Als die Stadt Retz 1279 durch Berthold von Rabenswald-Schwarzburg planmäßig angelegt wurde, verlegte man den ursprünglich zur Burg Althof gehörenden Meierhof in die diagonal gegenüberliegende Südostecke der Stadtbefestigung. Er wurde bald zum Wohn- und Wehrbau ausgebaut. 1307 wird dieser erstmals urkundlich erwähnt. 1481 gelangte die Herrschaft Retz an Kaiser Friedrich III, doch wurde die Stadt bereits vier Jahre später vom ungarischen König Matthias Corvinus erobert. Der von ihm als Burggraf und Stadthauptmann eingesetzte Nikolaus Bethlen ließ den einstigen Meierhof endgültig in eine spätgotische Stadtburg verwandeln. Da der Althof bereits 1427 weitgehend von den Hussiten zerstört worden war, übernahm die Stadtburg die Aufgabe eines Herrschafts- und Verwaltungssitzes. 1509 verpfändete der Landesfürst Retz an die Familie Eytzing. Auf sie folgte als Pfandherr 1601 Wolf von Unverzagt. 1630 kauften die Grafen Hoyos die Herrschaft. Auf Grund der strittigen Besitzverhältnisse mussten sie jedoch über 30 Jahre einen Prozess führen, bis sie das Schloss tatsächlich übernehmen konnten. Dieses war jahrzehntelang leer gestanden und zeigte bereits Verfallserscheinungen. 1663 konnte man endlich einen Um- bzw. Neubau im Stil der Spätrenaissance beginnen. Das Hauptgebäude war zwar 1672 bereits vollendet, doch zogen sich die Arbeiten an den Hofflügeln und im Inneren noch bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts hin. 1709 erwarb der kaiserliche Hof- und Kriegsrat Konstantin Josef von Gatterburg die Herrschaft. Auf ihn geht die 1712 erfolgte Barockisierung des Schlosses zurück. Neben Retz gehörten ihm auch die Herrschaften Zwölfaxing und Pellendorf. 1717 wurde die Familie Gatterburg in den Grafenstand erhoben. Laut einer Retzer Chronik soll 1742 der preußische König Friedrich der Große im Schloss gespeist und dem Retzer Wein zugesprochen haben. Das Herrschaftsverhältnis wurde zwar 1848 aufgelöst, doch blieb das Schloss bis heute im Besitz der Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg erbte Matthias Suttner, ein Neffe des verunglückten letzten Grafen Gatterburg den Besitz und nahm den Doppelnamen Suttner-Gatterburg an. Die Schäden aus der russischen Besatzungszeit sind längst behoben und das Schloss dient wieder als Wohnsitz des Eigentümers Matthias Suttner-Gatterburg.
Schloss Gatterburg ist eine nahezu quadratische Anlage mit einer Seitenlänge von etwa 48 m, wobei das langgestreckte dreigeschossige Hauptgebäude den Südtrakt bildet. An dessen Gartenfront springen zwei zweiachsige turmartige Eckrisalite vor. An der Stelle des seichten hofseitigen Mittelrisalits könnte sich einst ein Turm befunden haben. Die Gebäudeecken sind mit Ortsteinrahmungen versehen. Das profilierte Hofportal zeigt eine Rustikarahmung. In der Mitte des Daches wurde 1712 der hohe Dachreiter mit Zwiebelhelm aufgesetzt. Er diente als Uhr- und Glockenturm. Da man bei der Erbauung die Stadtmauer als Bering des Osttraktes nutzte, dürfte der südöstliche Risalit einst auch als Turm der Stadtbefestigung gedient haben. Ob auch der südwestliche Risalit diesen Zweck hatte, ist möglich aber nicht sicher. An den Haupttrakt schließen nach Norden zu zwei eingeschossige Wirtschaftsflügel an, wobei der östliche die einstigen Stallungen beherbergte. An der Westseite führt eine steinerne Brücke zur Hofeinfahrt, einem Rundbogenportal mit Rustikapilastern aus der Bauzeit. Im segmentbogigen Torgiebel ist eine Wappenkartusche der Grafen Gatterburg (nach 1717) angebracht. Der dahinter liegende Torbau wird von steinernen Blindbalustraden abgeschlossen.
Der ehemalige Schüttkasten an der Nordfront des geräumigen Hofes wurde 1990 in einen Saal für die angrenzende Schlosstaverne umgebaut. Hier ist auch das Fahrradmuseum untergebracht. Die Innenräume des Haupttraktes wurden durch einen hofseitigen Gang erschlossen. Jener im ersten Stock wurde aber gegen Ende des 18. Jahrhunderts in mehrere Zimmer abgeteilt. Die Räume sind in den ersten beiden Geschossen meist tonnengewölbt. Im Wohnbereich weisen sie vorwiegend Flachdecken auf, die zum Teil mit Stuck aus der Zeit um 1670 geschmückt sind. Von der alten Einrichtung sind vor allem einige schöne Kamine und Öfen geblieben. Im ersten Stock des südöstlichen Eckrisalits liegt der Festsaal mit seiner Renaissancedecke. An die spätgotische Bauphase erinnern heute nur mehr eine Schneckenstiege sowie die Gewölbe des Untergeschosses. Die zweiläufige Haupttreppe gehört aber dem Renaissanceumbau an. Die Schlosskapelle, die 1687 eine päpstliche Messlizenz erhielt, wurde nach 1793 in einen Wohnraum umgewandelt. Das Schloss war einst von einem Graben umgeben und zusätzlich durch einen Wall geschützt. An der Stelle dieser längst geschliffenen Verteidigungsanlagen erstreckt sich heute im Süden und Osten eine Parkanlage. An der Westseite befindet sich ein Parkplatz. Der Graben ist hier noch ansatzweise zu erkennen.
Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 14 km südwestlich von Znaim
Besichtigung: nur von außen möglich
Weitere Literatur:
21.08.2007