WIENER PALAIS


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Neues Sommerpalais Liechtenstein


Der Park hinter dem Gartenpalais Liechtenstein geht auf das Jahr 1687 zurück. Er war die erste große Lustgartenanlage, die nach Beendigung der Türkengefahr entstand. Zugleich ist er der älteste, heute noch vorhandene Palais-Garten Wiens. Fürst Johann Adam von Liechtenstein engagierte Johann Bernhard Fischer von Erlach, der für ihn die Gesamtkonzeption des Gartens, aber auch die Pläne für ein Rokokolusthaus entwarf. Dieses „Belvedere“ entstand zwischen 1687 und 1689 im hintersten Teil des großen Gartens an der Stelle des heutigen Neuen Sommerpalais. Ein solches Belvedere war für die Wiener Barockgärten typisch und stellte die Krönung jedes fürstlichen Parks dieser Epoche dar. Baumeister war der Hofsteinmetzmeister Mitschke. Im Jahre 1873, als man mit der beginnenden Makartzeit wenig Sinn für alte Baudenkmäler hatte und dafür mehr kolossale Prunkbauten schätzte, wurde der Rokokopavillon demoliert. Unter Fürst Johannes II von Liechtenstein entstand drei Jahre später an seiner Stelle, nach Plänen des Architekten Heinrich Ferstel, das Neue Sommerpalais als Gartenhaus für seine Mutter, eine geborene Gräfin Franziska Kinsky. Es diente in der Folge auch einigen anderen Mitgliedern des Fürstenhauses als Wohnung. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Palais schwer beschädigt. In der unmittelbaren Nachkriegszeit ging ein beträchtlicher Teil der Einrichtung verloren. In den Jahren 1989 bis 1991 wurde das Gebäude im Inneren modernisiert und vorwiegend für Bürozwecke adaptiert. Zuletzt erhielt auch das bereits durch Ruß und Staub sehr unansehnlich gewordene Äußere einen neuen freundlicheren Anstrich. Das Palais gehört nach wie vor dem Fürstenhaus Liechtenstein.

Der an der Alserbachstraße recht langweilig wirkende Neo-Renaissancebau ist an der Gartenfront wesentlich besser gegliedert. Offenbar tat Ferstel und vielleicht auch dem Fürsten Johannes II die Zerstörung des barocken Belvederes leid. Er ließ dessen Motiv im Mittelrisalit der Gartenfront wiederauferstehen. Während der leicht vortretende fünfachsige Mittelteil des Erdgeschosses wie auch das gesamte Untergeschoß im Stil der Renaissance gebändert ist, tritt das deutlich überhöhte Obergeschoß des Mittelrisalites merklich zurück. Es zeigt eine, an Palladio erinnernde triumphbogenartig gestaltete Loggia. Der turmartige übergiebelte Oberbau ist durch einen markanten Rundbogen. geöffnet. Sein Vorbau wird von korinthischen Säulen und Pilastern gestützt. Von der Spitze des dreieckigen Giebels blickt eine Steinfigur der Göttin Diana über den prächtigen Park. Die Seitenteile der Gartenfront zeigen hohe, mit Dreiecksgiebel ausgestattete Fenster, über denen sich ein mit Girlanden und Trophäen geschmückter Fries über das gesamte Gebäude herumzieht. Das flache Dach ist weitgehend hinter einer Attikabalustrade versteckt. In einer zentralen Nische des Erdgeschosses steht eine üppig mit Putten und Blumen geschmückte Steinvase. Vor der Gartenfront liegt eine, von Balustraden begrenzte Terrasse. Die schmalen Seitenfronten des Palais sind lediglich dreiachsig.

Die Straßenfront ist 102 m lang. Hinter den fünf großen rundbogigen Fenstern des Mittelrisalits befand sich einst ein Wintergarten, der aber im Zweiten Weltkrieg durch einen Bombentreffer zerstört wurde. An den um eine Achse vorspringenden Risalit schließen die durch Pilaster etwas aufgelockerten langen Fensterfronten an. Sie werden von einachsigen Eckrisaliten abgeschlossen. Hinter der Balustrade des Mittelrisalits befindet sich ein belvedereartiger Aufbau, der vom Straßenniveau kaum zu erkennen ist. Das Palais ist durch zwei einfache Eingänge an der Gartenseite zugänglich. Sie sind durch Torpavillons geschützt, deren Decken als kleine Terrassen dienen. Das südliche Tor führt zur säulengetragenen einarmigen Hauptstiege, während man durch das nördliche Portal zur dreiarmigen Prinzenstiege gelangt. Im Erdgeschoß waren neben einigen Gästezimmern vorwiegend Diener- und Wirtschaftsräume untergebracht, während das Hauptgeschoß die Festsäle und Wohnräume prinzlicher Familienmitglieder enthielt. Die Repräsentationsräume sowie die Stiegenhäuser sind auffallend hoch gehalten. Das Innere birgt schöne Möbel und interessante Familienbilder. Bei den letzten Renovierungsarbeiten wurde der große getäfelte Festsaal wieder rekonstruiert, der 1932 unterteilt wurde, um der an den Rollstuhl gefesselten Fürstin Schwarzenberg als Wohnung dienen zu können. Er weist auf Leinen gemalte Scheinarchitekturen auf. Dabei kam auch ein repräsentativer, von geschnitzten Säulen flankierter Kamin zum Vorschein. Auch in den Nachbarräumen finden sich zwei marmor-intarsierte Kamine. Der Bildhauer Franz Zauner schuf um 1795 im unmittelbaren Parkbereich die aus Blei gegossene Brunnenfigur „Nereide mit Kind“.

Ort/Adresse: 1090 Wien, Alserbachstraße 14 - 16

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


31.01.2018