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Festenburg


Der Landstrich, in dem die Festenburg liegt, gehörte im 11. Jahrhundert den Grafen von Wels-Lambach. Über die Markgrafen von Steyr gelangte das Gebiet später an die Grafen von Formbach-Neuberg und dann an die Stubenberger. Die Festenburg scheint erst 1353 und damit relativ spät urkundlich auf. Sie dürfte aber bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von einem Gefolgsmann der Stubenberger gegründet worden sein. Zwar wird in einer Urkunde des Stiftes Admont aus dem Jahr 1175 ein Wichard de Vestenbruch genannt, doch glaubt man heute, dass dieser in der Gegend um Altenmarkt an der Triesting zu Hause war. Da keiner der Eigentümer hier ständig wohnte, wurde die Herrschaft von angestellten Burggrafen verwaltet. Im 14. Jahrhundert hatten Mitglieder der Familie Teufenbach mehrfach dieses Amt inne. Durch die Heirat einer Stubenbergerin mit Simon I von Mattersdorf-Forchtenstein war die Festenburg zu Beginn des 14. Jahrhunderts an dessen Familie gekommen. Die Burg war damals zweigeteilt. Niklas von Mattersdorf verkaufte 1353 die halbe Burg seinem Onkel Ulrich von Pergau als dessen freies Eigen. Die andere Hälfte gehörte Niklas dem „Guniameister“. Auch er überließ seinen Anteil 1355 Ulrich von Pergau. Von dessen Tochter Sophie kauften 1366 die Brüder Leutold und Rudolf von Stadeck die Herrschaft. Leutold war Landeshauptmann in Krain und dann auch in der Steiermark. Mit seinem gleichnamigen Enkel starb die Familie 1400 aus. Sowohl dessen Schwester Guta als auch seine (Stief)mutter Anna heirateten in die Familie der Grafen von Montfort ein, denen in Vorarlberg die Grafschaft Bregenz gehörte. Ihr steirischer Besitz um Pfannberg und Peggau war ihnen bereits als Mitgift zugefallen.

Hugo von Montfort, der Anna geheiratet hatte, war ein bekannter Minnesänger. Er ließ 1409 das Montforter Urbar anlegen, das auch eine genaue Beschreibung der eher bescheidenen Herrschaft Festenburg enthält. Zu ihr gehörten damals 16 Bauernhöfe, 15 Hofstätten und zwei Mühlen sowie eine herrschaftliche Säge, die verpachtet war. Auch die Abgaben der untertänigen Bauern waren nicht übertrieben hoch. 1416 erwarb Caspar von Saurau die Burg, während die Lehenshoheit aber bei den Grafen von Montfort verblieb. Damals existierten noch eine obere und eine untere Burg. Die obere wurde 1454 durch Brand zerstört, aber bald wieder aufgebaut. Caspars Söhne Ulrich, Jörg, Wolfgang und Kaspar hielten jeder ein Viertel an der Herrschaft. Ein gegenseitiges Vorkaufsrecht sollte eine Zersplitterung vermeiden. Ein gemeinsam bestellter Pfleger war für die Verwaltung und die Verteidigung verantwortlich. Auf Grund ihrer entlegenen Lage und ihrer wehrhaften Ausstattung diente die Burg als sichere Zufluchtsstätte und eine Art Schatzkammer, in der die wichtigsten Familienurkunden aufbewahrt wurden. Den türkischen Streifscharen gelang es 1529 nicht, die Festenburg einzunehmen. Sie richteten aber im Herrschaftsgebiet schwere Schäden an. Bei ihrem Abzug mussten sie ein großes Geschütz zurücklassen. 1532 belagerten die von Güns kommenden Türken neuerlich die Anlage, konnten aber von einem Bauernaufgebot vertrieben werden. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatte die Festenburg durch Erbteilung bereits mehrere Besitzer aus der Familie Saurau erhalten. Sie war zur Ganerbenburg geworden, da den Mitbesitzern einzelne Gebäude gehörten. Erst 1573 gelang es Sigmund von Saurau wieder den gesamten Besitz in seine Hand zu bringen. Bei den Sauraus blieb die Festenburg genau 200 Jahre lang.

Zur Zeit der Gegenreformation war der protestantische Andreas Sigmund von Saurau gezwungen, die Feste 1616 an das Stift Vorau zu verkaufen. Seiner Mutter wurde aber ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt. Propst Daniel Gundau, der auch für den barocken Ausbau des Stiftes verantwortlich war, ließ den Ostteil der Burg zur Schlosskirche St. Katharina umbauen. Im etwas tiefer gelegenen Westteil wurde ein Wohntrakt errichtet. Beim Türkeneinfall von 1683 flüchteten viele Bewohner aus den umliegenden Orten in die noch wehrhafte Burg. Sie wurde aber nicht angegriffen. Zwischen 1707 und 1723 veranlasste Propst Philipp Leisl den Ausbau der Wohngebäude. Er hatte vor, Chorfrauen anzusiedeln, da diese hier besser geschützt gewesen wären, als in ihrem Kloster Kirchberg. Dieser Plan wurde jedoch bald aufgegeben und die Anlage diente in erster Linie als Erholungsort für die Vorauer Chorherren sowie als deren Alterssitz. Daneben war die Festenburg natürlich Herrschaftszentrum. Aus der Steuerrektifikation des Jahres 1750 geht hervor, dass die steuerliche Belastung der Untertanen bereits wesentlich höher und vielfältiger als im Mittelalter war. Dazu kamen noch meist 30 Tage Handrobot und zwischen 19 und 28 Transportdienste pro Jahr. Anderseits durften die Bauern kostenlos bestimmte Mengen Holz in den stiftseigenen Wäldern schlägern. Leisl ließ die Gebäude zum Teil in Kapellen und Kirchen verwandeln, wodurch die Festenburg ihr charakteristisches Aussehen erhielt. Sein Nachfolger Graf Webersberg stattete sie mit Fresken und Gemälden aus, die einerseits der Hl. Katharina gewidmet waren und anderseits die Geheimnisse des Freudenreichen und des Glorreichen Rosenkranzes symbolisieren. Teile der Burg ähneln daher heute einem Kalvarienberg. Nachdem die Festenburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereits teilweise verfallen war, wurde sie anschließend wieder hergerichtet. Von 1889 bis zu seinem Tod im Jahr 1928 diente die Burg dem Pfarrer und Schriftsteller Dr. Ottokar Kernstock als Wohnsitz. Er war Vorauer Chorherr und als „Sänger auf der Festenburg“ weithin bekannt. Kernstock ist neben Peter Rosegger der bedeutendste volkstümliche Schriftsteller der Steiermark. Er schuf auch den Text jener österreichischen Bundeshymne, die von 1934 bis 1938 in Verwendung stand. 1892 wurde die Burg zur Pfarre erhoben. Sie befindet sich noch heute im Besitz des Stiftes Vorau und wird als Pfarrhof sowie für andere kirchliche und museale Zwecke genützt. Das 1988 begonnene umfangreiche Restaurierungsprogramm konnte vor wenigen Jahren abgeschlossen werden. Gelegentlich finden in den Räumen Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen statt.

Die Festenburg liegt in einsamer Lage auf einer an drei Seiten steil abfallenden Bergkuppe zwischen den Tälern des vorderen und des hinteren Waldbaches. Nur im Norden ist der Burgplatz durch einen schmalen Sattel mit den anschließenden Hügeln verbunden. Im Süden sind zwei Basteien vorgelagert. Im Osten, Süden und Westen ist die Burg von einem Zwinger umgeben, der von einer Wehrmauer begrenzt wird. Ihr einst tiefer, teils in den Felsen gehauener Graben ist heute fast gänzlich verschwunden. Die relativ große Anlage ist um einen lang gestreckten unteren und einen kleineren oberen Hof gruppiert. Sie entstand in drei Bauperioden. Von der mittelalterlichen Burg sind noch der Torbau mit dem Zwinger sowie Reste des Bergfrieds erhalten. Gotische Bausubstanz ist auch noch in den Kellerräumen ersichtlich. Der größte Teil des Bauwerks stammt aber aus dem 17. Jahrhundert. Der endgültige Umbau in eine Art Klosterburg erfolgte dann im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts. Durch ein spitzbogiges Vortor in der Bruchsteinmauer gelangt man in einen kleinen zwingerartigen Vorhof, in dem sich Brunnenstatuen des Christus mit dem Kreuz und der kopflosen Katharina von Alexandrien aus der Zeit um 1720 befinden. Es folgt eine überbaute Einfahrt, die in den lang gestreckten unteren Hof am Fuß des Burghügels führt. Dieser wird von den Gebäuden des Leisl’schen Neuschlosses eingefasst. Es handelt sich dabei um dreigeschossige Wohntrakte. Die bereits stark verblassten Freskomalereien aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts über dem Eingang zum Westtrakt wurden im Zug der Gesamtrestaurierung der Burg wieder aufgefrischt. An der Ostseite des ersten Obergeschosses liegen einige Gedächtnisräume für Dr. Ottokar Kernstock. Der viereckige Bergfried sicherte die nordöstliche Ecke der Burg. Er hatte einst fünf Geschosse, ist aber heute ganz in den Schlossgebäuden verbaut.

Neben dem mächtigen Torbau in der Nordwestecke der Burg führt eine breite Treppe über den „Kalvarienberg“ zur ehemaligen Kapelle, die Propst Gundau zu einer zweigeschossigen Kirche ausbauen ließ. Sie liegt an der Stelle des Palas bzw. des ehemaligen Rittersaals. Der rechteckige Saalraum ist ganz mit Fresken bedeckt. Sie sind ein Hauptwerk des Vorauer Stiftsmalers Johann Cyriak Hackhofer. Er durfte Decke und Wände im Sinne eines barocken Gesamtkunstwerks gestalten. 1710 war dieses vollendet. Die dem Eingang gegenüber liegende Schmalseite der Kirche wird vollständig von dem monumentalen Altar eingenommen. Er täuscht aufwändige Marmorsäulen und plastischen Schmuck vor, doch bestehen diese nur aus bemalten Brettern. Das Deckenfresko nimmt eine Fläche von etwa 100 m² ein. Da nur weibliche Personen abgebildet sind, wird es auch als „Festenburger Frauenhimmel“ bezeichnet. Es ist ein Spitzenwerk der barocken Monumentalmalerei der Steiermark und stellt eine Verherrlichung der Hl. Katharina dar. Der 1964 restaurierte Sakralraum dient als Pfarrkirche. Der sog. Kalvarienberg ist eine Folge von Kapellenräumen und –nischen, die von der Treppe zur Pfarrkirche aus zugänglich sind. Gleich beim Eingang liegt die Loretokapelle. Die Fresken an den Wänden und an der Decke zeigen das Innere der Santa Casa, also des Elternhauses Jesus in Nazareth, das der Legende nach um 1292 von Engeln nach Loreto in Mittelitalien übertragen wurde. Ein Torbogen verbindet die Loreto- mit der Krippenkapelle. Nahezu lebensgroße Schnitzfiguren stellen hier die Anbetung der Hirten im Stall von Bethlehem dar. Das Deckengemälde zeigt Gottvater inmitten einer Engelschar. Ölgemälde an den Wänden vermitteln Bilder aus der Jugend Jesus sowie „Porträts“ von seinen Vorfahren. Vier Szenen aus der Katharinenlegende entsprechen den Kapiteln aus dem Freudenreichen Rosenkranz.

Es folgt die Ölbergkapelle, die einen Blick auf das nächtliche Jerusalem und die schlafenden Jünger bietet. Ein Gemälde zeigt, wie man sich in der Barockzeit das Fegefeuer vorgestellt hat. Sehr realistisch gehalten ist auch die Geißelungskapelle am Treppenabsatz zwischen unterem und oberem Hof. Im Stiegenaufgang sind Bilder mit Szenen aus der Katharinenlegende angebracht. Etwas weiter oben gelangt man in die Krönungskapelle, in der die Dornenkrönung Jesus sehr eindrucksvoll dargestellt ist. Die Kreuzkapelle im ehemaligen Bergfried ist die größte der Festenburger Kapellen. Zu ihrer Ausgestaltung wurden auch Tuffstein, Korallen und Muscheln verwendet. Ihr Hauptraum verfügt über zwei Altäre, von denen der eine die Kreuztragung und der andere Christus im Grabe zeigt. Am Altar des Chorraumes wird die Kreuzigung plastisch dargestellt. Neben dem Kreuzaltar wird in einer Urne das Herz des Propstes Leisl aufbewahrt. Die zahlreichen Fresken und Ölgemälde des Kapellenkranzes schuf Johann Cyriak Hackhofer. Die Plastiken wurden nach seinen Entwürfen vom Salzburger Bildschnitzer Johann Fenest geschaffen. Das ikonographische Programm um die Verherrlichung des Rosenkranzes und die Kreuzigung Jesus machen die Festenburg zu einem einzigartigen religiösem Gesamtkunstwerk, wie man es in österreichischen Burgen ansonsten nur im Tiroler Mariastein findet. Die Ausstattung ist ein bedeutendes Beispiel des expressiven Illusionismus im österreichischen Spätbarock.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 8 km nördlich von Vorau

Besichtigung: Führungen vom 1. Mai bis 31. Oktober (Dienstag bis Samstag um 10.00, an Sonn- und Feiertagen um 14.00)

Homepage: www.festenburg.at


Weitere Literatur:


20.06.2007