BURG DES MONATS






Seisenegg


Die Geschichte des Schlosses Seisenegg reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Die Herren von Säuseneck beteiligten sich schon am ersten Kreuzzug. Eine Burg wird hier 1248 erstmals urkundlich genannt. Sie schützte und kontrollierte die viel befahrene Umfahrungsstraße des gefährlichen Donauabschnittes zwischen Ardagger und St. Nikola. In Ybbs konnten die Waren dann wieder auf Schiffe verladen werden. Heinrich de Sisaneke trat 1267 in einer Urkunde des Stiftes Lilienfeld als Zeuge auf. 1285 wird Arnold der Piber von Rottenegg als Bewohner erwähnt. Vor 1303 befand sich Seisenegg im Besitz der Ritter-Familie Payn, die sich auch Paiger nannte. Danach wurde sie von drei Familienmitgliedern an Heinrich von Wallsee verkauft. Dieser setzte Gefolgsleute, die mit den Wallseern aus Schwaben gekommen waren, als Burggrafen ein. Zu diesen gehörten Angehörige der Familien Alinsdorfer und Meilersdorfer. Sie nannten sich bald Herren von Seisenegg. Als sie Kaiser Friedrich III unterstützten wurden sie dafür mit dem Freiherrenstand belohnt. 1382 wird die „vest Sawsenegg“ erstmals urkundlich erwähnt. Die Wallseer besaßen die Herrschaft Seisenegg zu einem Drittel als landesfürstliches Lehen und zu zwei Drittel als freies Eigen. 1413 kam zur Herrschaft das Landgericht hinzu. Es war für weite Teile des Mostviertels zuständig. An die Zeit der Ausübung der Blutgerichtsbarkeit erinnert noch die in der Schlossauffahrt aufgehängte doppelreihige Galgenleiter. 1463 belagerte Jörg von Seisenegg im Auftrag des Landesfürsten Herzog Albrecht VI mit schwerem Geschütz die Burg Weitenegg und konnte sie schließlich einnehmen. Er war ein Lehensmann der Wallseer. Diese starben 1483 aus. Durch Heirat mit der Erbtochter Barbara von Wallsee kamen die Grafen von Schaunberg in den Besitz der Burg. Sie hatte jedoch für sie keine große Bedeutung, so dass sie sie schon 1499 ihrem Pfleger Andreas Krobat von Lappitz verkauften.

1588 heiratete Christoph von Schallenberg in die Familie ein, doch wurde Seisenegg drei Jahre später an Dr. Johann Linsmayer verkauft. Er musste jedoch erst die Besitzansprüche des Albrecht Enenckel von Albrechtsberg/Pielach abgelten und konnte daher Seisenegg erst 1598 tatsächlich in Besitz nehmen. Linsmayer war Jurist und kaiserlicher Rat. Er konnte bald ein ansehnliches Vermögen sowie etliche Herrschaften in Niederösterreich und der Steiermark erwerben. Dr. Linsmayer wurde 1602 als Edler von Greiffenberg in den erblichen Adelsstand und 1608 zum Freiherrn von Greiffenberg erhoben. Er geriet zuletzt in wirtschaftliche Schwierigkeiten und starb hochverschuldet, so dass sein Sohn und Erbe Hans Gottfried alle Herrschaften mit Ausnahme von Seisenegg verkaufen musste. Auch das Kupferbergwerk in Radmer konnte er behalten, in dem zu seiner Zeit noch über 200 Bergleute tätig waren. Schloss Seisenegg war damals ein Zentrum evangelischer Adelskultur im Mostviertel. Catharina Regina von Greiffenberg, Freiin zu Seisenegg (1633 – 1694) war eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Barockzeit. Sie schrieb zahlreiche geistliche Sonetten. Ihr um 30 Jahre älterer Onkel und späterer Gatte Rudolph von Greiffenberg sammelte diese und ließ sie 1662 ohne ihr Wissen veröffentlichen. 1664 erwarb Matthäus Ritter von Risenfels den bereits veralteten Bau. Die tatsächliche Übernahme erfolgte aber erst 1679 nach dem Ablauf des Catharina Regina eingeräumten Wohnrechtes durch seinen Sohn Franz von Risenfels.

Er ließ Seisenegg durchgreifend erneuern, so dass aus dem alten Wehrbau ein wohnliches Renaissanceschloss wurde. Der Bergfried wurde beibehalten und mit einem Anbau versehen. Die Herrschaft konnte durch Zukäufe deutlich vergrößert werden. 1686 wurde Franz von Risenfels durch Kaiser Leopold I in den erblichen Freiherrenstand erhoben. 1848 ging durch die Bauernbefreiung ein Großteil des Grundbesitzes verloren. Durch die Einführung der Bezirksgerichte kam es auch zu einem Verlust der Gerichtsbarkeit. Die Familie Risenfels starb 1932 im Mannesstamm aus. Eine Tochter war mit Erzherzog Franz Salvator verheiratet. Melanie von Habsburg-Lothringen geb. Freiin von Risenfels vermachte Seisenegg ihrem Adoptivsohn Dr. Ernst Üblacker-Risenfels sowie Hans Baar von Baarenfels. Obwohl 1960 der Bergfried noch renoviert wurde, verkam die gesamte Anlage langsam. 1984 wurden im Schloss Tagebücher Kaiser Franz Josefs aufgefunden, die dieser als Jugendlicher geführt hatte. Ab 1991 war Generalkonsul Thomas Wassibauer, der Chef eines großen Salzburger Speditionsbetriebes, Besitzer von Seisenegg, der sich in der Vergangenheit sehr bemühte, das Schloss vor dem Verfall zu retten. So wurde 1992 der Palas bzw. das Alte Schloss weitgehend erneuert. Das Innere wurde mit modernem Komfort ausgestattet. 2005 erwarb Maximilian Mautner-Markhof den bereits wieder renovierungsbedürftigen Bau. Nach größeren Investitionen dient er nun neuerlich als gepflegter Wohnsitz. Außerdem ist hier das örtliche Standesamt untergebracht. Gelegentlich finden Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt.

Schloss Seisenegg liegt auf einem Felsgrat im Zwiesel zweier natürlicher Gräben, die es fast ganz umschließen. Es hatte daher den Schutz eines Wasserschlosses obwohl es keines war. Im Kern ist Schloss Seisenegg eine mittelalterliche Doppelburganlage, die von einer Mauer umgeben ist. Sie umschließt das Alte Schloss mit dem Bergfried und das Neue Schloss. Dazwischen liegt ein Verbindungstrakt mit der Kapelle. Von der Landesstraße aus führt eine kurze Kastanienallee zum Schloss. Der trockene Wallgraben wurde einst von einer Zugbrücke überspannt. Davor schmücken steinerne Obelisken mit Kugeln den Zugang. Die Schmalseite der Wehrmauer wird von zwei kleinen Rundtürmen flankiert, die mit Kegeldächern gedeckt sind. Ihr vorkragendes Oberteil ist mit Schlüsselscharten und Wurfschlitzen ausgestattet. Hinter dieser Mauer erkennt man die repräsentative vierachsige Fassade des dreiflügeligen Neuen Schlosses. Sie ist durch toskanische Riesenpilaster gegliedert und stammt aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Die Fenster weisen profilierte Gewände und gerade Verdachungen auf. Die Westfront ist mit einem gemalten Bindenschild aus dem 15. Jahrhundert geschmückt. Der am Vischer-Stich von 1672 dargestellte Rundturm mit Zwiebelhelm wurde im 19. Jahrhundert abgetragen, vielleicht weil er als mittelalterlicher Wehrbau nicht zur klassizistischen Schauseite passte. Im Osttrakt des Neuen Schlosses hat sich eine bemalte Kassettendecke aus der Zeit um 1600 erhalten. Sie zeigt den von Grotesken umgebenden Jupiter. Ein Saal im Westtrakt wurde um 1780 mit Wandmalereien ausgestattet. Sie stellen galante Szenen sowie eine Ansicht des Schlosses Rohrbach dar. Auch der Theatersaal lag in diesem Bereich. Dem anschließenden Zwischentrakt ist im Obergeschoß eine fünfbogige Arkade vorgebaut.

Ein profiliertes gotisches Spitzbogenportal (ca. 1300) bildet den Zugang zur Katharinenkapelle. Diese wurde zwischen 1350 und 1358 unter Reinprecht I von Wallsee erbaut und stand damals frei. Heute ragt nur mehr der 5/8 Schluss der Apsis in den Hofraum vor. Der Rest ist verbaut. Die mit einer Sonnenuhr geschmückte Apsis zeigt zwei hochgotische Spitzbogenfenster, deren Verglasung im Biedermeier erneuert wurde. Das zweijochige Innere ist im Obergeschoß mit einem filigranen Kreuzrippengewölbe überdeckt. Die gut erhaltenen gotischen Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert gehören zu den bemerkenswertesten in Niederösterreich. Es handelt sich dabei um figurale Darstellungen von Szenen aus dem Marienleben und der Vita Christi. An der mit einer Weltgerichtsdarstellung bedeckten Westwand haben sich die Stifter Reinprecht I und seine Gattin bildlich festhalten lassen. Die Malereien wurden erst 1971 entdeckt und 1992 restauriert. Die Doppelkapelle war ursprünglich der Muttergottes geweiht. Als Katharinenkapelle wird sie erst seit 1368 bezeichnet. Der große Innenhof zwischen dem Neuen und dem Alten Schloss ist nur an der Ostseite unverbaut. Das quadratische Steinbecken des 20 m tiefen Brunnens ist mit 1734 bezeichnet. An die Kapelle schließt das Mitte des 16. Jahrhunderts erbaute Neugebäude an. Die verschieden großen rundbogigen Arkaden an der Hofseite weisen darauf hin, dass sie einmal als Wagenremisen dienten. Das Alte Schloss liegt im Nordteil des Hofes. Es wurde in den Jahren 1660/64 in eine Vierflügelanlage um einen kleinen Innenhof umgestaltet, weist aber noch romanisches Mauerwerk im Erdgeschoß und im Keller auf.

Das Alte Schloss ist an drei Seiten von der Wehrmauer zwingerartig umschlossen. Die geknickte Westfront musste durch Schwibbögen abgestützt werden. Der fünfgeschossige romanische Bergfried an der Südwestecke des Alten Schlosses wurde aus Bruchsteinen aufgemauert und dann verputzt. Er hat eine Seitenlänge von 8,5 Meter und eine Mauerstärke von ca. 2 Meter. Der quadratische Turm trägt heute ein geknicktes Pyramidendach. Wie Balkenreste vermuten lassen, dürfte er aber ursprünglich mit einem vorkragendes Wehrgeschoß aus Holz und einen umlaufenden Wehrgang ausgestattetet gewesen sein. Neben dem Bergfried lag der etwa 8 x 19 m große Palas. Möglicherweise wurde er von den Wallseern im frühen 14. Jahrhundert errichtet. 1664 setzte man im Bergfried neue steingerahmte Fenster ein und baute ihn durch einen zweiachsigen dreigeschossigen Anbau mit dem Palas zum Hochschloss um. In seinem Süd- und Osttrakt haben sich repräsentative Wohnräume und Gänge erhalten. 1923 stürzten der Nord- und der Westteil des Bergfrieds ein und verschüttete zum Teil den Innenhof und den Brunnen. 1969 ließ man den Bergfried wieder aufbauen und mit einem neuen Dach decken. Im Süd- und Osttrakt des Alten Schlosses wurden zu Beginn des 17. Jahrhunderts repräsentative Räume mit stuckierten Gewölben eingerichtet. Gegenüber der Schlossauffahrt liegt ein vierflügeliger zweigeschossiger Meierhof mit einem zentralen achteckigen Torturm. Dieser, mit einem Pyramidendach versehene Turm erhebt sich über der tonnengewölbten Durchfahrt. Der Meierhof stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert wurde aber im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts barockisiert. Vor allem die der Straße, die den Wirtschaftsbereich vom Wohnschloss trennt, zugewandte Hauptfassade macht einen repräsentativen Eindruck. Zu den Nebengebäuden zählen noch das Grafenstöckel und ein Getreidespeicher am Fuße des Burgfelsens. Nördlich des Schlosses liegt der ehemalige Schlossteich, der Teil der mittelalterlichen Verteidigungsanlagen war.

Lage: ca. 4 km nordöstlich von Amstetten/, Seisenegg 1, 3322 Viehdorf

Besichtigung: Vom 1. Mai bis 30. September sind Führungen von Gruppen ab 10 Personen möglich

Homepage: www.seisenegg.at


Weitere Literatur:


07.08.2014