WIENER PALAIS


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Sommerpalais Schwarzenberg


Das Palais war einer der ersten Monumentalbauten, die nach der endgültigen Vertreibung der Türken nach dem Entsatz von Wien (1683) im Gebiet der verwüsteten Vorstädte außerhalb der Festungswälle errichtet wurden. An seiner Stelle befanden sich zuvor Weingärten, die dem Johanniterorden, aber auch einzelnen Bauern gehörten. Der für die künftigen Wasserkünste des Gartens wichtige Urschelbrunnen gehörte dem Stift Altenburg. Im Jahre 1697 begann der kaiserliche Obersthofmarschall Heinrich Franz Graf von Mansfeld, Fürst von Fondi, mit Grundankäufen. Anschließend beauftragte er Johann Lucas von Hildebrandt mit der Errichtung eines schlossartigen Sommerpalais. Es war das erste Wiener Bauwerk des großen Barockbaumeisters. Gleichzeitig erhielt Jean Trehet einen Auftrag, den Garten zu gestalten. Graf Mansfeld war ein militärischer Rivale von Prinz Eugen. Seine Karriere verlief jedoch ruhiger. Immerhin war er Generalfeldmarschall und wurde wenig später Präsident des Hofkriegsrates. Er versuchte den Prinzen zumindest architektonisch Paroli zu bieten. Der Baugrund unmittelbar neben dem Unteren Belvedere war bewusst gewählt, ebenso der Architekt, der Baumeister des Prinzen. Bis zu seinem Tod im Jahr 1715 war der Sommerpalast baulich weitgehend fertig gestellt. Die hofseitigen Nebengebäude standen aber erst zum Teil. Immerhin hatten die Arbeiten bereits mehr als 200.000 Gulden verschlungen. Die Witwe und ihre Töchter scheuten jedoch die Kosten für eine aufwändige Innenausstattung. Sie verkauften die noch unfertige Anlage bereits im nächsten Jahr um nur 50.000 Gulden an den k. k. Oberst-Hofmarschall Fürst Adam Franz Carl von Schwarzenberg.

Dieser löste den bisherigen Architekten durch Johann Bernhard Fischer von Erlach ab. Er schuf den charakteristischen ovalen Mittelbau der Gartenfassade und den Kuppelsaal. Nach dem Tode Fischers 1723 vollendete sein Sohn Joseph Emanuel bis 1728 die Ausstattung der Räume. 1732 kam Fürst Schwarzenberg durch einen von Kaiser Karl VI verursachten Jagdunfall ums Leben. Danach wurden die weiteren Ausbauarbeiten am Sommerpalais bald eingestellt. Die Orangerie und die Reitschule an der Gartenseite wurden allerdings erst um die Mitte des 18. Jh. von Andrea Altomonte hinzugefügt. Der Garten wurde bereits von Joseph Emanuel Fischer von Erlach verändert. Zur Wasserversorgung der Springbrunnen und Kaskaden im Park ließ er eine der ersten Dampfmaschinen des Kontinents aufstellen. Trotz seiner Größe und Ausstattung sollte das Palais nur als Sommersitz dienen, da die Familie Schwarzenberg neben ihren zahlreichen Schlössern in Österreich und Böhmen in Wien noch ihr großes Stadtpalais am Neuen Markt besaß. Dieses wurde jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen. Im Zweiten Weltkrieg wurden der Mitteltrakt des Sommerpalais sowie der rechte Seitenflügel durch Bombentreffer nahezu vernichtet. Das längst wieder restaurierte Gebäude ist bis heute im Besitz der Familie Schwarzenberg geblieben, die einen Nebentrakt auch bewohnt. Der Hausherr, Fürst Carl Schwarzenberg, hält sich derzeit aber meist in Prag auf, wo er das Amt des tschechischen Außenministers ausübt. Ein Teil des Westflügels und der angrenzenden Nebengebäude wurde von 1962 bis 2006 als Luxushotel geführt.

Das Palais Schwarzenberg hat unter den barocken Gartenpalais von Wien am besten seinen ursprünglichen Charakter bewahrt, wenn auch der große Barockgarten nach 1783 in einen englischen Landschaftspark umgestaltet wurde und der Ehrenhof heute als Großparkplatz eine neue Funktion gefunden hat. Die beiden Gittertore am Rennweg und an der Prinz Eugen Straße gab erst Adolf Joseph Fürst Schwarzenberg 1890 beim Kunstschlosser Mathias Torman in Auftrag. Die Entwürfe hiezu stammten vom Architekten Heinrich Adam. Das große Monogramm S und die Fürstenkrone am oberen Teil des Tores verweisen auf die Familie des Schlossherrn. Der rechteckige Hauptbau wird von den symmetrisch angeordneten Nebengebäuden eingesäumt, die den Ehrenhof bilden. Zwei geschwungene Auffahrtsrampen wurden 1945 zerstört und danach in vereinfachten Formen wiederhergestellt. Sie führen zu einem eleganten, dreibogigen, rechteckigen Arkadenvorbau, hinter dem der einst von einer figurengeschmückten Attika gekrönte, gerundete Mittelrisalit liegt. Er springt an der Vorderfront etwas zurück und an der Gartenseite entsprechend vor. Zwischen den Säulen des Portikus in der Mitte der Hoffassade befinden sich drei Brüstungsgitter. Das mittlere ist mit dem Allianzwappen des Fürsten Adam Franz Schwarzenberg und seiner Gattin Eleonore Amalie von Lobkowitz geschmückt. Hinter dem Mittelrisalit liegt der Kuppelsaal, dessen quadratischer Grundriss durch halbkreisförmige Nord- und Südapsiden ergänzt wird. Davor liegt ein geräumiges Vestibül. Dessen Deckenstuck stellte den Wagen des Helios dar.

Der Kuppelsaal ist der repräsentativste Raum des Schlosses. Die südliche Apsis an der Gartenfront ist als Exedra ausgebildet. Nur von ihr aus wird er beleuchtet. Sowohl die Kuppel als auch die beiden großen Lünetten über den Seitenwänden und die Felder in den beiden Halbkuppeln schmückte Daniel Gran mit Fresken. Das große Kuppelfresko zeigte Aurora mit einer Fackel über dem von Rossen gezogenen Sonnenwagen. Damit wurde die Vertreibung der Nacht durch den anbrechenden Morgen symbolisiert. In der linken Lünette war das Urteil des Paris und in der rechten die Dioskuren dargestellt. Leider wurden die im Kuppelsaal befindlichen Fresken 1945 zerstört. Die Stuckarchitektur der Hermenpilaster, Kaminumrahmungen und Friese waren teilweise vergoldet. Rechts und links vom Kuppelsaal schließen sich die restlichen Repräsentationsräume an. Erster Raum des Ostflügels ist der ehemalige Speisesaal. Seine originale Ausstattung wurde in der Empirezeit verändert. Lediglich die Stuckdecke stammt noch aus der Erbauungszeit (1728). Im anschließenden Arbeitszimmer des Fürsten hat sich neben der Stuckdecke ein mehrfarbiger barocker Marmorkamin aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts erhalten. Die beiden, auf Leinwand gemalten Ölbilder werden Peter Paul Rubens zugeschrieben. Sie stellen Ganymed sowie Romulus und Remus dar. Das an das Arbeitszimmer anschließende Kabinett war der Schlafraum des Prinzen. Das Deckengemälde im reich stukkierten Spiegelgewölbe ist ebenfalls ein Werk von Daniel Gran. Man erkennt die Göttin Flora. Der letzte Raum im Ostflügel ist die quer liegende Galerie, auch Marmorsaal genannt. Sie ist der interessanteste Raum des Palais. Die hier befindliche Gemäldesammlung ist die einzige Barockgalerie Wiens, die noch in ihrer ursprünglichen Anordnung erhalten ist. Ihre Wände wurden von den Brüdern Johann und Balthasar Hagenmüller mit Marmorimitationen verkleidet. Das Spiegelgewölbe wurden von Daniel Gran freskiert. Es zeigt den Sonnengott Apoll von Allegorien der Tugenden und Wissenschaften umgeben. Zu den Malern der vor allem an der langen Westwand angebrachten Leinwandbilder zählen u. a. Philip Wouwerman, Franz Werner von Tamm und Johann Georg von Hamilton.

Westlich der Vorhalle liegt die 1715 noch von Johann Lucas von Hildebrandt vollende Kapelle. Sie ist ein querrechteckiger Raum mit abgeschrägten Ecken. Bemerkenswert sind die reich dekorierten und mit Puten besetzten Supraporten sowie die zarten Ornamente des Deckenstucks. Ansonsten war der Westflügel der Fürstin vorbehalten. Ihre Räume wurden im Empire umgestaltet. So waren die Supraporten ursprünglich von Peter Strudel bemalt. Im 19. Jahrhundert wurden sie aber durch Gemälde von Friedrich Schilcher ersetzt. Im sog. Schönberg-Salon hängen großformatige Landschaftsbilder von Laurenz Schönberg. Unter den Einrichtungsstücken sind eine komplizierte astronomische Standuhr sowie ein prunkvoller Rokokoofen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zu nennen. Ein Teil des Mobiliars stammt aus dem 1894 abgerissenen Schwarzenberg Palais am Neuen Markt. An der Rückseite des Gebäudes führt eine zweiläufige geschwungene Freitreppe in den Garten. Das Steinrelief an der Stirnwand der Terrasse stellt antike Götter dar. Es wurde nach einem Entwurf von Joseph Emanuel Fischer von Erlach geschaffen. Im Garten haben sich vier, von Wind und Wetter schon etwas mitgenommene mythologische Statuengruppen aus Sandstein von Lorenzo Mattielli erhalten. Sie haben u. a. den Raub der Sabinerinnen als Thema. Die großen Steinvasen sind nach Entwürfen von Fischer von Erlach gearbeitet. Der Garten geht in einen Park über, der sich entlang des Belvedereparks erstreckt. Der Eggenburger Steinmetz Andreas Steinböck schuf die Kaskade. Die weitläufigen Nebengebäude an den Längsseiten des langgestreckten Grundstückes beherbergten vor allem Wohnungen für das Dienstpersonal aber auch Stallungen und Remisen. Die ehemalige Reitschule und die Wirtschaftstrakte an der Prinz-Eugen-Straße wurden 1928 von Carl W. Schmidt in barocken Formen neu gestaltet. Dort hat heute die Schweizer Botschaft ihren Sitz.

Ort/Adresse: 1030 Wien, Rennweg 2

Besichtigung: Die Repräsentationsräume im Hauptbau sind anlässlich von Veranstaltungen zugänglich, der Rest des Gebäudekomplexes ist privat genutzt bzw. vermietet.


Weitere Literatur:


27.08.2008