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Oberwallsee


Eberhard von Wallsee hatte 1333 den Brüdern Ulrich und Friedrich von Prüschenk die Herrschaft Freudenstein abgekauft und sie durch Zukäufe deutlich vergrößert. Im Oberösterreichischen Landesarchiv in Linz wird eine Urkunde vom 30. Oktober 1364 aufbewahrt, in der Herzog Rudolf IV seinen Landeshauptmann in Österreich ob der Enns, Eberhard von Wallsee, ermächtigte, sich auf dem Klausberg eine Burg zu bauen und diese Wallsee zu nennen. Die Bauarbeiten wurden umgehend begonnen und waren um 1386 vollendet. Damit gehört die Anlage zu den relativ wenigen mittelalterlichen Burgen des Landes, bei denen der Zeitpunkt ihrer Erbauung genau bekannt und urkundlich belegt ist. Zum Unterschied zur bereits 1362 an der niederösterreichischen Donau errichteten Feste Niederwallsee wurde sie bald Oberwallsee genannt. Sie zählte damals zu den stärksten Burgen des Landes und sollte den rivalisierenden und benachbarten Herren von Schaunberg Respekt einflößen. 1415 erhielt Reinprecht V von Wallsee zu seiner Herrschaft von Herzog Albrecht V die Blutgerichtsbarkeit verliehen. Mit Oberwallsee war auch das Amt des Erbmarschalls von Österreich ob der Enns verbunden. Die Familie starb 1483 mit Wolfgang von Wallsee aus. Über die Erbtochter Barbara gelangte die Herrschaft an die Schaunberger. Diese setzten 1501 Christoph den Cammerer als Pfleger ein. Graf Georg von Schaunberg verpfändete 1540 die Herrschaft mit dem Landgericht an Kaspar Neuhauser. Nachdem Graf Wolfgang II von Schaunberg 1559 als Letzter seines Stammes verstorben war, zog Kaiser Ferdinand I Oberwallsee ein und belehnte im nächsten Jahr den kaiserlichen Rat Hans Hofmann von Grünpichl damit.

Auf die Grünpichl folgte Pankraz Schmiedtauer. Jobst Schmiedtauer ließ um 1600 die spätmittelalterlichen Bauten zu einem wohnlicheren Schloss umbauen, was die hohen Fenster dokumentieren. Er ließ die Vorburg erweitern und an der Südseite einen zweiten Torbau im Renaissancestil errichten. Auch eine Wasserleitung wurde in das Schloss geführt und die Abhänge des Schlossberges als Gartenanlage gestaltet. 1625 wurde der Familienbesitz der protestantischen Schmiedtauer konfisziert und an Fürst Hans Ulrich von Eggenberg vergeben. Als Thomas Gundacker Graf Starhemberg 1717 das Erbmarschallamt verliehen bekam, erhielt er auch die damit verbundene Herrschaft Oberwallsee als Dotationsgut. Im 18. Jahrhundert wurde die Verwaltung der Herrschaft, zu der um 1750 immerhin 211 Wohnstätten gehörten, in das unweit gelegene Schloss Eschelberg verlegt, so dass bald nur mehr einige Handwerker und Kleinhäusler in den Wirtschaftsgebäuden lebten. In die Erhaltung des Schlosses wurde nichts mehr investiert. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Dächer bereits weitgehend zerstört, die einzelnen Gebäude waren aber noch in einem relativ guten Bauzustand. Erst danach verschlechterte sich dieser rapid. Oberwallsee gehörte zu jenen Gütern, die der Heimwehrführer Ernst Rüdiger II Fürst Starhemberg 1931 zur Sanierung seiner Finanzen abstoßen musste. 1958 wurde die Ruine mit den dazugehörigen Wäldern von der Familie Prokisch-Frank erworben, die die Gebäude der Vorburg wieder bewohnbar machte. Bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden an der Hauptburg dringend erforderliche Sicherungsarbeiten durchgeführt. Danach blieb die Ruine wieder ihrem Schicksal überlassen.

Das 4.300 m² große Oberwallsee ist längst wieder weitgehend von Unterholz verwachsen. Eine bereits leicht verwitterte Tafel, die auf die hohen Kosten der Erhaltung der Ruine hinweist, wirkt heute etwas unmotiviert. Die stattliche Anlage ist seit der Renaissancezeit von einer durch Strebepfeiler verstärkten Ringmauer umgeben, die der Geländeformation folgt. Ihre Mauerstärke beträgt mehr als zwei Meter. Durch einen relativ gut erhaltenen, einst zweigeschossigen Torbau an der Nordwestseite gelangt man in den 12 m höher gelegenen, großen Vorhof. Das spätgotische Burgtor war auch mit einer Fußgängerpforte versehen. Davor lag ein Graben, über den eine Holzbrücke führte. Die von den Ruinen der ehemaligen Nebengebäude halbkreisförmig umgebene, nahezu runde Hauptburg hat eine Grundfläche von 1.440 m². Die zahlreichen überdimensionierten Fenster des dreigeschossigen Wohntraktes zeigen an, dass dieser in einer Zeit seine heutige Gestalt erhielt, als man auf Wehrhaftigkeit keinen Wert mehr legen musste. Die großen Fensternischen sind mit gemauerten Sitzbänken ausgestattet. Die meisten Räume konnten mit Kaminen beheizt werden. Die Mauern bestehen aus Bruchsteinmauerwerk, wobei die Gebäudeecken durch Granit-Ortsteine verstärkt sind. Oberwallsee weist keinen Bergfried mehr auf. Vermutlich stand einer im Norden des Burgareals, wie man aus den Stichen von Merian und Vischer schließen kann. Es gibt jedoch keine Bauspuren mehr davon. Im Hof ist noch die gotische Burgkapelle zu erkennen. Sie wurde 1386 an den Palas angebaut und dem Hl. Pankratius geweiht. Ihr Kreuzrippengewölbe ist zwar längst eingestürzt, doch haben sich einige schlanke Wandsäulen erhalten, die einst die Rippen stützten. Unterhalb der Hauptburg liegen geräumige Kellerräume. Der einzige gut erhaltene Bau von Oberwallsee ist das sog. Hausstöckl. Es gehörte zur südlichen Vorburg, die am Fuße des Schlossberges liegt und heute noch Wohnzwecken dient.

Lage: Oberösterreich/Mühlviertel – ca. 2 km nördlich von Bad Mühlacken

Besichtigung: ganzjährig möglich


Weitere Literatur:


04.07.2007