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Palais Sylva-Tarouca


Die Besitzer des Hauses Salmgasse 4 sind seit 1673 bekannt. Damals gehörte es Johann Sebastian von Wirsing. Im ersten Viertel des 18. Jh. wurde das Gebäude für Johann Anton Freiherrn von Widmann zu einer Dreiflügelanlage erweitert. 1764 war Kardinalerzbischof Christoph von Migazzi Eigentümer. Da hier das erzbischöfliche Internat untergebracht war, wurde es auch Bischofshof genannt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wechselten die Eigentümer recht häufig. Zu ihnen gehörten u. a Carl Graf Clary-Aldringen (1802) und Anna Marie Freiin von Fries. Um diese Zeit wurde der vierte Trakt errichtet. 1804 wird der russische Legationsrat und Botschaftssekretär Emilian von Kudriaffsky erwähnt. Als dieser mit 200.000 Gulden Schulden Wien verlassen musste, übernahm 1818 Andreas Fürst Rasumofsky das Gebäude. Kudriaffskys Sohn, Ludwig, brachte es übrigens nach einem äußerst abenteuerlichen Leben bis zum österreichischen Feldmarschalleutnant und Präsidenten des Militärappellationsgerichts. 1844 wohnte hier der Literaturprofessor Dr. Anton Stein, der zu seinen Schülern Grillparzer und Bauernfeind zählte. Über Maximilian Freiherr von Gagern und Ludwig Graf Wodzicki kam das Gebäude an die Gräfin Sylva-Tarouca. Vermutlich unter Verwendung des Baukerns aus dem 18. Jahrhundert errichtete ihr der Architekt Eugen Sehnal und der Baumeister Karl Ziegelwanger im Jahre 1882 einen neuen Wohnsitz in der Art der Pariser Stadtpalais. 1915 kam das Palais an den Feigenkaffeefabrikanten Karl Kuhlemann, dessen Nachkommen es noch heute bewohnen. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, aber 1959 in etwas veränderter Form wiederhergestellt. Die Gartenfassade zeigt nunmehr die Formen des österreichischen Spätbarocks und Frühklassizismus an Stelle des ursprünglichen französischen Frühbarocks. Vor allem die Dachzone und der Mittelteil der Gartenfassade haben ein etwas anderes Aussehen erhalten.

Das Palais ist eine große, viereckige Anlage mit einem einfachen Innenhof. Die Schaufront ist gegen den Garten gerichtet, während die asymmetrische Fassade zur Salmgasse wesentlich schlichter gestaltet ist. Das Erdgeschoß ist hier stark rustiziert. Seine einfachen Fensteröffnungen sind mit schmiedeeisernen Gittern versehen. Der kaum vortretende, dreiachsige Mittelrisalit weist im ersten Stock große Rundbogenfenster mit geschwungenen Verdachungen auf, während die übrigen Fenster des Obergeschosses gerade Verdachungen haben. Die siebenachsige Gartenfassade wird durch korinthische Riesenpilaster gegliedert. Vor dem mittleren der französischen Fenster des Obergeschosses liegt auf Konsolen ein Balkon mit Schmiedeeisengitter, darüber ein einfacher, flacher Dreieckgiebel. Die große, ursprünglich hier angebrachte Kartusche mit dem Wappen der Sylva-Tarucca schmückt nun die Gartenmauer. Bis zum Zweiten Weltkrieg befanden sich über dem Balkon vier Atlantenfiguren, doch fielen diese einem Bombenangriff zum Opfer. Eine geschwungene zweiarmige Freitreppe verbindet die von einer Balustrade begrenzte Terrasse mit dem steil abfallenden Garten. Während die meisten Gärten des dritten Bezirkes längst parzelliert und daher verschwunden oder auf ein Minimum reduziert sind, ist jener des Palais Sylva-Tarouca überraschend groß geblieben.

Ort/Adresse: 1030 Wien, Salmgasse 4

Besichtigung: Das Gebäude ist bewohnt und kann nicht besichtigt werden.


Weitere Literatur:


02.09.2002