BURG DES MONATS






Pöggstall - Schloss Rogendorf


Der Name Pöggstall kommt als „Pehstal“ um 1135 erstmals vor. Damals schenkte die Gräfin Adelheid von Hohenberg-Wildberg das umliegende Gebiet dem Benediktiner-Kloster Kremsmünster, das hier ein Tochterkloster errichten sollte. Es blieb aber bei der Errichtung der Kirche zur Hl. Anna, die 1140 geweiht wurde. 1218 wird ein Heinricus de Pechstal erwähnt. Er dürfte in einem später abgebrochenen Wohnturm gehaust haben. Im Stiftungsbuch von St. Bernhard erscheint als Besitzer der Herrschaft um 1240 jener Otto II von Maissau, den der böhmische König Ottokar II 1265 im mährischen Aichhorn hingerichtet ließ. Um diese Zeit dürften die ersten Bauten des heutigen Schlosses errichtet worden sein. 1291 soll die Wasserburg im Adelsaufstand gegen Herzog Albrecht I zerstört worden sein. 1299 ist Ulrich von Maissau urkundlich nachweisbar. Sein Sohn Konrad war Oberster Marschall in Österreich. Bereits damals war das Landgericht mit dem landesfürstlichen Lehen verbunden. Otto IV, der letzte Maissauer, zog gegen die Hussiten, machte sich aber des Landesverrates verdächtig und verlor etwa die Hälfte seiner Güter. Nach seiner Freilassung verbrachte er seinen Lebensabend zurückgezogen in Pöggstall, übertrug aber bereits 1433 seinen Pöggstaller Besitz mit Bewilligung Herzog Albrechts VI an Georg und Christoph von Liechtenstein. Auf die Familie Liechtenstein folgten die Ebersdorf und 1450 die Wiener Patrizierfamilie Holzer. Konrad Holzer war Bürgermeister von Wien. Er schloss sich der Partei des jungen Königs Ladislaus Postumus an, fiel aber später bei ihm in Ungnade. 1457 ließ König Ladislaus Schloss Pöggstall durch seinen Hauptmann Wilhelm Pebringer belagern, wobei die Städte Krems und Stein 60 Mann und drei Kanonen beistellen mussten. Die Herrschaft wurde anschließend beschlagnahmt.

1460 belehnte Kaiser Friedrich III den Sohn des bereits verstorbenen Konrad Holzers wieder mit Pöggstall. 1478 erwarb Kaspar I von Rogendorf, dem auch die Rosenburg gehörte und der zeitweise das Amt eines Burggrafen auf Schloss Steyr ausübte, die Herrschaft. Er ließ sich zwei Jahre später unmittelbar neben dem Schloss die St. Gilgen-Kapelle als Schlosskirche und Begräbnisstätte errichten. Nach dem Bau des Rondells wurde die Kirche auch in den äußeren Befestigungsring einbezogen. Pöggstall blieb bis 1601 im Besitz seiner Nachkommen. Unter ihnen erhielt das Schloss seine heutige Gestalt, da die bisherigen Bauten keineswegs der Bedeutung der Familie Rogendorf entsprachen. Bekanntester Schlossherr war der Diplomat und Feldherr Wilhelm von Rogendorf, ein Sohn Kaspars. Er diente mehreren Kaisern als Feldhauptmann und machte sich vor allem als Befehlshaber des deutschen Fußvolkes in Spanien verdient. Sein Prunkharnisch gehört noch heute zu den Zimelien der Waffensammlung des Wiener Kunsthistorischen Museums. Wilhelm zählte zum engsten Freundeskreis des Kaisers Maximilian I. 1521 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. 1539 wurde ihm und seinen Nachkommen das Erblandhofmeisteramt in Österreich unter der Enns verliehen. Das Schloss ging in sein freies Eigen über und erhielt den Namen Rogendorf. Außerdem wurde ihm auch das Landgericht übertragen. Trotz der Furcht einflößenden Folterkammer, die mit dem Landgericht verbunden war, wurden in Pöggstall seit 1628 lediglich 11 Hinrichtungen durchgeführt. Sogar das Recht auf eine eigene Münzstätte wurde Wilhelm zugesprochen. Bei ihren Untertanen waren die Rogendorfer aber nicht sehr beliebt, da sie diese mit ungerechtfertig hohen Abgaben und maßloser Robot drangsalierten. Dies führte zu Beschwerden bei Kaiser Rudolf II, der den Bauernschinder sogar vorübergehend festnehmen ließ.

1522 war das Schloss in einem ausgezeichneten Bauzustand und auch die Waffenkammer war gut gefüllt. Gemeinsam mit Graf Niklas von Salm verteidigte Wilhelm von Rogendorf 1529 Wien gegen die Türken. Sein Sohn Christoph hingegen setzte sich 1546 mit einer hohen Summe in die Türkei ab, worauf über Pöggstall die Krida verhängt wurde. Gnadenhalber erhielten seine Söhne Hans Wilhelm und Georg Ehrenreich Pöggstall wieder verliehen. Sie waren eifrige Protestanten und unterstützten die Verbreitung dieser Lehre im Waldviertel. St. Anna diente weiterhin als katholische Pfarrkirche, während die Schlosskirche den Protestanten überlassen wurde. Im Zuge des Bauernaufstandes von 1596/97 wurde das Schloss von den Aufständischen besetzt und die Rüstkammer geplündert. Die Schlossherren konnten zuvor rechtzeitig flüchten. Die vorgefundenen Schusswaffen wurden zur Belagerung der Stadt Ybbs verwendet. Kaiserliche Reiter des gefürchteten Obristen Morakschy nahmen den Bauern aber bald wieder die schweren Waffen ab und retournierten sie nach Pöggstall. Der Anführer der rebellischen Bauern, der Schneider Prunner, wurde in Wien verurteilt, lebend gevierteilt und anschließend geköpft zu werden. Gnadenhalber wurde die Köpfung aber zuerst vorgenommen.

Ehrenreichs Söhne Kaspar und Wilhelm waren die letzten Rogendorfer in Pöggstall. Sie verkauften 1601 die Herrschaft an die Grafen von Öttingen. Es folgten 1607 die Wolzogen, die 1610 an die Herren von Sinzendorf verkauften. 1659 öffneten diese ihre Schlosskirche der Bevölkerung des Marktes. Sie wurde aber erst 1810 zur Pfarrkirche erhoben und der Hl. Anna geweiht. Als die Familie Sinzendorf auf Grund ihres wirtschaftlichen Niederganges 1747 die Krida ansagen musste, kam das Gut 1756 an die Freiherren von Seldern. Auf diese folgte 1772 Josef Edler von Fürnberg. Unter ihm erlebte der Ort Pöggstall eine Blüte als Zentrum des Holztransportes und Poststation. 1795 erwarb Freiherr von Braun das Schloss und verkaufte es noch im selben Jahr an den Familienfonds des Kaisers Franz I. 1882 kam es zu umfangreichen Umbauten, bei denen die beiden Türme ihre hohen Satteldächer verloren, was den Gesamteindruck sehr beeinträchtigte. 1886 wurde die Gutsverwaltung der kaiserlichen Güter von Leiben hierher übertragen. Im Schloss wurde ein k. k. Bezirksgericht eingerichtet. Bis 1919 war die Herrschaft nun im Besitz der Habsburger. Danach wurde sie dem staatlichen Kriegsinvalidenfonds einverleibt. 1975 brannte der Dachstuhl des Bergfrieds ab und wurde in den folgenden Jahren erneuert. 1986 hat die Marktgemeinde Pöggstall das Schloss von den Österreichischen Bundesforsten erworben. 1999 wurden die Renaissancemalereien im Arkadenhof durch gläserne Verdachungen geschützt. Im Rondell ist ein Rechtsgeschichtemuseum als Außenstelle des Niederösterreichischen Landesmuseums sowie eine Gaststätte untergebracht. Ein reich dotiertes Heimatmuseum nutzt das Dachgeschoß des Hauptschlosses. In weiteren Räumen stellen das Imker- und das Märchenmuseum ihre Exponate aus.

Das mächtige Schloss liegt im Ortszentrum von Pöggstall unmittelbar neben der Pfarrkirche, mit der es ein Ensemble bildet. An seiner Südseite ist ihm ein gewaltiges Kanonenrondell vorgelagert. Es hat einen Durchmesser von 50 m und Schießscharten nicht nur an der Angriffsseite sondern auch in Richtung Schloss. Das Rondell konnte also auch unabhängig von der einstigen Burg verteidigt werden. Ein Betreten des Schlosses ist nur nach dem Passieren dieser Barbakane möglich. An die dreigeschossige Außenmauer ist hofseitig ein zweigeschossiges Gebäude angebaut. Sämtliche Fenster gehen auf den Innenhof. Nach außen sind in den beiden unteren Geschossen breite Maulscharten für Kanonen gerichtet. Im Obergeschoß läuft ein Kranz von Schießluken für Hakenbüchsen um das Gebäude. Das Pultdach ist aus militärischen Gründen nur vom Hof aus sichtbar. Zwei Tore führen von außen in den Innenhof des Rondells. Über einem sind in einer Nische Wappenfresken und darüber eine Allegorie des Sieges gemalt. Ein weiteres Tor führt über eine den Graben querende Brücke in das Schloss. Es wird von zwei niedrigen halbrunden Türmen flankiert. Wie üblich war auch diese Brücke ursprünglich als Zugbrücke ausgebildet. Die Kasematten im Inneren der Barbakane waren zur Aufnahme von Kanonen bestimmt. Der ihr vorgelagerte Zwinger wurde später abgebrochen. Das Rondell geht auf ein fortifikatorisches Buch Albrecht Dürers zurück, das 1527 in Nürnberg herausgegeben wurde. Der Bau wurde in den Jahren zwischen 1530 und 1540 errichtet, war aber wenige Jahrzehnte später bereits veraltet, da sich mittlerweile die spitzwinkeligen Basteien durchgesetzt und die Rundbastionen abgelöst hatten. Es haben sich daher in Mitteleuropa nur ganz wenige dieser Wehrbauten erhalten.

Der um das Schloss laufende Graben konnte im Ernstfall aus einem großen Teich an der Westseite geflutet werden. An der Hangseite wurde als zusätzlichen Schutz zwischen zwei Gräben ein Erdwall angeschüttet, der von zwei Rundbasteien zur Aufstellung von Kanonen flankiert war. Die Befestigungen zwischen Rondell und Kirche (ein halbrunder Schalenturm und Zwingermauern) wurden erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollständig abgetragen. Das eigentliche Schloss ist ein unregelmäßiger zweistöckiger Vierflügelbau mit unterschiedlich hohen Dächern. An seinen nordwestlichen und südwestlichen Ecken wurde im 16. Jahrhundert je ein runder Eckturm angebaut. Ein langer Gang führt durch den Torbau zum unregelmäßigen Innenhof. An seiner Nordseite steht der mit einem flachen Walmdach ausgestattete, nahezu quadratische Bergfried (10 x 9 m). Seine Mauern sind bis zu 2,8 m dick. Der ursprüngliche Hocheinstieg lag im ersten Obergeschoß an seiner Westseite. Von hier führt eine schmale Treppe in der Mauerstärke zum nächsten Geschoß. Das Erdgeschoß war nur durch eine Bodenöffnung vom ersten Stock aus zugänglich. Der wuchtige Turm ist der älteste Teil der Anlage. Dendrologische Untersuchungen der noch vorhandenen Bauhölzer ergaben eine Erbauungszeit zwischen 1235 und 1256. Er wurde 1593 aufgestockt und 1882 auf seine heutige Höhe reduziert. Dabei verlor er auch seinen charakteristischen Abschluss, das über Kragsteinen vortretende Obergeschoß und das hohe Keildach. In ihm wird eine original erhaltene Folterkammer samt Verlies gezeigt. Sie wurde 1593 eingerichtet und nach Abschaffung der Folter um 1776 abgemauert. Im 19. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt. Ihre Exponate dürften aber später wesentlich ergänzt worden sein. Der Raum, in dem die Folterkammer eingerichtet ist, ist mit einem Sterngewölbe versehen. Seine Rippen ruhen auf eckigen profilierten Konsolen.

Der an der Südseite liegende, heute nur mehr zweigeschossige viereckige Torturm sollte die Angriffsseite sichern und als zweiter Bergfried dienen. Er wurde aber 1882 bis auf Dachhöhe abgetragen. Bemerkenswert sind an der südlichen Außenfront fünf, mit vorkragenden Sohlbänken versehene, von runden und gewundenen Stäben begrenzte Fenster. Hier ist auch eine Sonnenuhr aufgemalt, die den Wahlspruch „Forte, fortune, forte Rogendorf 1542“ sowie ein Chronogramm von 1796 zeigt. Der Innenhof wird sowohl an der Ost- als auch an der Westseite und zum Teil auch im Süden von zweigeschossigen offenen Arkaden eingefasst. Ihre gedrückten Rundbogen ruhen auf schwachen, abgekanteten Pfeilern. Im Osten und Süden ist den Arkadengängen im Obergeschoß eine Brüstung mit profilierten Steingesimsen vorgesetzt. Die Grisaillemalereien im Stil der italienischen Renaissance wurden um 1540 geschaffen. Sie waren lange Zeit unter dem Verputz verdeckt und wurden in den Jahren 1991 bis 1995 restauriert. Etwa drei Viertel der ursprünglichen Bemalung konnte gerettet werden. Im unteren Teil des Hofes ist der sog. Kasten bemerkenswert. Er ist ein dreigeschossiger Bau, der an die Außenseite der westlichen Ringmauer angebaut wurde und ursprünglich Speicherzwecken diente. Seine Westseite stammt noch aus dem 13. Jahrhundert, ebenso die Wehrgalerie des obersten Geschosses mit ihren Schießscharten. Neben dem Bergfried ist an der Nordwand ein Doppelfenster mit reicher Verstäbung zu sehen. Darüber befindet sich ein ähnliches, aber schmäleres Fenster.

Seitlich des Torturmes wurde in der Spätgotik ein Wohnbau errichtet. Ein kleines, reich ornamentiertes Renaissanceportal (Mitte des 16. Jh.) führt zur Hauptstiege. Es wird von zwei Pilastern auf Sockeln flankiert, die in vertieften gerahmten Feldern Reliefschmuck aus Blumenornamenten zeigen und mit Akanthuskapitelen versehen sind. Darüber verläuft ein leicht nach vorne gebauchter Sturz mit Gesims und halbkreisförmigen Aufsatz. In ihm kann man das von Ornamenten umgebene Rogendorf-Wappen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts erkennen. Im runden Treppenturm führt eine linksläufige Wendeltreppe in den ersten Stock. Sie ist ein Werk des beginnenden 16. Jahrhunderts. An der Hoffront des Turmes fallen die verschobenen viereckigen Fenster in abgeschrägter Laibung auf. Im ersten Obergeschoß führt eine Tür in profilierter Steinfassung zu den Wohnräumen. Die Innenräume sind zum Teil gratgewölbt. Ihre Restaurierung ist noch nicht abgeschlossen. Der große Kaisersaal hat einen reich stukkierten Plafond, der auf zwei mittleren Längsbalken ruht. Die kräftigen Stuckverzierungen stellen zapfenartige Ansätze, Festons, Nixen mit Blumen, einen Engel mit Schwert und Lorbeerkranz, Musikinstrumente, Früchte, Ziervasen usw. dar. Auch ein Wappen mit einem Würfel aus der Mitte des 17. Jahrhunderts ist zu sehen. Einer der Arkadengänge der Burg war mit gerahmten Tapetenmalereien von C. G. Ablasser (um 1790) geschmückt. Darunter befindet sich auch eine Abbildung der Burg selbst. Diese Bilder werden heute im Kaisersaal aufbewahrt. Eine geschnitzte Holzdecke musste zu Beginn des 19. Jahrhunderts an die Franzensburg in Laxenburg abgetreten werden. Die neben dem Schloss liegende ehemalige Burgkapelle dient seit 1810 als Pfarrkirche. Sie ist durch einen gedeckten Gang über den Graben mit dem Schloss verbunden. Das Netzgewölbe der spätgotischen Hallenkirche wird von zwei großen, reich profilierten Bündelpfeilern getragen. Zum Schloss gehören auch der mächtige rechteckige Gebäudekomplex des Meierhofes sowie die ehemals herrschaftliche Taverne.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 20 km nordwestlich von Melk

Besichtigung: vom 1. April bis 31. Oktober täglich außer Montag von 09.00 – 12.00 und 13.00 – 17.00 (im Juli und August ist am Donnerstag bis 19.00 geöffnet)


Weitere Literatur:


18.05.2006