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Weißenstein


Der lange Zeit als Burg Matrei bezeichnete Wehrbau ist eine Gründung der schwäbischen Grafen von Lechsgemünd. Im Zusammenhang mit einer Schenkung wird Graf Konrad von Lechsgemünd um 1160 im Neustifter Traditionsbuch erwähnt. Er nannte sich damals bereits nach Matrei. Möglicherweise ist er der Bauherr. Nachfolger wurde sein Neffe Heinrich IV von Lechsgemünd. Er war mit Wilburgis, der Schwester des Patriarchen von Aquileia verheiratet. Da er keine Kinder hatte, übertrug er sein Vermögen noch zu Lebenszeit an das Hochstift Salzburg. Allerdings erhob auch der Patriarch von Aquileia Ansprüche auf die Burg und musste durch einen Gütertausch abgefunden werden. Dennoch entstand ein jahrzehntelanger Konflikt um Matrei. Graf Albert III von Tirol war mit Uta, der Tochter Heinrichs IV verheiratet und wollte auf ihr Erbe nicht verzichten. Um 1244 kam es sogar zu einer Fehde zwischen ihm und dem Salzburger Erzbischof Eberhard. Erst 1292 kam es durch einen Vergleich zu einem dauerhaften Frieden. Matrei wurde damals von Salzburger Burggrafen verwaltet, die sich nach der Herrschaft nannten. Als solcher wird Pilgrim von Matrei 1289 erwähnt. Mit der Herrschaft Windisch-Matrei war ein Salzburger Pfleggericht verbunden. Allerdings mussten die hier verhängten Todesurteile im Landgericht Lienz, das zu Tirol gehörte, vollzogen werden. Um zu vermeiden, dass die auf Matrei sitzenden Burggrafen zu viel Macht bekamen, setzten die Salzburger Bischöfe nun vorwiegend Kleinadelige als Pfleger ein. Lediglich zwischen 1407 und 1414 wurde Matrei als Pfand vergeben. Im 15. Jahrhundert setzte sich für die Burg allmählich der Name Weißenstein durch. Erzbischof Leonhard von Keutschach ließ zu Beginn des 16. Jahrhunderts die bis dahin recht bescheidene Anlage deutlich ausbauen und stärker befestigen. 1524 überließ Erzbischof Matthäus Lang dem Salzburger Domkapitel die Herrschaft zur Versorgung des Dompropstes.

Während des Bauernkrieges von 1525 wurde die Burg vorsichtshalber mit Tiroler Soldaten belegt, aber nicht angegriffen. 1645 wäre es fast zu neuen Unruhen unter der Bevölkerung gekommen, da der Pfleger Johann Helmreich wegen seiner Härte bei den Bauern äußerst verhasst war und sich diese weigerten, ihre hohen Steuerschulden zu begleichen. Erzbischof Paris Graf Lodron pachtete hierauf die Herrschaft, ließ Helmreich ab- und eine Untersuchungskommission einsetzen. Sicherheitshalber wurden 30 Musketiere in die Burg verlegt. Da Weißenstein längst keine militärische Bedeutung mehr besaß und von seinen Eigentümern auch nicht mehr bewohnt wurde, hielten sich die Salzburger Domherren mit Investitionen zurück. Auch die Pfleger zogen in das Verwalterhaus im Ort. Ihr Amt wurde vom 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts an die Familie Lasser vergeben. Sie war 1708 mit dem Prädikat „von Zollheim“ in den Ritterstand erhoben worden. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts war das Pflegeamt sogar erblich geworden. Sechs Generationen der Familie hatten es inne. Die Burg war schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts praktisch unbewohnt. Nach der Säkularisierung Salzburgs im Jahr 1803 wurde die Herrschaft Windisch-Matrei vom österreichischen Staat übernommen. Die Gemeinde Matrei konnte das Schloss 1823 ersteigern und es zeitweilig als Armenhaus verwenden. 1863 wurde es an den Wiener Baumeister Franz Poduschka verkauft. Dieser ließ die Halbruine im Stil der Neugotik restaurieren und richtete 1875 ein komfortables Hotel mit einem eigenen Badetrakt darin ein. Es war jedoch kein Erfolg und musste bald geschlossen und verkauft werden. Unter dem Freiherrn Adalbert von Mengershausen fand ab 1896 eine neuerliche Generalrenovierung, diesmal im Stil der Neoromanik, statt. Im Inneren war der Matreier Bildhauer Virgil Rainer drei Jahre lang als Kunsttischler tätig. Von ihm stammen die meisten Türen, aber auch Tische und Stühle. 1921 erwarb Else von Thieme den Besitz. Zu ihren Nachkommen zählt auch der bekannte Pianist und heutige Mitbesitzer Jörg Demus. Derzeit wird das Schloss zum Kauf angeboten.

Weißenstein liegt auf einem nach drei Seiten steil abfallenden Felsen nördlich von Matrei neben der Felbertauernstraße. Es beherrscht den Matreier Talkessel und kontrollierte den alten Tauernübergang. Das heutige Aussehen der Burg wird weitgehend von den Umbauten des späten 19. Jahrhunderts geprägt. Trotz der damaligen Veränderungen ist die alte Anlage aber noch gut zu erkennen. Auf dem relativ kleinen Areal drängen sich drei Türme. Angriffe waren nur an der Bergseite zu erwarten. Sie wurde mit zwei Türmen gesichert, die durch eine etwa zwei Meter starke und 18 m lange Schildmauer verbunden sind. Um 1500 wurde die Angriffsseite durch einem Zwinger mit Graben und zwei nach innen offenen Rondelltürmen zusätzlich gesichert. Sie waren zur Artillerieverteidigung eingerichtet. Der trapezförmige Seinzgerturm hat seinen Namen vom Seinitz- oder Tauerntal, dessen Eingang er bewachte. Es handelt sich dabei möglicherweise um einen ehemaligen Wohnturm, der in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert errichtet wurde. Seine zahlreichen Bi- und Triforienfenster stammen aber ebenso wie die Zinnen und die Treppe vom Ende des 19. Jahrhunderts. Zu den ältesten Teilen der Burg gehört auch der heute weitgehend verbaute, quadratische Bergfried. Mit seinen bis zu 1,9 m dicken Mauern wurde er als ausbruchssicheres Gefängnis für das Pflegschaftsgericht genutzt. Im Erdgeschoß eines weiteren Turmes an der Südseite befand sich die bereits 1341 erwähnte und später reich dotierte St. Laurentius-Kapelle. Dieser 1896/99 romanisierte Turm dominiert heute die Anlage. An seiner Westseite sind noch zwei völlig verblasste Freskenreste zu erahnen. Sie werden Simon von Taisten zugeschrieben. Von der ehemaligen Kapelle ist aber nur mehr ein Fester vorhanden. Der Kapellenraum ist den Umbauten zum Hotel zum Opfer gefallen. Das ursprüngliche Inventar war aber bereits 1640 bei einem Einbruch verloren gegangen. Das Altarblatt mit dem Martyrium des Hl. Laurentius befindet sich heute in der Pfarrkirche von Matrei. An der Talseite liegt der viergeschossige Palas. Von allen Burgbauten wurde er im 19. Jh. am wenigsten verändert. Seine nach Süden gerichteten schmalen Doppelfenster sind noch teilweise original. Im obersten Wohngeschoß liegt der sog. „Rittersaal“. Er diente um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts als Speisesaal des Hotels. Im darüber liegenden Dachgeschoß war noch im 17. Jahrhundert eine Waffenkammer eingerichtet. Die Hotelumbauten haben die Innenräume des Schlosses stark verändert. Der Park, der das Gebäude umgibt, wurde 1875 neu angelegt.

Lage: Tirol/Osttirol – am Ortsrand von Matrei

Besichtigung: nur von außen möglich, der Schlosspark ist frei zugänglich


Weitere Literatur:


28.06.2007