schon früh ebenfalls diplomatische Aufgaben für die Habsburger. So war er 1790 Zeremonienmeister bei der Krönung Kaiser Leopolds II in Frankfurt. Zwei Jahre später hatte er dieselbe Funktion für Kaiser Franz II. Diese Ämter waren zwar nicht besonders wichtig, aber der junge Graf konnte seinen Bekanntheitsgrad am Wiener Hof dadurch verbessern. 1794 verlor seine Familie durch das Vordringen der Franzosen ihren gesamten Besitz im Rheinland. Klemens Wenzel zog nach Wien, wo sich seine Familie bereits befand und vollendete hier sein Studium. 1801 wurde er österreichischer Gesandter in Dresden und 1803 in Berlin. Ein wichtiger Schritt in seiner Karriere war seine Aufgabe als österreichischer Botschafter in Paris. Nicht einmal Napoleon konnte seinen Aufstieg bremsen. Im Gegenteil! Das Jahr 1809 war kein gutes Jahr für Österreich. Obwohl Napoleon in der Schlacht von Aspern erstmals geschlagen wurde und die Tiroler Schützen unter Andreas Hofer den mit ihm verbündeten bayerischen Truppen schwere und verlustreiche Kämpfe lieferte, verlor Österreich im darauffolgenden Frieden von Schönbrunn Gebiete von mehr als 100.000 km². Für diese Verluste wurde der Außenminister Johann Philipp Graf Stadion verantwortlich gemacht. Er musste zurück treten und wurde durch Klemens Wenzel Lothar Graf Metternich ersetzt, der im nächsten Jahr zum Fürsten und leitenden Minister Österreichs ernannt wurde. Während des Wiener Kongresses war er der dominierende Politiker, der die Neuordnung Europas ohne Napoleon betrieb. Ab 1821 trug er den Titel „Staatskanzler“. Damit stand er am Höhepunkt seiner Macht. Es gelang ihm eine Koalition von Österreich, Preußen, Russland und England zustande zu bringen, die Napoleon schließlich an einer Wiederkehr hindern konnte. Im Inland war der erzkonservative Politiker ein bedingungsloser Gegner von Demokratie und Liberalismus. Er errichtete einen Polizeistaat, den er durch Zensur und Unterdrückung der Meinungsfreiheit sowie ein umfassendes Spitzelsystem absicherte. Seinem Kaiser gegenüber war er stets loyal, da er der Meinung war, dass nur ein starkes Österreich das europäische Gleichgewicht garantieren könnte.
Metternich besaß bis zu seiner Flucht aus Wien kein repräsentatives Stadtpalais. Als Diplomat lebte er vorwiegend im Ausland und als Außenminister bzw. Staatskanzler bevorzugte er die für ihn gediegen eingerichteten Räume in der ehemaligen Staatskanzlei, dem heutigen Bundeskanzleramt am Ballhausplatz. Seine Gattin hatte jedoch von ihrem Vater Ernst Christoph von Kaunitz-Rietberg bereits 1797 ein riesiges Gartengrundstück am Rennweg geerbt. Darauf befand sich ein einfaches Gebäude, das Metternich während des Wiener Kongresses als sommerlicher Rückzugsort diente. Die gesamte Wiener Vorstadt Landstraße war damals noch nicht dicht verbaut und machte mit ihren Landschlössern und Villen einen recht noblen Eindruck. Sie ist übrigens noch heute bei Diplomaten sehr beliebt. 1815 entstand mitten im Garten ein kleines einstöckiges Gebäude auf kreuzförmigen Grundriss, das als Villa Metternich bezeichnet wurde. Als Residenz des österreichischen Hof- und Staatskanzlers war es natürlich ebenfalls viel zu klein. Das Gebäude wurde daher 1835 von Pietro Nobile umgestaltet und zwei Jahre später wesentlich vergrößert, um die große Kunstsammlung des Fürsten unterbringen zu können. Der auch als Erbauer des Äußeren Burgtores und des Theseustempels im Volksgarten bekannte Architekt hatte an die freundliche kleine Villa zwei Seitenflügel angefügt, so dass ein Ehrenhof entstanden war. Im Inneren befanden sich wertvolle Kunstwerke, wie Plastiken von Thorwaldsen und Canova. Der Bau fungierte auch als Sommerpalais für den Fürsten. Um seine Gäste während des Wiener Kongresses bei Laune zu halten, ließ Metternich 1814 in seinem Garten durch den Architekten Charles Moreau einen zeitlich befristeten hölzernen Hallenbau errichten, in dem Bälle und verschiedene Festveranstaltungen abgehalten wurden. An Hand der Baukosten von 300.000 Gulden und den Namen der Künstler, die herangezogen wurden, kann man auf die Qualität des Baues schließen. Unter anderem erfolgten die Bildhauerarbeiten von August La Vigne, der auch bei der Umgestaltung des Schlosses Esterhazy in Eisenstadt tätig war. Mit 73 Jahren beschloss Metternich im Jahr 1846 endlich für sich eine standesgemäße Bleibe in Wien zu errichten. Diesem Bauvorhaben wurde das auch als Palais Metternich bezeichnete Kazysche Haus, das auf einen Vorbesitzer des Grundstücks zurückging, 1846 geopfert. Als Architekten des neuen Palais wählte Metternich die im Palaisbau des 19. Jahrhunderts vielbeschäftigten Johann Romano und August Schwendenwein. Das vom Baumeister Franz Schlierholz bis 1848 errichtete „Winterpalais“ zählt zu den frühesten Bauten des Historismus in Wien, doch erinnern seine Fassaden stark an die römischen Renaissancepaläste des 16. Jahrhunderts. Vor allem der Palazzo Farnese dürfte als Vorbild gedient haben, doch kommt die Fassade des Palais Metternich heute nur wenig zur Geltung, da durch spätere Parzellierungen der Großteil des Gartens längst verschwunden ist und das Gebäude unmittelbar an der stark befahrenen Rennweg-Straße liegt.
Metternich konnte vorerst sein Palais kaum genießen. Es war noch nicht einmal komplett fertiggestellt, da brach in Wien wie auch in anderen europäischen Ländern die Revolution von 1848 aus. Er war zwar einer der fähigsten Staatsmänner und Politiker des 19. Jahrhunderts, doch war er bei der breiten Bevölkerung - vorsichtig ausgedrückt - nicht sehr beliebt. Er schaffte es daher nur mit Mühe, sich ins Ausland abzusetzen und die nächsten Jahre in England und Belgien zu verbringen. Einigen Demonstranten, aber vor allem dem Pöbel Wiens gelang es, in den Garten einzudringen und auch an seiner Villa beträchtliche Schäden anzurichten. Nach der Revolution wurden diese von Mitgliedern der Familie Metternich behoben und diverse Umbauarbeiten vorgenommen. Im September 1851 konnte Metternich sein Exil verlassen und in sein Wiener Palais zurückkommen. Mit seiner Karriere war es natürlich vorbei, doch lebte er hier bis zu seinem Tode im Jahr 1859. 1873 wurde sein Erbe aufgeteilt. Der Börsenkrach des gleichen Jahres führte zur Vernichtung großer Vermögen. Davon war auch die Familie Metternich betroffen. Als Folge seiner wesentlich verschlechterten Finanzlage ließ Fürst Richard, der Sohn des ehemaligen Staatskanzlers, die Parkvilla abreißen und den Park parzellieren. Auf seinem Areal entstand das elegante Diplomatenviertel mit zahlreichen ausländischen Botschaften und Gesandtschaften. Nachdem der Großteil der prächtigen Einrichtung der Villa Metternich inklusive der berühmten Kunstsammlung entfernt und veräußert worden war, wurde das Winterpalais 1908 an den italienischen Staat verkauft, der hier seine Wiener Botschaft einrichtete. Lediglich die wandfeste Ausstattung wie Stuckdecken, Kamine, Spiegel oder Holzverkleidungen blieben erhalten. Bis 1910 erhielt das Palais durch den Anbau eines Ballsaales an der Gartenfront durch die Baufirma Detoma & Hechtl einen neuen, L-förmigen Grundriss. Während der beiden Weltkriege war die Botschaft geschlossen. 1946 wurde das Palais Italien zurückgegeben und erfüllt seither wieder seine diplomatischen Aufgaben.
Das Palais ist ein freistehendes dreigeschossiges Gebäude, dessen 13-achsige Schaufront dem Rennweg zugewendet ist. Es ist ein Beispiel für den Übergang vom Klassizismus zur Neorenaissance. Durchlaufende Sockel- und Parapetgesimse sowie das ausladende Kranzgesims betonen die Horizontale. Das Erdgeschoß wird durch relativ derbe Quaderfugen aufgelockert. Die beiden Obergeschosse sind nur zart genutet. Die dreiachsige Portalgruppe in seiner Mitte belebt ebenfalls die Fassade. Sie besteht aus einem Rundbogenportal und den benachbarten Fensterachsen. Über dem Portal springt ein von Konsolen gestützter und von einer Steinbalustrade begrenzter Balkon vor. Die hinter ihm liegenden drei Mittelfenster zeigen dreieckige Verdachungen. Die restlichen Fenster der Vorderfront weisen profilierte Rahmen und gerade Verdachungen auf. Eine kulturgeschichtliche Besonderheit ist die lange, durch kleine Steinpfeiler verstärkte Eisenkette, die in Bodennähe an der Fassade entlang führt. Vom Mittelalter bis zur Revolution von 1848 existierte das sog. „Kettenrecht“, das mit einigen Privilegien verbunden war. So durften die solcherart gekennzeichneten Gebäude weder von der Polizei noch von Gerichtsorganen ohne Zustimmung des Eigentümers betreten werden. Natürlich war diese Bevorzugung nur den Behausungen von Adeligen vorbehalten. In Wien haben sich nur wenige dieser Absperrungen bis heute erhalten. Am Palais Metternich wären sie aber gar nicht nötig, da dieses als Botschaftsgebäude ohnehin exterritorial ist. Ebenfalls sehr repräsentativ ist das Portal an der Hofseite. Ihm ist eine Säulenvorhalle vorgelagert. Der Hauptflügel ist mit zwei nur leicht vortretenden Gartenrisaliten ausgestattet, von denen der südliche 1900 zum sechsachsigen Ballsaaltrakt ausgebaut wurde. Leider ist vom einst riesigen Garten nur mehr ein Rest vorhanden, der aber durch römische Spolien aufgewertet ist.
Betritt man das Palais, so gelangt man in eine dreischiffige Vorhalle, deren Kreuzgratgewölbe auf toskanischen Säulen ruht. Sie führt zu einem etwas schmalen Stiegenhaus, das lediglich eine zweiläufige Haupttreppe enthält. Diese wird von einer stattlichen steinernen Balustrade begrenzt. Während die Wände des Treppenhauses im unteren Geschoß lediglich zart genutet sind, werden sie in den oberen Geschossen durch korinthische Pilaster gegliedert. Eine auf kleinen Konsolen ruhende, flach gekehlte Kassettendecke schließt das Treppenhaus nach oben hin ab. Die repräsentative Beletage besteht aus vier großen Räumen und einem Vorzimmer, die straßenseitig hintereinander angeordnet sind. Die Raumaufteilung durch Zwischenwände ist jedoch nicht mehr original, da sie den Erfordernissen eines modernen Bürobetriebes entsprechend in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verändert wurde. Die Stuckdecken stammen aber noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts und zeigen zum Teil Fruchtkränze, Ranken und Rosetten meist in einer phantasievollen geometrischen Anordnung. In einem Raum ist die Decke in verschiedene von Stuckrahmen umgebene Felder aufgeteilt, die heute entweder leer oder mit zartem spätklassizistischem Dekor gefüllt sind. Die Wohnung des einstigen Staatskanzlers lag im zweiten Obergeschoß. Sein Arbeitszimmer ist mit einer barockisierenden Holzvertäfelung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ausgestattet. Im neuen, erst zwischen 1900 und 1910 angebauten Trakt liegen das Musikzimmer, das im Neorokokostil gehalten ist sowie ein Vorraum mit kannelierten Pilastern und einer Kassettendecke. Der größte Raum ist jedoch der prunkvolle frühklassizistische Ballsaal, der mit seinem Spiegelgewölbe, der Pilastergliederung der Wände und den großen Kronleuchter an den Festsaal des Palais Liechtenstein in der Wiener Bankgasse erinnert.
Ort/Adresse: 1030 Wien, Rennweg 27
Besichtigung: nur von außen möglich
Weitere Literatur:
23.03.2020