Die Schreibweise des Namens Hagenberg hat sich im Laufe der Geschichte des Schlosses mehrfach verändert. Die Bezeichnung wird von einer Streitaxt abgeleitet. Daher war bis in die Neuzeit „Hakenberg“ oder „Hackenberg“ üblich. Erst in der Barockzeit setzte sich „Haggenberg“ durch, das zur Zeit des Kaisers Josef II zu „Hagenberg“ wurde. Schon der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein berichtete in seinem „Frauendienst“ von einem Heinrich von Hakenberc, der Herzog Leopold VI 1224 zum Friesacher Turnier begleitet hatte. Auch bei einem weiteren Turnier in Korneuburg zeichnete er sich aus. Er war ein Ministeriale des Landesfürsten und stammte vermutlich aus der Familie der Kuenringer. Wahrscheinlich ist er mit dem Marschall Heinrich von Hackingen ident, der als Kampfgenosse Herzog Leopolds ins Heilige Land zog. Nach seiner Rückkehr übergab er den mit hölzernen Befestigungen versehenen Hausberg der Kirche und erbaute sich im versumpften Augebiet des Brandbaches südwestlich des Dorfes auf einem Lößkegel ein „Festes Haus“. Sein Grundriss wurde nach den Maßen und Proportionen des Tempels Salomons in Jerusalem geplant. Es wurde Mittelpunkt einer Herrschaft, deren Untertanen und Rechte von Falkenstein bis zur Donau hinab verstreut waren. In seinem 1264 verfassten Testament wird die Burg erstmals urkundlich erwähnt. Sein Sohn Otto von Hachenberg war an einem Aufstand gegen Albrecht I führend beteiligt und kam nach dessen Niederschlagung auf der Fahrt nach Prag ums Leben. Der bekannteste Hakenberger war aber Heinrich IV, der Hofmeister Herzogs Rudolf IV, des Stifters. Seine Bedeutung ist daran ersichtlich, dass er 1365 die Gründung der Wiener Universität bezeugen durfte. Mit Heinrich V starben die Hakenberger 1382 aus. Erbe war Alber Stuchs von Trautmannsdorf, dem bereits vorher die Feste Hagenberg verpfändet war.
1414 kam die Burg an die Nikolsburger Linie der Familie Liechtenstein. Rudolf von Tiernstein hatte die Herrschaft zwar 1455 erworben, doch machten die Liechtensteiner bereits 1460 von ihrem Rückkaufrecht Gebrauch. Reinprecht von Wallsee besaß Hakenberg ebenfalls nicht lange. Er veräußerte es 1479 an Görig und Michael Behaimb aus Nürnberg. 1496 erhielten diese von Kaiser Maximilian I das Recht, den von den Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus verwüsteten Wehrbau wieder instand zu setzen und neuerlich zu befestigen. 1543 kaufte Christoph von Kienritz die Burg. Er wandelte den immer noch mittelalterliche Züge tragenden Bau in ein wohnliches Renaissanceschloss um. 1620 wurde dieses von den Anhängern des siebenbürgischen Fürsten und kurzzeitigen ungarischen Königs Bethlen Gábor geplündert. Im Dreißigjährigen Krieg stand das verwüstete Schloss zeitweise unter der Verwaltung des Grafen Siegfried Breuner, der im unweit gelegenen Asparn an der Zaya residierte. Eine Urkunde von 1650 weist die Brüder Christoph Florian und Johann Bernhard von Kienritz als Verkäufer und Sigismund Friedrich Graf Sinzendorf als Käufer aus, doch dürfte das Gut bereits seit 1621 von letzterem verwaltet worden sein. 1654 wurde die Familie zu Reichsgrafen ernannt und mit dem Titel eines „Erbschatzmeisters des Heiligen Römischen Reiches“ ausgestattet. Die Sinzendorf zählten damals zu den größten Grundbesitzern des Landes. Sie vereinigten Hagenberg mit ihrer Herrschaft Ernstbrunn, wo sie ihren Wohnsitz hatten. Zur Zeit der Türkeneinfälle dürfte Hagenberg noch gut gerüstet gewesen sein, da es 1663 von den niederösterreichischen Landständen der Bevölkerung als Zufluchtsort angewiesen wurde. Damals wurde anstelle der alten Umfassungsmauer ein 30 m breiter Wassergraben mit vier Bastionen angelegt. Ab 1679 ließ der Neffe des Reichsgrafen Sigismund Friedrich, Theodor Graf Sinzendorf das Renaissanceschloss der Kienritz erneuern und das heute in seinen Raumausmaßen noch original erhaltene barocke Lustschloss erbauen. Vom ehemaligen Burgturm haben sich noch romanische Bauteile im Stiegenhaus erhalten. An der Umgestaltung der Anlage wirkten mehrere Künstler und Handwerker aus Italien mit. Das gesamte obere Brandbachtal wurde als französischer Barockgarten gestaltet. Es begann die zweite Blütezeit des Schlosses, die etwa hundert Jahre andauerte. Anlässlich eines Besuches von Kaiser Leopold I und seinem Sohn, dem soeben in Frankfurt gekrönten Josef I wurde 1691 in der Mitte des Teiches in einem gläsernen Lusthaus gespeist.
Der 1803 gefürstete Reichsgraf Prosper von Sinzendorf vereinigte alle Fideikommisse der Familie in einer Hand. Er baute Schloss Ernstbrunn prächtig aus, kümmerte sich aber wenig um Hagenberg, dessen Glanzzeit damit endgültig vorbei war. Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurde der barocke Garten aufgelassen und sein Areal landwirtschaftlich genutzt. 1822 starb Fürst Prosper, der letzte Sinzendorfer. Sein Erbe fiel nach einem sich über sechs Jahre hinziehenden Prozess an den aus Thüringen stammenden Reichsfürsten Heinrich IV von Reuss-Köstritz. Hagenberg sank nun zu einem reinen Gutsbetrieb herab. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der barocke Garten aufgelassen und landwirtschaftlich genutzt. Das Schloss verlor seine Inneneinrichtung und diente als Schüttkasten. In der Sala terrena wurde das Getreide gereinigt und im großen Festsaal gelagert. Um den reichsdeutschen Lebensmittelgesetzen zu entsprechen, wurden die Fresken 1938 übertüncht. 1945 wurde das Gut als Deutsches Eigentum beschlagnahmt und unter russische Verwaltung gestellt. Die hier untergebrachten Kriegsgefangenen wurden von Flüchtlingen aus Südmähren abgelöst, wozu die Innenräume unterteilt werden mussten. Nach dem Staatsvertrag von 1955 erhielt die Familie Reuß Hagenberg wieder zurück. Nachdem die landwirtschaftlich genutzten Flächen 1959 verkauft worden waren, stand das Gebäude leer und drohte abgerissen zu werden. In dieser Situation etablierte sich eine Künstlerkolonie im Schloss, die zwar nichts zu dessen Erhaltung beitrug, es aber durch ihre Anwesenheit vor dem Abbruch rettete. 1974 wurde schließlich das Schloss samt Graben an Hauptmann Josef Steiger verkauft, der einiges zur Verbesserung der Lage unternahm. 1986 übernahm Horst von Wächter die Anlage, die er sukzessive wieder zum Teil bewohnbar machte. 1992 wurde der Verein „Initiative Haggenberg“ gegründet, der sich um eine Revitalisierung der noch lange nicht endgültig sanierten Anlage bemüht. 2020 wurde das Schloss von Marion und Michael Osman übernommen, die sich um eine sanfte Restaurierung bemühen.
Von der alten Burg am Hausberg haben sich mit Ausnahme des erneuerten Grabens keine Spuren erhalten. Das vierflügelige ehemalige Wasserschloss liegt im Südwesten des Ortes. Eine kurze Kastanienallee führt auf das blockartige Gebäude zu. Das verträumt wirkende Schloss ist von einem stark verwachsenen Graben umgeben, der bereits trocken gelegt war, heute aber wieder Wasser führt. Der Zugang erfolgt an der Nordostseite über eine aus Ziegeln gemauerte Brücke. Früher gab es auch eine entsprechende Brücke an der Südseite, doch ist diese nicht mehr erhalten. In den Außenmauern steckt noch der etwa zwei Meter starke mittelalterliche Bering. An der Nordwest-Fassade des Innenhofes wurde das Gewände eines Einstiegs in den ersten Stock des ehemaligen Turmes sowie ein Fenster im zweiten Stock aus dem späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert freigelegt. Die viergeschossigen, mit Satteldächern gedeckten Flügel umschließen einen nahezu quadratischen Innenhof. In seiner Mitte steht ein achtseitiges barockes Brunnenbecken, aus dem das Schloss heute wieder mit frischem Quellwasser versorgt wird. Die Fassaden zeigen je sechs Fensterachsen an den Außen- und vier Achsen an den Innenfronten. Die nordöstliche Eingangsfront sowie die Hofseiten sind weitgehend mit Veitschi überwachsen, wodurch die Verputzschäden nicht so zur Geltung kommen. Über dem rustizierten Steintor an der Eingangsseite ist das von vier Putten getragene Wappen der Reichsgrafen von Sinzendorf angebracht. Die ungegliederten Fassaden wirken heute kahl und grau, da sie nur durch die rahmenlosen Fenster unterbrochen werden, doch waren sie ursprünglich durch eine reiche Architekturmalerei in starken Farben gegliedert. Einziger Fassadenschmuck ist heute ein starkes Kranzgesims. Die zweijochige kreuzgratgewölbte Torhalle ist mit Grisaillemalereien aus dem späten 17. Jahrhundert verziert, die ihrer Thematik nach – im rechten Medaillon ist ein Soldat auf einem Pferd zu sehen, der über einen gefallenen Türken reitet - nach 1687 anzusetzen sind. Der Reiter stellt Christian Ludwig von Sinzendorf dar, der in diesem Jahr als siebzehnjähriger Cornett in der Schlacht von Siklos tödlich verwundet wurde.
Die Räume des Erdgeschosses sind durchwegs gewölbt, jene der Obergeschosse mit Flachdecken aus der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert versehen. Die oberen Stockwerke werden durch ein geräumiges Treppenhaus im Nordtrakt sowie eine Wendeltreppe im Südosten erschlossen. Da die Zufahrt zum Schloss einst von Süden her erfolgte, liegt auch hier – also der heutigen Einfahrt gegenüber – der Haupttrakt. Er beherbergt drei übereinander angeordnete Säle. Bemerkenswert ist die dreijochige Sala terrena im Erdgeschoß. Sie ist durch ein Rundbogentor vom Hof aus zugänglich. Der derzeitige Eigentümer hat den Eingang an der Grabenseite, der später vermauert wurde, wieder geöffnet. Das Gewölbe des Gartensaales ist mit echtem Muschelwerk sowie mit Tuff- und Tropfsteinen geschmückt. In den Medaillons sind allegorische Fresken eingesetzt. Im Gewände des gartenseitigen Tores kann man antikisierende Architekturmalereien erkennen. Das Medaillon stellt den „Triumphzug der Aphrodite“ dar. Das Gewände des hofseitigen Tores zeigt den Wassergott Okeanos und seine Kinder. In den beiden Schmalseiten des Raumes befanden sich figurengeschmückte Wasserbecken mit wasserspeienden Delphinen in steinernen Muscheln, von denen aber nur das westliche – wenn auch stark beschädigt – erhalten ist. In den dahinter eingebauten Nischen stehen fragmentiert erhaltene allegorische Statuengruppen. Im Süden standen Poseidon und die Meeresnymphe Amphitrite, im Norden Orion und Artemis. Nordöstlich des Haupttores führt eine, von einer steinernen Balustrade begrenzte Treppe in die Obergeschosse. Ihre Rundbogennischen sind heute leer, die dazugehörigen Plastiken sind längst verloren gegangen.
In den einstigen Repräsentationsräumen des Südflügels sind noch die meisten der prächtigen Stuckdecken vom Ende des 17. Jahrhunderts und einige offene Kamine erhalten. Besonders wirkungsvoll muss der zweigeschossige vierachsige Festsaal im Südtrakt oberhalb der Sala terrena gewesen sein, doch ist seine schwere Stuckdecke nicht mehr vorhanden. Die illusionistischen Malereien an den Wänden zeigen eine Tempelarchitektur mit Ausblicken in die freie Landschaft. Die beiden einzigen Personen stellen den griechischen Gott Hermes Trismegistos und seine „Seele“, den guten Hirten Poimandres dar. Die Fresken wurden 1938 übertüncht und sind nur zum Teil freigelegt. An den Schmalseiten des Saales liegen offene Kamine. Das westliche Eckzimmer symbolisiert das Element Wasser. Sein Deckenfresko zeigt Poseidon, Hera Triton und Aphrodite auf einer Muschel sitzend. Als Gegenstück ist der Raum in der Südecke anzusehen, dem das Element Feuer zugeordnet ist. In seinem Deckenfresko erkennt man Herakles als Sklave der neben ihm sitzenden lydischen Königin Omphale. Darüber schwebt ein Amor. Die Putten in den Lunetten sind Allegorien der vier Himmelsrichtungen, der vier Elemente und der vier Eigenschaften der Liebe. In die Stuckleisten sind die vier Herrschaftssymbole des Hauses Sinzendorf eingearbeitet. Die Einmaligkeit des Schlosses Hagenberg liegt in seinem noch vorhandenen Fresken- und Stuckprogramm, das jedoch zum Teil recht schlecht erhalten ist und noch auf eine umfassende Restaurierung wartet. Eine landschaftliche Besonderheit Hagenbergs war der große Teich, der bei festlichen Gelegenheiten mit Gondeln befahren wurde. Er war mit dem Wassergraben durch einen Kanal verbunden, wurde aber schon im frühen 19. Jahrhundert trocken gelegt und in Ackerland umgewandelt. Zwischen 1688 und 1764 wurden von den Sinzendorfern mehrere venezianische Gondolieri beschäftigt. Die barocken Stallungen an der südlichen Ortseinfahrt gehörten einst ebenso zur Herrschaft wie die mit Volutengiebeln versehenen Wirtschaftstrakte an der Straße zum Schloss und ein Forsthaus, das in der Barockzeit als herrschaftliche Brauerei erbaut wurde, im Westen.
Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 15 km nordwestlich von Mistelbach
Besichtigung: im Einvernehmen mit den Eigentümern an Sonntagen um 14.30 (Mai - Oktober) möglich
Weitere Literatur:
15.08.2009