ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Fernstein


Graf Meinhard II von Görz-Tirol konnte 1266 die Herrschaft Imst-St. Petersberg erwerben. Zur Sicherung der schon damals wichtigen Straße, die von Deutschland über den Fernpass nach Italien verlief, ließ er in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts einen Wehrbau anlegen. Bereits 1288 wird ein Rudeger von Verrenstein genannt, der vermutlich Pfleger dieses Wohnturmes war. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts bestand hier bereits eine Straßensperre mit einem Tor, an dem Zoll eingehoben wurde. Damals wurde die Burg deutlich ausgebaut. 1446 erhielt Hans Kellner von Erzherzog Sigmund den Münzreichen die Veste Vernstein als Lehen übertragen, doch wurden bald wieder landesfürstliche Pfleger eingesetzt. Ab 1451 kam es unter Erzherzog Sigmund zu einem großzügigen Ausbau der Sperranlagen. Es entstand das Untere Haus sowie eine Sperrmauer, die vom Turm bis zur Straße im Tal verlief. Im Unteren Haus wurde eine Taverne eingerichtet. Für den notwendigen Pferdewechsel konnten hier bis zu 70 Pferde eingestellt werden. 1478 wurde unterhalb des neu erbauten Klausengebäudes eine Kapelle errichtet. 1543 verlegte König Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand I, die Straße vom Talgrund an den Berghang, was neue Sperranlagen erforderlich machte. Damals wurde auch jener Bau errichtet, aus dem das heutige Schloss hervorging. Als Kurfürst Moritz von Sachsen mit den Truppen des protestantischen Schmalkaldischen Bundes 1552 in Tirol einfiel und seinen Weg über den Fernpass nahm, konnte er hier in der Talenge durch 150 Wehrmänner des Landsturmes etwa 36 Stunden aufgehalten werden, wodurch sich der in Innsbruck weilende Kaiser Karl V noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Beim späteren Rückzug der Truppen kam es jedoch zu größeren Zerstörungen an den Gebäuden.

1606 wurde der Kartograph Wahrmund Igel als Pfandherr von Fernstein und Sigmundsburg eingesetzt. Da das unweit gelegene landesfürstliche Schloss Sigmundsburg in Verfall geraten war, wurden beide Güter von Fernstein aus verwaltet. Die Familie Reinhart von Thurnfels, die die Zollstätte von 1718 bis etwa 1780 als Pfandbesitz innehatte, ließ die Tordurchfahrt des Klausengebäudes überbauen und das zweite Obergeschoß desselben herrschaftlich ausstatten. Die dortigen Stuckarbeiten werden in die Jahre 1720 bis 1725 datiert. Nachdem man die Zolleinhebung 1780 auf die Passhöhe verlegt hatte, wurden die Gebäude von Fernstein versteigert. 1791/92 kaufte der Arzt Dr. Josef Anton von Ritter sowohl Sigmundsburg als auch Fernstein. Da 1856 die Straße neuerlich verlegt wurde, legte man auf die Erhaltung der Klause keinen Wert mehr. Die Burg war ohnehin schon seit dem 16. Jahrhundert zur Ruine geworden. Auf Baron Schimmelpfennig aus Berlin (1875) folgte gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Eigentümer der Brauereibesitzer Baron Ziegler. Er ließ sowohl das Zoll- als auch das Schreiberhaus im romantischen Stil der damaligen Zeit umbauen. König Ludwig II von Bayern hielt sich gerne hier auf. Er ließ in der Taverne ab 1872 für sich ständig zwei Zimmer reservieren und fürstlich ausstatten. Nach Zieglers Tod erbten die Benediktiner-Missionare von St. Ottilien in Bayern die historischen Gebäude oberhalb der Fernpassstraße. Sie renovierten diese um 1933, da sie planten, hier ein Sanatorium einzurichten, um eine unweit gelegene Radiumquelle zu nützen. Die Anlage wurde aber bald von der Familie Köhle gepachtet und 1960 erworben. Sie richtete im ehemaligen Schreiberhaus und im Klausengebäude einen Gastbetrieb ein, der mittlerweile zum Schlosshotel Fernsteinsee ausgebaut wurde.

Das hier besonders enge Tal und die steilen Berghänge waren für die Anlage einer Wegsperre und Zollstation besonders geeignet. Die Ruinen des einstigen Wohnturmes aus dem 13. Jahrhundert liegen auf einem gegen den Klausenbach vorgeschobenen Felsen. Der rechteckige Turm weist einen Hocheinstieg, Lichtschlitze sowie vereinzelte rohe Buckelquader auf. Er war einst mit einem Pultdach versehen. Seine Außenmaße sind ca. 11 x 8 m. Die Mauerstärke schwankt zwischen 1,1 und 2,2 Meter. Teile der bis zu vier Meter hohen Sperrmauer sind bis heute erhalten geblieben. Balkenlöcher zeigen an, dass sie einst mit einem hölzernen Wehrgang versehen war. Fernstein fällt heute in erster Linie aber durch das Schlosshotel auf. Es geht auf das im 16. Jahrhundert errichtete sog. Schreiberhaus zurück, das noch vor 1898 in ein romantisches zweigeschossiges Schloss umgebaut wurde. Die Innenräume sind im Stil der Neorenaissance getäfelt. Die historistische Ausstattung ist noch teilweise erhalten. Neben dem nun von schlanken dreigeschossigen Rundtürmchen flankierten neugotischen Bau sticht vor allem das fünfstöckige Klausengebäude mit der ehemaligen Straßendurchfahrt ins Auge. Die alte, aus dem Felsen geschlagene Straße durchzog in der Höhe des Erdgeschosses das Haus. Die Fassadengliederung des vierachsigen Baues erfolgt durch horizontale Geschoßbänder. Die Gebäudekanten werden durch eine Putzquaderung betont. An der Nordwand der Klause war bis 1933 ein turmartiger Anbau angefügt. Er wurde damals weitgehend abgebrochen. Wegen der steilen Hanglage ist das Untergeschoß nur an der Talseite ausgebaut. Das große Südost-Eckzimmer im zweiten Stuck zeigt eine stuckierte Flachdecke mit Seccomalereien. Im Mittelfeld ist eine Darstellung der Magna Mater Austriae (mit Ansichten von Fernstein und Innsbruck aus der Zeit um 1720) zu sehen. Weiters erkennt man Kaiser Joseph I und dessen Gattin, Amalie von Braunschweig-Lüneburg. Während die Malereien von einem bescheidenen lokalen Künstler stammen dürften, sind die Stuckarbeiten wesentlich qualitätvoller. Die unterhalb der Klause liegende spätgotische Kapelle ist den vierzehn Nothelfern geweiht. Ihre Malereien wurden 1595 durch Georg Pixner aus Landeck geschaffen. Der in Form eines Lebensbaumes gestaltete Nothelferaltar befindet sich schon seit 1780 in der Kapelle am Fernpass. Das Niederhaus am Talboden wurde im 19. Jahrhundert weitgehend verändert. Auch die Rondelle gehen auf die historistischen Umbauten zurück.

Lage: Tirol/Außerfern – ca. 6 km nördlich von Nassereith

Besichtigung: die Burgruine ist frei zugänglich, das Schlosshotel nur im Rahmen des Hotelbetriebes

Homepage: www.schloss-fernsteinsee.at


Weitere Literatur:


31.08.2007