BURG DES MONATS






Araburg


Der ursprüngliche Name der Burg war Arberg. Ein Chunradus de Arberch war zwischen 1180 und 1192 Ministeriale des steirischen Herzogs. Vermutlich dürfte der Kernbau der mittelalterlichen Anlage bereits durch ihn, oder sogar schon im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts erbaut worden sein. Fast zur gleichen Zeit wird ein Wolfgerus de Araperich genannt. Die Arberger führten in ihrem Wappen einen nach links gerichteten Adlerkopf. Sie besaßen die Burg ab 1192 als freies Eigen. Erstmals erwähnt wird die Araburg 1209 in einer Urkunde Leopolds VI, der darin eine Schenkung an das Stift Lilienfeld bestätigte. Die Araburg hatte die Sicherung der Straße durch das Triestingtal als Aufgabe. Da die Burg aber ca. eine Gehstunde von der Triestingtalstraße entfernt ist, konnte sie ihren Zweck nur indirekt erfüllen. Maut und Kontrolle erfolgten durch einen Wehrturm an der Straße. Durch ihre einsame Lage war die Araburg aber als Fluchtburg für die umliegende Bevölkerung gut geeignet. Bekanntester Vertreter der Arberger war Konrad der Ältere, der sich Truchseß von Arbech nannte und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielte. Seine Nachfolger lagen mit dem Stift Lilienfeld in einer Dauerfehde und verheerten dessen umliegende Besitzungen. Offo von Arbech, der sich 1281 verpflichten musste, Gewalttaten gegen Lilienfeld künftig zu unterlassen, verkaufte 1287 ein Viertel der Burg, die damit wohl landesfürstlich wurde, an Herzog Albrecht I. Dieser Anteil sowie die Straßenmaut befanden sich im 14. Jahrhundert meist im Besitz verschiedener Pfandherren. So verpfändete Friedrich der Schöne 1310 die Araburg kurzfristig dem Finanzjuden Abraham Wurisch. Daneben dürften die Ritter von Arberg aber weiterhin auf ihrer Stammburg gewohnt und diese als landesfürstliches Lehen besessen haben. Durch die Heirat von Kunigunde von Arberch fiel die Araburg 1418 an Georg von Ruckendorf, der 1457 die dem hl. Georg geweihte Burgkapelle errichten ließ und weitere Ausbauten vornahm. Unter König Ladislaus wurde die Herrschaft mit dem Blutbann ausgestattet. Nach dem Aussterben der Ruckendorfer 1524 wechselten sich mehrere Adelige im Besitz der Burg ab. Dazu zählten die Familie Ebersdorf-Tiernstein, die Freiherren von Reifenstein und Wolf von Stubenberg. Sebald Pögel von Reifenstein war ein reicher Gewerke und Hammerherr, der als Waffenlieferant für den Landesherrn von Bedeutung war. Zur Zeit der Türkeneinfälle im 16. Jahrhundert diente die Araburg der umliegenden Bevölkerung als willkommener Fluchtort, doch wurde sie nicht ernsthaft angegriffen.

1590 erwarb Bernhard Jörger den bereits schwer verschuldeten Besitz. Die Jörger waren streitbare Protestanten. Sie versuchten mit Gewalt die neue Lehre in ihrem Herrschaftsgebiet zu verbreiten und vertrieben die katholischen Pfarrer. Der sog. Adlerberg wurde zum Zufluchtsort seiner protestantischen Untertanen. Als Helmhard Jörger gemeinsam mit Thonradl von Ebergassing 1619 vergebens von Kaiser Ferdinand II Freiheiten und Zugeständnisse für seine Glaubensgenossen erzwingen wollten, die aber ihre katholischen Untertanen von ihnen nie erhielten, verweigerten sie ihrem Herrscher die Huldigung. Als Folge davon verlor Helmhard Jörger 1621 seinen Besitz. Die Araburg wurde anschließend als Lehen an Hans Balthasar Freiherr von Hoyos vergeben, der sie aber bereits fünf Jahre später dem Stift Lilienfeld ebenfalls als Lehen übergab. 1625 war sie nur mehr von einem Torwächter bewohnt, doch wurde sie wegen der drohenden Türkengefahr noch einmal hergerichtet. 1633 übernahm das Stift Lilienfeld die Araburg als Freies Eigen. Lilienfeld war nicht wirklich an einer Burg interessiert, aber es ersparte sich durch den Kauf Streitigkeiten mit seinen Nachbarn. Die Burg wurde durch Vernachlässigung dem Verfall preisgegeben. 1683 war es dann mit ihrer Wehrhaftigkeit vorbei. Sie wurde von den Türken belagert, erstürmt und in Brand gesetzt. Die Bauern der Umgebung, die hierher geflüchtet waren, wurden vermutlich massakriert. Danach wurde sie nicht mehr aufgebaut. Brauchbares Steinmaterial wie Tür- und Fenstergewände wurden beim Bau der Kaumberger Schule verwendet. Davon waren in erster Linie die heute nicht mehr existenten Wohnbauten im Osten und Westen der Hauptburg betroffen. In der Burgkapelle wurde aber noch bis 1780 jährlich am Georgitag (21. April) Gottesdienst abgehalten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hauste in der Ruine eine Holzknechtfamilie, deren Sohn, der „Schloss-Martinl“ als Räuber und Wilddieb zum Schrecken der Umgebung wurde.

Die berüchtigte „Dachsteuer“, die in Niederösterreich immer wieder als Begründung für den mangelnden Erhaltungswillen, diente, dürfte das Schicksal der Araburg im 19. Jahrhundert endgültig besiegelt haben. Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, aber auch um die Ansiedlung lästiger Räuberbanden zu vermeiden, wurde sie endgültig unbewohnbar gemacht. 1901 setzten erste Renovierungsmaßnahmen ein, die aus heutiger Sicht aber nicht optimal waren. Man konzentrierte sich dabei auf den Ausbau des Bergfrieds zum Aussichtsturm. In den letzten Kriegstagen von 1945 spielte die Ruine noch einmal eine militärische Rolle, wobei sie größere Schäden erlitt. Nachdem sie ihnen als Beobachtungsstützpunkt gedient hatte, sprengten sich zurückziehende SS-Einheiten einen Teil der Bauten. 1948 brannte der Bergfried durch Blitzschlag aus. Seit damals kümmert sich eine Sektion des Österreichischen Touristenklubs, um die nun unter Denkmalschutz stehende Ruine, die bis 1956 saniert und wieder begehbar gemacht wurde. Heute ist sie ein beliebtes Wanderziel. Im ersten Burghof finden alle zwei Jahre im Juli und August Theateraufführungen statt. Heuer (2017) wird das Lustspiel „Kumm‘ I in den Himmel oder in die Höll‘?“ aufgeführt. Eigentümer ist nach wie vor das Stift Lilienfeld. Mit der Araburg sind etliche Sagen verbunden, die meist in der Zeit der Romantik im 19. Jahrhundert entstanden sind. Eine der bekanntesten, die allerdings jeden Wahrheitsbeweis schuldig bleiben muss, bezieht sich auf Helmhard Jörger und seine schöne Tochter Ursula. Diese verliebte sich in einen nicht standesgemäßen Junker und wurde schwanger. Ursula sah keinen Ausweg und entleibte sich mit einem Becher selbst gebrauten Schirlingsaftes. Als der Vater dies erfuhr, tötete er den Verführer im Zweikampf. Es gibt aber auch Sagen mit einem glücklicheren Ende.

Mit einer Seehöhe von 799 m ist die Araburg die höchstgelegene Burgruine Niederösterreichs. Sie liegt am felsigen Ende eines Waldrückens an der Wasserscheide zwischen Triesting und Gölsen. Der Wehrbau war dem an drei Seiten steil abfallenden Gelände optimal angepasst. Im Laufe der Zeit entstanden drei übereinander liegende Höfe. Die Burg dürfte in drei Bauetappen errichtet worden sein. So stammen die Hochburg aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die Bauten des ersten inneren Hofes aus dem 14. und 15. Jahrhundert und die Vorburg aus dem 16. bzw. 17. Jahrhundert. Durch ein einfaches Tor an der Ostseite gelangt man in den äußeren Burghof. Der Zugang zu diesem Tor erfolgt von Westen her über den unterhalb der Ruine liegenden Meierhof des Stiftes Lilienfeld. Das Westtor ist nicht mehr passierbar. An der Südseite der Vorburg befinden sich die Reste eines tiefer liegenden, 26 m langen, dreigeschossigen Stall- und Wirtschaftsgebäudes. Von ihm sind das Untergeschoß sowie einiges an aufrecht stehendem Mauerwerk erhalten, in dem noch Schartenfenster vorhanden sind. Von den einst aufgesetzten Ecktürmchen sind nur die Ansätze zu erkennen. 1612 lagerte hier eine ungeheure Menge an Waffen und Munition, mit udenen man zwei Regimenter hätte ausrüsten können. Sie waren für die Truppen des protestantischen Horner Bundes bestimmt, kamen aber wohl nie zum Einsatz. Unter anderem befanden sich hier 850 Harnische, 2000 Musketen und 200 Zentner Schießpulver. Nach einem Brand im Jahr 1846 wurde der Meierhof in ein Wohngebäude umgebaut. Der ansteigende Weg zur inneren Burg wurde durch einen viergeschossigen Torturm mit angebauter Wachtstube gesichert. Die Fußgängerpforte befindet sich nicht wie üblich neben dem Haupttor, sondern gegenüber der Wachtstube. Die Fassaden des Torturmes zeigen eine Eckquaderung. Die zum Teil mit rundbogien Steinrahmen versehenen Fenster sind den Höfen zugewendet. Die nach außen gerichteten Fenster wurden vermutlich erst in einer späteren Bauphase ausgebrochen. Im obersten Stockwerk erkennt man an der Hofseite ein spätgotisches Steinkreuzfenster, sowie einen auf geschwungenen Kragsteinen sitzenden Erkerkamin. Die Treppe wird durch Schartenfenster beleuchtet.

Der erste Hof der Hauptburg wird zum größten Teil vom steil ansteigenden Felsen ausgefüllt. Lediglich im Osten war Platz für die Innenmauer eines heute verschwundenen Wohntraktes und die relativ große gotische Burgkapelle. Letztere ist einschiffig und zweijochig. Sie wird von einem 3/8 Chor abgeschlossen. Der etwas in den Hof vorspringende Sakralbau wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts renoviert. Sein gewölbtes Untergeschoß diente zeitweise als Burgstüberl. (Dieses ist heute ein moderner Anbau an den Torturm.) An die Zeit der Gotik erinnert noch ein spitzbogiges Fenstergewände über dem Eingang. Die nordöstliche Langseite ist fensterlos. Die noch im 19. Jahrhundert erkennbaren Fresken der verputzten Innenwände sind längst zerstört. Ansätze für die Rippen des Kreuzgewölbes sind noch vorhanden. Eine später eingebaute Empore war durch eine Tür aus dem Nachbargebäude zugänglich. Wie ein am Vischerstich erkennbarer Abtritterker zeigt, befanden sich über dem sieben Meter hohen Kapellenraum niedrige Wohnräume, möglicherweise die des Burgkaplans. Unter dem Kapellenraum befand sich ein aus dem Felsen gehauener Keller (Krypta?). Neben der Nordwestecke der Kapelle liegt das dritte Tor, durch das man in den zweiten Innenhof kommt. Gleich neben dem Tor stand das annähernd quadratische Küchengebäude, das bei der „Restaurierung“ von 1901 stark beschädigt wurde. Es ist durch seinen charakteristischen Schlot erkennbar. Die weitgehend freie Lage sollte die Brandgefahr in Grenzen halten. Angeblich befand sich unterhalb des Küchengebäudes eine längst verschüttete Zisterne.

Entlang der westlichen Schildmauer gelangt man zur eigentlichen Kernburg mit dem einst dreigeschossigen Palas und dem aus dem Hochmittelalter stammenden Bergfried. Letzterer steht am höchsten Punkt des Burgareals. Er ist rund, hat aber nach einem Ausbau im 15. Jahrhundert an der Angriffsseite im Nordwesten einen keilförmigen Ansatz mit scharfer Schneide erhalten. Ein solcher „Schnabelturm“ sollte bei einer Belagerung die Wurfgeschosse der Feinde besser abprallen lassen. Die Spitze des „Schnabels“ ist gegen eine nahe Bergkuppe gerichtet, von der Angriffe erwartet werden konnten, Der 27 m hohe Bergfried hat einen Durchmesser von 9 m. Seine Mauern sind bis zu 1,8 m dick. Turm und Palas waren nur über Holztreppen zu erreichen und so zusammengebaut, dass ein Eindringling zuerst den bereits 7 m über den anschließenden zweiten Hof liegenden Palas erobern musste, um in den Bergfried zu gelangen. Der Einstieg in den Bergfried lag ca, 4,5 m über dem Boden des Palas. Darunter befindet sich ein unbeleuchtetes hohes Erdgeschoß, das auch als Verließ verwendet werden konnte, aber wohl eher Lagerzwecken diente. Der Raum über dem Erdgeschoß war durch eine Balkendecke unterteilt. Der Bergfried wurde 1901 durch den Wanderverein „D’Araburger“ zum Aussichtsturm ausgebaut, wobei seine ursprüngliche Zinnenbekrönung abgetragen und ein runder Aufbau mit Kegeldach aufgesetzt wurde. Vom Palas hat sich nur noch das Bruchsteinmauerwerk der Außenfront erhalten. Sie war einst innen und außen verputzt. Im untersten Geschoß erkennt man drei große Fenster. Ansonsten weist sie nur eine Schlüsselscharte im dritten Geschoß auf.

Lage: ca. 2,5 km südwestlich von Kaumberg

Ort/Adresse: 2572 Kaumberg

Besichtigung: Die Ruine ist jederzeit frei zugänglich. Das Burgstüberl ist im Winter jedoch geschlossen.

Sonstiges: Im Torturm gibt es eine Übernachtungsmöglichkeit für Wanderer.


Weitere Literatur:


07.05.2017