ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






St. Peter in der Au - Schloss


St. Peter in der Au ist eine Burg-Kirchenanlage, die vermutlich auf die Hochfreien von Url zurückgeht, die das umliegende Land kolonisierten. Diese werden in der Zeit zwischen 1120 und 1286 häufig urkundlich genannt. Zeitweise waren sie Vögte des Klosters Seitenstetten. Man nimmt jedoch an, dass der Vorläufer des heutigen Schlosses unter Otto IV von Lengenbach im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts errichtet wurde. Als Otto V 1236 ohne Erben starb, wurde St. Peter landesfürstlich. Die Schenken von Dobra bemächtigten sich der Burg, obwohl diese der letzte Lengenbacher dem Kloster Admont testamentarisch vermacht hatte. Erst 1277 kam es zu einem Vergleich, wobei ein Drittel der Herrschaft sofort dem Kloster übereignet wurde und die restlichen zwei Drittel als erbliches Zinslehen Admonts bei den Erben Dietrichs von Dobra verblieben. Abt Heinrich II von Admont konnte 1293 gegen eine Entschädigung die ganze Herrschaft in den Besitz des Klosters bringen. Er ließ anschließend die Wehreinrichtungen sowie das Innere der Burg modernisieren. 1298 verpfändete Herzog Albrecht I das Gut an den Bischof von Freising. Nachdem die Verpfändung 1330 aufgehoben wurde, kümmerten sich landesfürstliche Burggrafen bzw. Pfleger um die Verwaltung. 1412 musste Reinprecht von Wallsee, der in einer Fehde mit Christian von Zinzendorf die Burg in Besitz genommen hatte, diese wieder zurückstellen. Ab 1450 kam es wieder zu häufig wechselnden Pfandherrschaften (u. a. Pankraz von Plankenstein, Hans von Rohrbach und Leonhard von Hohenfeld).

Der bekannteste Schlossherr war aber Freiherr Wilhelm Seeman von Mangern. Er ließ zwischen 1557 und 1587 die gotische Burg in ein Renaissanceschloss verwandeln. Die untertänigen Bauern wurden hiefür zu umfangreichen Robotleistungen herangezogen. Während des Bauernaufstandes von 1597 wurde Wilhelm Seeman in seinem eigenen Schloss von den wütenden Bauern eingekerkert, obwohl er bereits schwer krank war. Er wurde erst freigelassen, als er versprach, seinen Untertanen ihre alten Rechte wieder zu geben. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden zwei Rädelsführer hingerichtet. Bis 1848 mussten die Bauern jährlich Abbitte vor dem Schloss leisten. Ab 1621 befand sich St. Peter im Besitz der Gräfin Katharina von Losenstein (geb. Seemann) und des Jakob von Herberstein. 1682 folgte Gottlieb Graf Windischgrätz, der eine teilweise Barockisierung des Schlosses in Auftrag gab. Bei seiner Familie blieb St. Peter bis 1845. Als 1801 das Schloss als Militärspital diente, brach hier eine epidemische Krankheit aus, so dass die gesamte Einrichtung verbrannt und erneuert wurde. Der nächste Schlossbesitzer war Wilhelm Freiherr von Schönewitz. Er nahm eine Restaurierung im Stil des Historismus vor, wurde aber bereits 1851 durch Arthur Graf Segur-Cabanac abgelöst. Dessen Familie behielt St. Peter bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Es wurde dann an die Gemeinde verkauft, gelangte aber bald in Privatbesitz. In den letzten Jahrzehnten wurde das Schloss weitgehend vernachlässigt. Zu einer umfassenden Renovierung kam es erst vor wenigen Jahren, nachdem es 1999 wieder in das Eigentum der Marktgemeinde St. Peter übergegangen war und für die Niederösterreichische Landesausstellung 2007 adaptiert wurde. Auch der Park wurde neu gestaltet. Nach Schluss der Ausstellung wird das Schloss der Gemeinde als Kulturzentrum dienen.

Das ehemalige Wasserschloss bildete mit der stark befestigten Pfarrkirche eine Wehreinheit. Es liegt etwas tiefer als die Kirche und ist mit ihr seit dem 17. Jahrhundert durch einen 27 m langen Bogengang, der über den Graben führt, verbunden. Dieser Graben ist an den beiden Parkseiten noch heute mit Wasser gefüllt. Das Schloss ist ein zweigeschossiger unregelmäßiger Vierflügelbau. Seine ältesten Teile sind der spätromanische Bergfried sowie die Außenmauern des Ost- und Südflügels. Durch ein barockisierendes Gittertor gelangt man über eine gemauerte Brücke, die den hier trockenen Graben überspannt, zum Renaissanceportal aus dem vierten Viertel des 16. Jahrhunderts. Das Gebälk sowie die Umrahmung sind mit einer Diamantquaderung versehen. Durch zwei tief angeordnete Schlüsselscharten konnte der Eingang verteidigt werden. Die Rollen der einstigen Zugbrücke sind noch zu erkennen. Über dem Tor deutet ein –Dreiecksgiebel einen nicht vorhandenen Mittelrisalit an. Die einstige Giebelmalerei war bei der Restaurierung des Gebäudes nicht mehr zu retten. Der im Norden gelegene Eingangstrakt sowie der Westflügel stammen von den Erweiterungen des Freiherrn Wilhelm Seemann von Mangern. Ihre spätere Bauzeit ist an den wesentlich schmäleren Außenmauern zu erkennen. Das Kreuzgratgewölbe der zweischiffigen Torhalle ruht auf drei abgefasten spätgotischen Steinpfeilern. Der qualitätvolle Renaissance-Wappengrabstein des Freiherrn Johann Seemann von Mangern kommt wegen der derzeit davor aufgestellten Verkaufstände kaum zur Geltung. Er stammt aus dem Jahr 1583 und wurde ihm von seinem Bruder Wilhelm gewidmet. Das lebensgroße Relief eines gepanzerten Ritters wurde von Johann Dessmann geschaffen.

Hat man die Torhalle passiert, so steht man im geräumigen, viereckigen, aber unregelmäßig verzogenen Innenhof. Er beeindruckt durch die zweigeschossigen Arkaden, die Katharina Gräfin von Losenstein um 1621 anbauen ließ. Die weiten Korbbögen der Erdgeschoßlauben an der Ost- und der Südseite werden von stämmigen Mauerpfeilern getragen, während die an der Ost-, Süd- und Westseite des Hofes liegenden Arkaden des ersten Stocks geringere Spannweiten haben und auf toskanischen Säulen ruhen. Die Arkaden der Ostseite wurden bereits im 17. Jahrhundert verglast. Ein spätgotisches Maßwerkfenster stammt aus der Zeit um 1500, das profilierte Schulterbogenportal an der Nordseite gehört der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an. Rechts von der Toreinfahrt springt der quadratische Bergfried aus der Westseite vor. Er überragt das Schloss um zwei Geschosse. Im 17. Jahrhundert wurde sein Inneres in ein Treppenhaus umgebaut. Der fünfstöckige Turm wird seit 1845 von einer zinnengekrönten Plattform abgeschlossen. Am Vischer-Stich von 1672 ist er noch mit einem barocken Zwiebelhelm zu sehen. Im unteren Bereich weist er bei einer Seitenlänge von nur 8,7 m eine Mauerstärke von 3,5 m auf. Sein äußerst unpassender Aufsatz wird hoffentlich nach Abschluss der Landesausstellung wieder abgebaut werden. Das neue Zeltdach, mit dem der Hof überspannt werden kann, ist zwar für Veranstaltungen sehr nützlich, trägt aber nicht zur Verschönerung bei. Im Inneren hat sich von der einstigen Ausstattung wenig erhalten. Immerhin gibt es einen schönen barocken Kachelofen von 1680 sowie einige Gemälde der einstigen Herrschaftsinhaber. Die Räume des Erdgeschosses sind gewölbt, jene des Obergeschosses meist flach gedeckt und teilweise mit Stuck verziert.

Lage: Niederösterreich/Mostviertel – ca. 20 km südwestlich von Amstetten

Besichtigung: während der bis 4. November 2007 laufenden Ausstellung „Feuer und Erde“ kann das Schloss täglich von 09.00 bis 17.00 besucht werden.


Weitere Literatur:


27.08.2007