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Großpertholz


Der Ministeriale Udalrich von Stiefern erhielt 1150 im Zuge einer Königsschenkung das Gebiet um den heutigen Markt Großpertholz. Auftragsgemäß begann er sofort mit der Rodung der sich hier erstreckenden dichten Wälder. Seine Söhne Berthold und Wikhart erbten den Besitz. Sie wurden namensgebend für die Orte Großpertholz und Weikertschlag. Nach dem zu Beginn des 14. Jahrhunderts erfolgten Aussterben der Herren von Stiefern kam das Gebiet an die ehemalige kuenringische „Grafschaft Weitra“, die aber bereits Ende des 13. Jahrhunderts landesfürstlich geworden war. Das Gut Großpertholz gelangte noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an die Familie Stuchs von Trautmannsdorf. 1351 verkaufte es Mert der Stuchs an Eberhard und Wolf von Dachsberg, die auf Rapottenstein saßen. Der Freihof am Ostende des Ortes war jedoch von diesem Verkauf ausgenommen. Er gelangte im späteren 14. Jahrhundert an die Familie Kastner von Pertholz. Niklas von Perichtoldt wird 1394 als Burggraf und Landrichter zu Weitra genannt. Lehensherren blieben die Herren von Dachsberg bzw. ihre Nachfolger, die Familie Starhemberg. Diese verkaufte den adeligen Freihof 1556 an die Freiherren von Landau, von denen ihn 1598 Siegmund Petschacher von Steinbach erwarb. Die kleine Herrschaft warf aber nur wenig Ertrag ab, so dass es schon 1605 zu einer Versteigerung kam.

Über einige Kurzzeiteigentümer, zu denen 1641 auch Ferdinand Rudolf von Leisser gehörte, gelangte Großpertholz gemeinsam mit einigen anderen Gütern an den General- und Reformationskommissar Joachim Enzmiller Reichsgraf von und zu Windhag. Dieser gehörte zu den schillerndsten Gestalten der Gegenreformation und hatte es zu großem Reichtum gebracht. Er ließ den alten Freihof in das mächtige vierflügelige Schloss umbauen, das auf dem Vischer-Stich von 1672 dargestellt ist. Daneben errichtete man ein Bräuhaus. Windhag ist auch der Stifter der Schlosskapelle, die dem Hl. Sebastian geweiht ist. Über seine Witwe Emilie Eleonora kam die Herrschaft an die mit ihr verschwägerten Grafen Lambach. 1685 erwarb der Freiherr und spätere Graf Carl von Hackelberg den Besitz. Nach dem Aussterben der Landau 1708 durfte sich seine Familie Hackelberg-Landau nennen. Sie nahm in Großpertholz ihren ständigen Wohnsitz, was zu einem Aufblühen des Ortes führte. 1741 verschanzten sich französische Marodeure im Schloss, aus dem sie ungarische Husaren vertreiben wollten. Dabei ging das Gebäude in Flammen auf, wobei auch das Archiv vernichtet wurde. Die baulichen Schäden wurden bald behoben und das Gebäude im Stil der Zeit modernisiert und vergrößert. Zu neuerlichen Umbauten im Geiste des Historismus kam es im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts, nachdem es 1844 einen neuerlichen Schlossbrand gegeben hatte. Die Grafen Hackelberg-Landau starben 1921 aus. 1926 wurden Schloss und Gut an die Brüder Adolf und Paul Pfleiderer verkauft. Ihre Nachkommen sind noch heute im Besitz der einstigen Herrschaft.

Großpertholz liegt an der Fernstraße Gmünd – Freistadt, die schon im Mittelalter von großer Bedeutung war. Vom damaligen Adelssitz sind keine Reste erhalten. Das heutige Schloss besteht aus vier einstöckigen Trakten, die einen quadratischen Hof umgeben. Dieser wird an drei Seiten von ebenerdigen Laubengängen begrenzt. Unter den kreuzgratgewölbten Arkadenbögen stehen sechs barocke Gartenplastiken, die die Jahreszeiten symbolisieren, wobei immer zwei Monate durch eine Skulptur dargestellt werden. Vor dem an der vierten Seite gelegenen Nordtrakt erstreckt sich eine von einer Balustrade begrenzte Terrasse. An der Nordwestecke des Gebäudes steht ein dreistöckiger quadratischer Turm. Er wurde erst 1848 erbaut. Seine Zinnen sind romantisierende Ergänzungen von 1896. An ihn schließt die Schlosskapelle an. Die Jahreszahl 1757 an ihrem Portal weist auf die Instandsetzung nach dem Brand von 1741 hin. Erstmals geweiht wurde sie aber bereits 1668. Die zweijochige Kapelle enthält einen spätbarocken Altar. Das Altarbild ist mit 1758 datiert. Es zeigt den Hl. Sebastian und stammt von Antoni Streer. Über dem neben der Kapelle befindlichen rustizierten Haupttor ist unter einem Segmentgiebel ein barockes Wappen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts angebracht. Die Fassadengestaltung geht weitgehend auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Der leicht vorspringende Mittelrisalit des langen Flügels an der Bundestraße weist einen dreieckigen Flachgiebel auf. Das darunter liegende Portal zeigt einen neoklassizistischen Säulenarchitrav. Hinter dem Schloss erstrecken sich ein Park und ein großer Meierhof. Letzterer ist als Neubau um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Etwas erhöht, liegt über dem Schloss die neugotische Gruftkapelle der Hackelberger. Sie wurde 1867/70 vom Linzer Dombaumeister Otto Schirmer erbaut.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 13 km südwestlich von Weitra

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


17.01.2008