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Graz - Palais Prandegg/Galler


Durch die barocke Stadterweiterung wurden die Stadtmauern weiter nach Osten vorgeschoben, wodurch neuer Baugrund erschlossen werden konnte. Viktor Jacob Graf von Prandegg erwarb hier 1674 zwei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erbaute Häuser mit Gartengrundstücken. Er ließ sie weitgehend abreißen und an ihrer Stelle um 1680/90 ein barockes Palais errichten. Als Baumeister wird Bartholomäus Ebner vermutet. Graf Prandegg war innerösterreichischer Hofkammerrat und Inspektor der innerösterreichischen Hofmünz- und Zeughäuser. Er dürfte sich seines neuen Palais aber nicht lange erfreut haben, da bereits 1693 Wilhelm Graf Galler das Gebäude erwarb. Für die nächsten Jahrzehnte sind die Besitzverhältnisse unklar. 1748 wird das Palais „Breunersches Haus“ genannt. Von 1785 bis 1803 ist die Gräfin Elisabeth von Galler als Eigentümerin bezeugt. Danach wechselten die Besitzer mehrfach. Nach 1834 beauftragte Friedrich Chevalier de Bachet den Baumeister Andreas Stadler mit einem aufwändigen Gesamtumbau, der auch eine Aufstockung des einstigen Stallgebäudes (Karmeliterplatz 5) umfasste. 1920 scheint der Verein Weißes Kreuz – eine katholische Missionsorganisation – als Eigentümer auf. 1938 wurde der Verein enteignet und das Gebäude beschlagnahmt. Es diente als Sitz der Gauleitung der NSDAP. Nach 1945 wurde der Verein wieder in seine Eigentumsrechte eingesetzt, doch übernahm bald die Diözese Graz-Seckau das Palais. Sie verkaufte es 1977 an die Landesparteileitung der Steirischen ÖVP, die seither hier ihren Sitz hat. 1979/81 fand eine umfangreiche Renovierung und Neuadaptierung im Inneren statt.

Das Palais ist ein von breiten Seitenrisaliten eingefasster Baublock, der an seiner, dem Karmeliterplatz zugewandten Hauptfront zweistöckig ist. Bedingt durch das abfallende Gelände zählt die Rückseite des Hauses vier Geschosse. Der hier befindliche Garten weist noch Reste der einstigen Zwingermauer des mittelalterlichen Stadtgrabens auf. Die Hauptfassade zählt 19 Fensterachsen, wirkt jedoch durch ihre Gliederung durch Risalite wesentlich proportionierter. Sie wird durch Kordongesimse horizontal gegliedert. Die beiden Obergeschosse sind mit barocken geometrischen Putzfeldern dekoriert. Die Risalitecken sind genutet. Der westliche Risalit sowie der Großteil des Mittelbaues stammen noch aus der Erbauungszeit von 1680/90, während der östliche Bereich erst 1834 errichtet wurde. Seine Fassade ist jedoch dem Altbau angepasst. Die Fenster der Beletage sind alternierend mit Segment- und Dreiecksgiebeln ausgestattet. Dem schlichten steingerahmten Rundbogenportal ist eine, von zwei dorischen Doppelsäulen gestützte klassizistischer Altane vorgelagert. Sie wird von einem schmiedeeisernen Gitter begrenzt. Dieser Vorbau wurde um 1843 durch Josef Benedikt Withalm geschaffen. Bemerkenswert sind die zwischen den vorspringenden Seitenflügeln verlaufenden achtachsigen Hofarkaden. Sie sind im Erdgeschoß, wo sie sich auf Pfeiler stützen, vermauert. Im ersten und zweiten Stock ruhen die hier offenen, kreuzgratgewölbten Bogengänge auf toskanischen Säulen. Auch der um eine Arkade vorspringende dreiachsige Risalit des Stiegenhauses war ursprünglich offen. Die Arkaden wurden bereits beim Neubau von 1680/90 angelegt. Die ältesten Baudetails des Palais sind zwei Mauerschlitze, die durch eiserne Widerhakenstäbe verschlossen sind. Sie stammen möglicherweise noch aus dem 15. Jahrhundert. Die große, mit scharfgratigen Stichkappengewölben vom Ende des 16. Jahrhunderts versehene Eingangshalle ist als solche erst 1843 entstanden, da man damals eine Mauer, die zwei Erdgeschoßräume getrennt hatte, entfernt und durch zwei Pfeiler ersetzt hat. Repräsentativ ist auch die von zwei kantigen Pfeilern gestützte anschließende Haupttreppe. Die Baluster ihres Geländers widerspiegeln die Form der Mauerpfeiler. Die Innenräume des Palais weisen zum Teil Stuckdecken vom Ende des 17. Jahrhunderts auf. Von der Inneneinrichtung haben sich ein grün glasierter zweistufiger Empire-Kachelofen (um 1780/90) sowie ein Neo-Renaissance-Kamin aus dem dritten Viertel des 19. Jahrhunderts erhalten.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Karmeliterplatz 6

Besichtigung: zum Teil möglich


Weitere Literatur:


06.11.2007