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Graz - Palais Des Enffans d Avernas


Das Palais Des Enffans d’Avernas liegt inmitten der Altstadt am Glockenspielplatz. Bereits 1596 dürfte sich hier ein Haus befunden haben, das dem Freiherrn Georg Rueprecht von Herberstein gehörte. 1674 kaufte die Familie vier weitere Häuser in der unmittelbaren Nachbarschaft an. Kurz vor Ende des 17. Jahrhunderts ließen die nunmehrigen Grafen Herberstein das heutige Palais errichten, wobei die bestehenden Häuser zum Teil in den Bau einbezogen wurden. Einzelne Bauteile stammen daher noch aus dem 16. Jahrhundert. Noch vor 1728 war das Palais an die Grafen von Schrattenbach übergegangen. Es wurde in den Stadtbüchern als „Schrattenbachisches Haus“ geführt. Als über das Vermögen des Grafen Otto Wolfgang von Schrattenbach der Konkurs verhängt wurde, erwarb es 1787 Dismas von Ramschißl. Nach häufig wechselnden Besitzern wurde es 1840 von den Grafen Des Enffans d’Avernas übernommen. Sie führten größere Renovierungsarbeiten und Umbauten durch. Damals erfolgte auch die Aufstockung um ein Geschoß. Die Grafen Des Enffans d’Avernas sind ein Adelsgeschlecht, das seit dem 13. Jahrhundert in Frankreich nachweisbar ist. Da Adrian Wilhelm Franz Graf Des Enffans d’Avernas im Gegensatz zu Napoleon stand, übersiedelte er nach Österreich. 1805 wurde er von Kaiser Franz II (I) zum Reichsgrafen erhoben. Die Familie behielt das Gebäude bis 1935. Es war aber bereits 1828 als erstes Bürogebäude für die von Erzherzog Johann gegründete Wechselseitige Brandschadenversicherungsanstalt adaptiert worden. Diese zog 1876 in den Reinerhof und das ehemalige Palais wurde anderweitig vermietet.

Das Palais Des Enffans d’Avernas ist ein Werk der Spätrenaissance. Es ist ein großflächiger viergeschossiger Baukörper um mehrere Innenhöfe. Die schmucklose Fassadierung stammt noch aus der Erbauungszeit um 1690/1700. Deutlich erkennbar ist das 1840 aufgesetzte dritte Stockwerk. Hervorstechend ist jedoch der in den ersten beiden Obergeschossen auf geschweiften Konsolen vortretende polygonale Renaissance-Erker an der Ecke Glockenspielplatz und Enge Gasse. Die Erdgeschoßfassade ist genutet, doch wurde sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Einbau von Geschäftsportalen stark verändert. Erhalten geblieben sind der gedrungene Eckprellstein sowie ein Steinrahmen-Fenster in der Abraham-a-Sancta Clara-Gasse. Auch die Portalrahmung der Hofeinfahrt am Glockenspielplatz stammt aus der Renaissancezeit. Der rundbogige Torrahmen wird von kannelierten Wandpfeilern eingefasst. Die beiden Sandsteinlöwen über dem Gebälk des Tores flankieren eine heute leere marmorne Inschrifttafel. Sie wurden erst um 1840 aufgesetzt. Von der Abraham-a-Sancta Clara-Gasse führt ein weiteres Renaissancetor und von der Enge Gasse ein Portal mit rechteckigem Steintorrahmen in den großen Hof. Dieser wird durch ein interessantes Treppenhaus zweigeteilt.

Die zweiarmige Stiegenanlage bildet einen eigenen Baukörper mit ebenerdiger Durchfahrt. In den Obergeschossen befinden sich jeweils drei rundbogige Öffnungen mit Balustraden. Die kreuzgratgewölbte Durchfahrt ist beidseitig von korbbogigen Steintorrahmen begrenzt und durch quadratische Pfeiler geteilt. Im dritten Stock schließen die obersten Postamente mit Steinkugelaufsätzen ab. Entlang der nordwestlichen Hofseite verbinden dreiachsige Arkadengänge die Vorraumloggien mit dem Hauptflügel am Glockenspielplatz. Sie ruhen im Erdgeschoß auf quadratischen Pfeilern und in den Obergeschossen auf balusterartig gestalteten Pfeilern. Die kantige Balusterform für Pfeiler und Balustraden ist für die Zeit um 1690 in Graz typisch. Das Stiegenhaus ist eine der bedeutendsten Treppenanlagen der Steiermark aus dem 17. Jahrhundert. Vermutlich wurden bei seiner Errichtung italienische Vorbilder herangezogen. Der ebenerdige Zubau entlang der Ostseite des hinteren Hofes wurde 1853 von Carl Aichinger als Pferdestall errichtet. Die Erdgeschoßräume sind gewölbt, wobei der älteste Teil in der Abraham-a-Sancta Clara-Gasse tiefgezogene Tonnengewölbe aufweist. Ansonsten sind Stichkappen- und Kreuzgratgewölbe häufig. Die Innenräume weisen keine historischen Details auf und sind modern eingerichtet.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Glockenspielplatz 5/Enge Gasse 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


06.09.2007