WIENER PALAIS


Adressverzeichnis

Zeittafel






Palais Rohan


Der obere Teil der Jägerzeile galt nach ihrer Umbenennung in Praterstraße und deren Ausbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als erste Wohnadresse. Sie war auch beim Wiener Adel sehr beliebt. Man wohnte in unmittelbarer Nähe des vornehmen ersten Bezirks, konnte aber wesentlich großzügiger bauen, als es in dessen engen Gassen möglich gewesen wäre. Außerdem waren hier die Grundstückspreise und auch die Mieten wesentlich günstiger. Dies fand auch Prinz Arthur Rohan, der sich an der Adresse Praterstraße 38 im Jahr 1864 durch den Baumeister Franz Fröhlich ein großes Mietpalais errichten ließ. Die aus der Bretagne stammende Familie Rohan war ein sehr altes französisches Adelsgeschlecht, das auf das 11. Jahrhundert zurückging.1604 wurde Henri II de Rohan zum Herzog ernannt. Die Rohans stellten u. a. mehrere Fürsterzbischöfe von Straßburg, emigriertem jedoch nach einem Konkurs und der sog. Halsbandaffaire, in der Kardinal Louis de Rohan eine unrühmliche Rolle gespielt hatte, 1783 in die Habsburger-Monarchie – gerade noch rechtzeitig vor dem Ausbruch der Französischen Revolution. Die Familie konnte vor allem in Böhmen großen Grundbesitz und mehrere Schlösser erwerben. Ihre Nachkommen leben noch heute in Wien, haben jedoch mit dem Palais Rohan schon lange nichts mehr zu tun. So war der 1936 geborene Albert Rohan bis zu seiner Pensionierung wohl der einflussreichste österreichische Diplomat. Zuletzt fungierte er als Generalsekretär des Außenministeriums. Das Wiener Palais der Familie wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer schwer beschädigt. Nach längerer Vernachlässigung wurde es 1997/98 mit großem Aufwand restauriert und um einen dreiachsigen siebengeschossigen Neubau erweitert. Es befand sich längere Zeit im Besitz der Republik Österreich, bis es von einer privaten Immobiliengesellschaft übernommen wurde, die das Innere in 44 Wohnungen und Büros unterteilte und diese seither vermietet.

Das Palais ist ein repräsentativer Bau im Gründerzeitstil, der sich um zwei Innenhöfe gruppiert. Seine elfachsige Hauptfassade an der Praterstraße zeigt ein genutetes Erdgeschoß, in dem sich die Portale verschiedener Geschäftslokale sowie in der Mitte das große Rundbogenportal befinden. Über diesem ist das steinerne Wappen der Fürsten Rohan angebracht. Wohltuend ist die einheitliche und unaufdringliche Gestaltung der Portale und Geschäftsauslagen. Auf das Erdgeschoß folgen vier Wohngeschoße und ein erst in jüngerer Zeit ausgebautes Dachgeschoß. Oberhalb des Portals betont ein auf vier Konsolen sitzender verglaster Flacherker die Mitte des ersten und zweiten Stocks. Die zahlreichen Fenster der ersten drei Wohngeschoße zeigen segmentbogige Verdachungen. Das vierte Wohngeschoß ist vom darüber liegenden Dachgeschoß durch ein aufwändiges Gesims getrennt. Die Fassaden der Innenhöfe sind weitgehend schmucklos. Lediglich im ersten Hof ist über der Durchfahrt eine Marienstatue mit Jesuskind angebracht. Wie bei den Wiener Mietpalais des 19. Jahrhunderts üblich, verfügt auch das Palais Rohan über zwei Treppenhäuser, die sich links und rechts der mit einfachem Stuck geschmückten Einfahrt befinden. Das Stiegenhaus im linken Trakt war für die Mieter vorgesehen. Es verband alle Stockwerke. Im rechten Gebäudeteil führt eine nicht zu üppige, aber mit einem Schmiedeeisengitter ausgestattete „Prunktreppe“ in den ersten Stock, wo sich ursprünglich die Empfangs- und Repräsentationsräume des Prinzen Rohan befanden.

Ort/Adresse: 1020 Wien, Praterstraße 38

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


31.01.2017