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Innsbruck - Palais Trapp


An der Stelle des heutigen Palais Trapp standen zu Beginn des16. Jahrhunderts zwei Bürgerhäuser. Das südliche diente als Bäckerei und Badstube. 1620 wurde es durch einen Brand zerstört. Die Ruine wurde an Paul Rangger verkauft, der sie wieder aufbauen ließ. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts betrieb hier die Familie Spann ein Wirtshaus. Das Gebäude wurde 1737 von Michael Fortunat Graf Wolkenstein-Rodenegg angekauft, der im gleichen Jahr auch das Nachbarhaus erwarb. Dieses gehörte im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts noch dem Privatdiener der Philippine Welser, Erhard Reutter. Auch dieses Haus brannte 1620 nieder. 1622 verkaufte Wolfgang von Liechtenstein die Hausruine an den Kammerschreiber Hans Khuening. Seit 1624 befand sich das gerade im Wiederaufbau befindliche Gebäude im Besitz des Regimentspräsidenten Freiherrn Berchtold von Wolkenstein. Seiner Bitte um die Erhebung in einen Adelssitz wurde 1636 durch die Erzherzoginwitwe Claudia von Medici entsprochen. Es wurde Wolkenburg genannt und der Freiherr durfte sich „von und zu Wolkenburg“ nennen. Über seinen Schwiegersohn Paris Graf Lodron ging diese um 1704 an Franz Anton von Spaur über. 1710 erwarb ihn der Tiroler Landeshauptmann Johann Georg Sebastian Graf Künigl. Bereits im nächsten oder übernächsten Jahr gehörte das Stadthaus Johann Christoph Freiherrn von Greiffen. Als es Michael Fortunat Graf Wolkenstein erwarb, befand es sich bereits in einem schlechten Zustand. Nach seinem Tod wurden beide Gebäude besitzmäßig wieder getrennt. Das ehemalige Wirtshaus wurde an Josef Insam veräußert, während die Wolkenburg 1767 von Philipp Graf Künigl erworben wurde. Dieser konnte 1768 auch das Nachbarhaus in seinen Besitz bringen. Wer die bauliche Zusammenführung der beiden Gebäude veranlasst hat, ist nicht ganz klar. Da die Fassade und vor allem die beiden Mittelachsen mit 1700/1710 datiert und dem Baumeister Johann Martin Gumpp d. Ä. zugeschrieben werden, könnte es Anton Spaur gewesen sein. 1804 ging das Gebäude von Philipps Sohn Leopold durch Kauf an Kreszentia, verwitwete Gräfin Trapp über. Es blieb bis heute bei ihrer Familie. 1985 erfolgte eine durchgreifende Restaurierung. Derzeitiger Eigentümer ist Gaudenz Graf Trapp. Das Palais ist damit der einzige der vielen Adelspaläste Innsbrucks, der sich noch im Familienbesitz befindet und der auch von den Familienmitgliedern bewohnt wird. Im Gebäude sind vorwiegend Wohnungen, Büros und Geschäftslokale untergebracht.

Das Palais besteht aus einem langgestreckten Vordertrakt, zwei Quertrakten und einem barocken Gartenhaus. Der mit einem Satteldach versehene Haupttrakt ist viergeschossig. Die dreigeschossigen Seitentrakte tragen abgewalmte Dächer. In ihnen waren einst Wirtschafts- und Verwaltungsräume sowie Stallungen und Remisen untergebracht. Von den vierzehn Achsen der Hauptfront an der Maria-Theresienstraße springen elf um eine Fensterachse aus der Straßenfront vor. Die Fassade des Erdgeschosses ist gebändert, aber durch die eingebauten Geschäftsportale entstellt. Es ist durch ein durchlaufendes Gesims von den Obergeschossen getrennt. Die Fenster aller drei Obergeschosse haben Stuckrahmen, an deren ohrenartigen Verkröpfungen kleine Tropfen hängen. Die Fensterverdachungen des ersten Stocks sind reich mit Stuck verziert, während die des zweiten Stocks als einfacher und dreieckartig ausgebildet sind. Das dritte Obergeschoß weist wesentlich kleinere Fenster ohne Verdachungen auf und bildet eine Art Attika. Hier war die Dienerschaft untergebracht. Das korbbogige Portal ist von schlichten Pilastern gerahmt, die ein Gebälk tragen. Die beiden Fensterachsen über dem Portal werden durch zwei seitlich herabhängende stuckierte Blumengirlanden betont. Zwischen den Mittelfenstern des ersten Stocks ist ein barockes Madonnenrelief aus gelblichem Marmor angebracht. Darunter erkennt man die gemalten Allianzwappen Trapp-Spaur (1804). In der Mitte des zweiten Stocks springt ein Balkon mit seinem schmiedeeisernen Korbgitter vor. Portal und Balkon sind zu einer reizvollen Mittelgruppe zusammengefasst, die der Fassade ihre Charakteristik geben.

Von der breiten Hofdurchfahrt führt an der rechten Seite ein zweischiffiges Vestibül zum geräumigen Treppenhaus. Das Spiegelgewölbe des Vestibüls ruht auf einfachen Nagelfluhpfeilern. Die von der breiten zweiarmigen Treppe wegführenden Empire-Portale weisen toskanische Wandpfeiler und Triglyphenfriese auf. Im zweiten Obergeschoß des Treppenhauses fällt ein Wandbrunnen aus Marmor auf (um 1700). Die Erdgeschoßräume sind tonnen- oder kreuzgratgewölbt. Das Gewölbe des nördlichen Eckraumes ruht auf einem runden Mittelpfeiler (16. Jh.). An das Treppenhaus schließt im ersten Stock die spätbarocke Hauskapelle an. Diese ist ein fast quadratischer Raum mit einer reichen Stuckdecke (um 1710). Sie zeigt die Halbfiguren der vier Evangelisten. Das von Johann Georg Grassmair geschaffene Altargemälde am Stuckmarmoraltar stellt die Hl. Familie dar. Die mit großen Ölgemälden geschmückte Beletage liegt straßenseitig im zweiten Stock. Sie besteht aus fünf repräsentativen Räumen. Außen ist sie durch den zweiachsigen Balkon sowie durch größere und reicher verzierte Fenster erkenntlich. Hofseitig befand sich ein großer Saal, der aber 1862 unterteilt wurde. Die Ausstattung der Prunkräume erfolgte im Rokoko- und Bandlwerkstil. Die Felder der Stuckdecken entsprechen zum Teil jenen der eingelegten Parkettböden. Zwei Kachelöfen gehören der zweiten Hälfte des 18. sowie dem 19. Jahrhundert an. Vier Gemälde von Stephan Kessler (1662) haben als Thema das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Von einem Kabinett im Nordteil des Palais konnte man durch eine ovale Öffnung im Fußboden der Hl. Messe in der darunter befindlichen Hauskapelle beiwohnen, ohne gesehen zu werden. Das Gartenhaus im barocken Garten stammt im Kern aus dem 18. Jahrhundert, wurde aber danach mehrfach verändert. Bei einem dieser Umbauten wurden 1946/47 im Mittelraum des ersten Stocks spätbarocke Wandmalereien aufgedeckt. Auch dieser Bau wird Johann Martin Gumpp d. Ä. zugeschrieben.

Lage: Tirol

Ort/Adresse: 6010 Innsbruck, Maria Theresienstraße 38

Besichtigung: teilweise möglich


Weitere Literatur:


09.12.2007