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Steyregg


Archäologische Funde beweisen, dass der Schlossberg schon vor 7.000 oder 8.000 Jahren besiedelt war. Das Gründungsdatum der Burg Steyrekke liegt jedoch im Dunkeln der Geschichte. Ihr Name deutet aber darauf hin, dass sie unter den steirischen Ottokaren im 11./12. Jahrhundert errichtet wurde. 1147 wird im Passauer Traditionskodex ein Hartwik von Hagenau genannt, der den Wehrbau dem Bistum schenkte. Steyregg dürfte damals also schon ein Passauer Lehen gewesen sein. 1236 besaß dieses Leutold von Wildon. Er übertrug es seinem Schwiegersohn Albero von Kuenring. Liutold und Heinrich von Kuenring verkauften ihren Besitz in Steyregg 1280 an Ulrich von Capellen. Als dessen Familie 1406 mit Eberhard II von Capellen ausstarb, fiel die Herrschaft nach einigen Erbstreitigkeiten an Hartnid von Liechtenstein, der mit einer Erbtochter Eberhards verheiratet war. 1523 wurde Steyregg mit der hohen Gerichtsbarkeit ausgestattet. Die Liechtensteiner bauten die Herrschaft durch Zukäufe aus und erweiterten die Anlage. Im Krieg zwischen Kaiser Friedrich III und Matthias Corvinus standen die Brüder Christoph und Heinrich von Liechtenstein auf der Seite des ungarischen Königs. Von ihren Stützpunkten Steyregg und Ottensheim aus plünderten sie die landesfürstlichen Besitzungen in der Umgebung. 1581 verkauften Hartmann und Erasmus von Liechtenstein, die schon zuvor verpfändete Herrschaft an Wolfgang Jörger. Der Familie Jörger gehörten mehrere Herrschaften in Ober- und Niederösterreich. Sie investierte große Summen in den Ausbau der Burg zum Renaissanceschloss. Als gläubige Protestanten errichteten die Jörger eine protestantische Schlosskapelle und eine entsprechende Bibliothek. Auch eine reichhaltige Gemäldegalerie wurde angelegt. 1594 scheint Steyeregg noch unter jenen Burgen auf, die jederzeit verteidigungsbereit zu halten waren, da sie in Kriegszeiten der Zivilbevölkerung als Fluchtort dienen sollten. Helmhard Jörger war einer der Anführer der protestantischen Adelsrevolte. Nach der Schlacht am Weißen Berg wurde er zum Tode und zum Verlust seiner Güter verurteilt. Er wurde aber bereits fünf Jahre später begnadigt und erhielt Steyregg wieder zurück.

1635 wurde sein Schwiegersohn David Ungnad, der spätere Graf Weißenwolff, von Passau mit Steyregg belehnt. Zwischen 1656 und 1671 bekleidete er das Amt des Landeshauptmannes von Oberösterreich. Josef Anton Graf Weißenwolff brachte den mit Luftenberg vereinigten Besitz in einen Familienfideikommiß ein. Um 1750 gehörten zur Herrschaft 622 Untertanen. Sowohl 1770 als auch 1779 kam es durch Blitzschläge zu Großbränden, die schwere Schäden verursachten. Bei dieser Gelegenheit erlitt auch die umfangreiche Gemäldesammlung der Grafen Franz Josef von Weißenwolff bedeutende Verluste. Die zerstörten Gebäudeflügel sowie der Westturm wurden nicht mehr erneuert. Nach dem letzten Brand baute man das alte Gärtnerhaus am Fuße der Burg zum Neuen Schloss aus, das 1894 vergrößert wurde. 1917 starb die Familie mit Nikolaus Reichsgraf und Herr von Weissenwolff im Mannesstamm aus. Durch die Heirat seiner Tochter kam Steyregg für zwei Generationen an die Familie Thurn und Taxis. Irene Prinzessin von Thurn und Taxis heiratete 1940 den Großvater des heutigen Besitzers Altgraf Mag. Niklas Salm-Reifferscheid. 1944 wurde die Stadt durch Fliegerbomben schwer getroffen. Dabei wurde auch der barocke Teil des Neuschlosses vernichtet. Unmittelbar nach Kriegsende wurden Ausgebombte und Vertriebene im Altschloss einquartiert. Die Restaurierung von 1956 behob nur die ärgsten Schäden des Gebäudes. Nachdem 1966 die letzten Mieter ausgezogen waren, stand das Schloss lange leer. Erst in den späten 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgte eine Sanierung. Ein Verwendungszweck konnte aber vorläufig nicht gefunden werden, da sich die Eigentümer mittlerweile in der unmittelbaren Nachbarschaft ein Wohnhaus gebaut hatten. Da es auch zu keinem Verkauf oder Verpachtung kam, entschloss sich der derzeitiger Besitzer 2004/05 zu einer Revitalisierung. Die prächtigen Säle sowie die Schlosskapelle und der Park stehen nun für Veranstaltungen aller Art zur Verfügung.

Steyregg ist die kleinste Stadt Oberösterreichs. Das oberhalb gelegene Schloss ist ihr Wahrzeichen. Es hat sich im Laufe der Jahrhunderte von einem kleinen Wehrbau zu einer weitläufigen Renaissance-Anlage entwickelt. Durch Brände, Verfall und Kriegsschäden wurde es dann wieder auf sein heutiges Ausmaß reduziert. Es entspricht ungefähr einem Drittel des einstigen Bauvolumens. Das heutige vierstöckige Gebäude war lediglich der Ostflügel des einstigen Schlosses. Seine ehemaligen Ausmaße sind noch an der größtenteils erhaltenen Ringmauer ersichtlich. Die ursprüngliche Auffahrt erfolgte von der Stadtseite her. Sie war durch zwei Tortürme gesichert. An einem sind noch die Rinnen des Fallgatters zu sehen, am anderen die Rollen der Zugbrücke. Über den tiefen Graben vor dem Tor der Hochburg führt jetzt eine gemauerte Brücke. Sie ersetzt eine bewegliche Konstruktion. Auch dieses Tor war mit einem Fallgatter ausgestattet. Dahinter führt eine leicht ansteigende Torhalle in den riesigen Hof, der durch die Abtragung des Westteiles und des Turmes entstanden ist. Charakteristisch für das heutige Schloss ist sein hohes Walmdach. Sowohl die Süd- als auch die Ostfassade werden durch toskanische Riesenpilaster vertikal gegliedert. Die anderen Seiten sind schmucklos. Von der Ostterrasse aus führt eine repräsentative Treppe in die Obergeschosse. Im zweiten bzw. dritten Geschoß liegt die zweigeschossige, dem Hl. Johannes dem Täufer geweihte Schlosskapelle. Sie ist im Kern frühgotisch, wurde aber im 17. Jahrhundert barockisiert. Ihr nach Osten gerichteter quadratischer Chorraum wurde um 1670 mit reichem barockem Stuckdekor ausgestattet. 1958 wurden gotische Fresken aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts freigelegt. Sie zeigen im Langhaus die Heiligen Georg, Florian und Christophorus sowie eine Schutzmantelmadonna. Unter der Westempore sind das Jüngste Gericht, das Paradies und die Hölle dargestellt. Der zweistöckige ehemalige Festsaal gilt mit seiner Fläche von 30 x 20 m als der größte seiner Art in Oberösterreich. Da seine Decke einstürzte und nicht erneuert wurde, ist er bis in den Dachstuhl offen, was eine ausgezeichnete Akustik ergibt. Die mit Wehrtürmen verstärkte Umfassungsmauer reicht bis in die Stadt hinunter. An ihrer Nordseite befindet sich ein weiteres Tor, das einst in den Meierhof führte, heute aber den Hauptzugang bildet. Unterhalb der Südfront des Schlosses liegt der steil ansteigende Mauerzug der einstigen Vorburg. Das Schloss ist von einem ausgedehnten Landschaftspark (frühes 19. Jh.) umgeben. Die beiden dort befindlichen Brunnen tragen die Jahreszahlen 1670 und 1727.

Lage: Oberösterreich/Donautal – am linken Donauufer, gegenüber dem Linzer Industrieviertel

Besichtigung: nur von außen möglich

Homepage: www.schloss-steyregg.at


Weitere Literatur:


20.11.2007