BURG DES MONATS






Kaja


Bereits um 1041 bestand hier ein hölzerner Vorläufer der malerischen Burgruine im Thayatal, der Teil einer Befestigungskette war, die von Frain (Vranov) über Hardegg, Mailberg und Laa/Thaya bis Falkenstein reichte. Sie sollte die von den Babenbergern zuvor erzielten Gebietsgewinne nach Norden hin absichern. Die heutige Burg dürfte um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Stein erbaut worden sein. Kaja war damals eine der wichtigsten Wehranlagen, die die Nordgrenze nach Mähren schützen sollten. Hier saß ein Ministerialengeschlecht der Babenberger. Bei den Herren von Chiowe (Kaja) handelte es sich um eine Nebenlinie der Kuenringer. Ihr Stammvater war Azzo von Kuenring, der seinen Sitz im heutigen Kühnring bei Eggenburg hatte. Um seine Kolonisierungsaufgaben erfüllen zu können, schenkte ihm 1056 Kaiser Heinrich III drei Königshufen (ca. 140 ha) nicht gerodetes Land. Sein Sohn Adelot von Tige und sein Enkel Heinrich von Kamegg waren wohl die ersten der hier lebenden Kuenringer. Sie nannten sich aber bald nach Kaja , wenn sie auch noch eine Zeitlang die Bezeichnung „Herren von Kamegg“ verwendeten. Während die Burg ein babenbergisches Lehen war, besaßen die Herren von Kaja die umgebenden Wälder als freies Eigen. 1196 stellte hier Herzog Friedrich I in Anwesenheit von 30 Adeligen und 24 Rittern eine Urkunde für das bayrische Kloster Osterhofen aus. Als Zeugen werden u. a. Adelot, Otto und Hartung von Kaja genannt. 1227 berichtet der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein von einem Turnierkampf mit einem Herrn von Kaja, der in Korneuburg stattfand. Vier Jahre später nahmen die Herren von Kaja an einem von den Kuenringer angeführten Adelsaufstand gegen Herzog Friedrich II dem Streitbaren teil. Er hatte zwar keinen Erfolg, doch dürfte er der Familie auch keine Nachteile gebracht haben. 1317 geriet Kaja in die Hände der böhmischen Adeligen Heinrich und Johann von Lipa (Leipa). Da sie die Burg als Stützpunkt für militärische Unternehmungen benutzten, wurden sie bald von der umliegenden Bevölkerung als Raubritter und Kaja als Räubernest betrachtet. Markgraf Johann von Mähren ließ am gegenüber liegenden Ufer der Thaya die Feste Neuhäusl als Wohnsitz und Gegenburg zu Kaja errichten.

Die Herren von Kaja zählten bis zu ihrem Aussterben im 15. Jahrhundert zu den bedeutendsten niederösterreichischen Adelsfamilien und verfügten über gute Kontakte zu den Landesfürsten. 1360 verkaufte Niklas von Kaja den Stammsitz seiner Familie an den Habsburger Herzog Rudolf IV. Dieser vergab ihn 1376 als Pfandbesitz an die Grafen Maidburg-Hardegg. Diese wohnten nicht hier und taten nicht viel zur Verbesserung der Wehranlagen. Um 1425 kam es zur Eroberung und Zerstörung durch die Hussiten, die das ganze nördliche Waldviertel verheerten. Damals wurde die nahe gelegene Stadt Retz fast völlig zerstört. Von der Bevölkerung überlebten angeblich nur drei Bewohner. Gegen 1430 wurde Ulrich von Eitzing mit der Herrschaft Kaja belehnt. Er hatte sich im Kampf gegen die Hussiten ausgezeichnet. Da vor allem seine Untertanen unter den Kriegsfolgen schwer gelitten hatten und viele Dörfer verödet waren, spendete Herzog Albrecht V einen hohen Geldbetrag zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Auch der Wiederaufbau und Ausbau der Burg wurde vom Herzog zumindest teilweise finanziert. Damals erhielt Kaja durch die Anlage der Vorburg und anderen Erweiterungen seine heutige Gestalt und Größe. Ulrich stand in der Gunst des Herzogs und erhielt wichtige Hofämter. Kaum war dieser als Albrecht II deutscher Kaiser geworden, hieß sein neuer Schatzmeister Ulrich Freiherr von Eitzing. Unter Albrechts Nachfolger Friedrich III fiel dieser jedoch schließlich in Ungnade, wurde verhaftet und unter Anklage gestellt. Er hatte eine Verschwörung angezettelt und sogar die Wiener Hofburg kurzzeitig besetzt. Ulrich von Eitzing starb 1460 auf seinem Besitz in Schrattenthal. Die Herren von Eitzing waren recht streitbare Adelige, vor allem gegen den eigenen Landesherrn, doch fehlte ihnen hier meist der Erfolg. So wurde Michael Freiherr von Eitzing 1512 gemeinsam mit Hans von Puchheim als Rädelsführer einer Rebellion gegen Erzherzog Ferdinand in Wiener Neustadt enthauptet.

Als 1526 der letzte Jagellonen-König von Ungarn und Böhmen Ludwig II in der Schlacht von Mohacs gegen die Türken fiel, wurden beide Länder vertragsgemäß mit Österreich vereinigt. Dies hatte für Kaja schwerwiegende Auswirkungen. Die Thaya-Grenze gegen Böhmen wurde dadurch bis 1918 bedeutungslos. Es bestand kein Grund mehr sie zu verteidigen und die Grenzbefestigungen instand zu halten. Die meisten wurden vernachlässigt, so auch Kaja. Die Eitzinger verließen die Burg und zogen ins nahe gelegene Niederfladnitz. Als 1575 Ulrich von Eitzing starb fiel die Burg an seine Tochter Anna und von dieser 1588 an ihren Ehemann Sixtus I von Trautson. Da man damals bereits in die wesentlich bequemeren Talschlösser gezogen war und auch das Landgericht nach Niederfladnitz verlegt worden war, verfiel die Burg allmählich. 1593 war Kaja nur noch von einem Burgwart bewohnt. Der Dreißigjährige Krieg tat ein Übriges. Bis 1648 kam es zu neuerlichen Schäden, die kaum noch behoben wurden. In den wenigen noch bewohnbaren Räumen wurden um 1652 Holzarbeiter des Forstgutes einquartiert. Vermutlich wurde die Burgkapelle damals noch benutzt. Am Vischer-Stich von 1672 ist die Burg bereits als Ruine abgebildet. 1781 kam Kaja an Ludwig von Hacqué, der es noch im gleichen Jahr an Maria Josefa Gräfin von Auersperg verkaufte. Karl Fürst von Auersperg wurde 1793 mit Kaja belehnt. Als Jagdstützpunkt bevorzugte er zwar das von ihm unweit errichtete Jagdschloss Karlslust, doch begann er auf Kaja mit Restaurierungsarbeiten. Diese wurden im 19. und 20. Jahrhundert weitergeführt, allerdings manchmal mit mehr gutem Willen als historischem Sachverstand. 1945 gelangte die Ruine durch Erbschaft an die Grafen Waldstein-Wartenburg, denen sie noch heute gehört. Seit 1969 kümmert sich ein Verein, der die Anlage gepachtet hat, um ihre Sicherung und Erhaltung. In einem benutzbar gemachten Teil der Anlage wurde ein kleines Museum eingerichtet. Jeden Sommer finden im Vorhof Burgspiele statt.

Die stark restaurierte Ruine liegt auf einem langgestreckten Felssporn im Nationalpark Thayatal unweit aber abseits des Ortes Niederfladnitz. Im Gegensatz zu den meisten Höhenburgen des Landes ist sie nicht von weitem sichtbar. Sie ist von niedrigen bewaldeten Hügeln umgeben. Man erkennt sie erst, wenn man sie fast schon erreicht hat. Die Lage der Burg war dennoch strategisch gut gewählt. Der hohe Fels fällt fast überall steil ab. Vom westlichen Berghang ist die Anlage durch einen breiten und tiefen Halsgraben getrennt. Der Zugang erfolgt über zwei Brücken, deren letzter Teil jeweils als Wippbrücke ausgebildet war. Zwischen den beiden Holzbrücken stand auf einem Felspfeiler ein spätmittelalterlicher Brückenturm mit einem anschließenden zweistöckigen Gebäude. Davon sind nur mehr Spuren erhalten. Die Burg ist etwa 100 m lang. Sie besteht aus der ca. 50 m langen und maximal 25 m breiten Vorburg und der im Osten auf einer erhöhten Felsterrasse anschließenden Hochburg. Durch ein spitzbogiges Tor, das einst mit einem Fallgatter ausgestattet war, gelangt man in die langgestreckte Vorburg. Diese wird vom mächtigen Torturm dominiert. Dieser viereckige bergfriedartige Turm aus dem 14. Jahrhundert ist nach mittelalterlichen Maßstäben richtig positioniert, da er den Schwertarm des Angreifers bedroht. Er ist ca. 19 m hoch und besitzt einen Hocheinstieg an der Hofseite. Der heutige Eingang im Parterre wurde erst in einer späteren Zeit ausgebrochen. Das Innere wird nur durch schmale Schlitzfenster im 1,5 m starken Mauerwerk beleuchtet. Der Turm ist derzeit aus Sicherheitsgründen nicht begehbar, da keine Treppen vorhanden sind, sondern nur Leitern. An den beiden Längsseiten dieses Vorhofes befanden sich früher schmale Wirtschaftsgebäude (14. – 16. Jahrhundert). Jene an der Nordseite wurden zum Teil im 19. Jahrhundert anlässlich einer versuchten Restaurierung mit gotisierenden Fenster- und Türgewänden ausgestattet, als man im ersten Raum eine Kapelle einrichtete. Die gegenüberliegenden Stallungen sind nahezu komplett verschwunden. In der Südostecke erkennt man den turmartigen Bau der ursprünglich romanischen Burgkapelle. Auch die Küche soll sich einst hier befunden haben. In der Mitte der Nordseite des Vorhofes ist außen ein halbrunder Flankierungsturm angesetzt.

Die Burg ist noch heute teilweise von der mit Zinnen bewehrten mittelalterlichen Umfassungsmauer umgeben. Die eigentliche Hochburg liegt etwa drei Meter höher als der Vorhof. An ihrer Nordseite erheben sich die Ruinen zweier weiterer, ebenfalls viereckiger Bergfriede aus dem 12. Jahrhundert. Sie schützten den dazwischen liegenden dreigeschossigen Palas, der ebenfalls im 12. Jahrhundert errichtet wurde. Die Gebäudegruppe ist Ende des 17. Jahrhunderts verfallen, wurde aber um 1870 gotisierend wiederaufgebaut. Vom westlichen Turm ist noch ein etwa 17 m hoher Stumpf erhalten geblieben. Er war vom ersten Hof der Hochburg aus zugänglich. Sein Hocheinstieg ist noch zu sehen. Er diente als Wohnturm. Dem Palas vorgelagert ist eine segmentbogige Mantelmauer des 14. Jahrhunderts. Ihre großen Fensterlöcher dürften wesentlich später ausgebrochen worden sein. Das gegenüberliegende, 30 m lange Gebäude im Süden des inneren Burghofes beherbergt im Obergeschoß den sog. Rittersaal. Er wurde um 1970 erneuert und mit einer Balkendecke sowie gekuppelten Doppelfenstern versehen. Vermutlich war hier ursprünglich ein Schüttboden, der in späterer Zeit als Festraum ausgebaut wurde. Der Bau geht noch auf das 13. Jahrhundert zurück, wurde aber im Spätmittelalter umgebaut. Damals wurde auch der Zwinger errichtet, der im Süden Teile der Hochburg schützt. Der Osttrakt der Hochburg, der Wohnzwecken diente, ist völlig verfallen. Auch ihm ist ein Flankierungsturm vorgelagert. Außerdem erkennt man noch Reste einer Bastei in der Südostecke der Burg. Ihre Nordostecke ist an drei Seiten von der mit Schießscharten versehenen Ringmauer umgeben. Hier befand sich der Brunnen, der angeblich mehr als 90 m tief gewesen sein soll. Heute ist er nur noch 36 m tief. Ursprünglich befand sich hier der Zugang zur Burg, doch wurde er nach der Errichtung der Vorburg nur mehr als Fluchtweg benutzt. Mauerreste eines Wirtschaftsgebäudes sowie von Stauanlagen am Kajabach zeugen noch von den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Burgherren.

Lage: ca. 5 km südöstlich von Hardegg

Ort/Adresse: 2081 Niederfladnitz

Besichtigung: vom 1. Mai bis 26. Oktober an Wochenenden und Feiertagen von 10.00 bis 17.00


Weitere Literatur:


04.08.2018