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Schönborn


An der Stelle des heutigen Schlosses Schönborn stand einst die Feste Viendorf. Sie gehörte den Sonnbergern, die sie 1384 an die Puchheimer verkauften. Ab 1390 wurde der befestigte Gutshof als Mühlburg bezeichnet. Die namensgebende herrschaftliche Mühle stellte erst 1891 den Betrieb ein. Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf Schönborn kaufte 1710 dem Wiener Neustädter Bischof und letzten Repräsentanten seiner Familie, Graf Franz Anton Puchheim, die Herrschaft Göllersdorf ab, zu der auch die Mühlburg gehörte. Der dortige Mühlbach sollte sich bei der Anlage der Wasserspiele im Park noch als sehr nützlich erweisen. Friedrich Karl gefiel das bereits veraltete Schloss von Göllersdorf nicht sehr. Er beschloss, sich an der Stelle der Mühlburg einen neuen standesgemäßen Landsitz als Zentrum seines ausgedehnten Grundbesitzes errichten zu lassen. 1712 begann man mit dem Ausbau des alten Gebäudes zu einem großen Barockschloss. Die bestehenden drei Flügel wurden um zwei Pavillons nach Norden hin ergänzt. 1726 wurden diese Einzelbauten miteinander verbunden. Schließlich wurden auch noch die Stallungen einbezogen. Die Pläne für den Ausbau lieferte Johann Lukas von Hildebrandt, der auch als Landschaftsarchitekt für die Anlage des Parks verantwortlich war. Unterstützt wurde er von Maximilian von Welsch. Dieser war in erster Linie für die Wasserbauten verantwortlich. 1717 waren die Bauarbeiten mit der Errichtung der Orangerie vollendet. Der Park gehörte zu den bedeutendsten europäischen Gartenanlagen des frühen 18. Jahrhunderts. Nach Fertigstellung des weitläufigen Schlosses wurde der Herrschaftssitz von Göllersdorf hierher verlegt. Schönborn wurde zum Lieblingssitz des Reichsvizekanzlers. Die Familie Schönborn verfügte seit 1671 über reichsunmittelbare Territorien in Franken.

1729 wurde Friedrich Karl, der ja ursprünglich kurmainzischer Gesandter in Österreich war, zum Fürstbischof von Bamberg und Herzog von Franken gewählt, worauf er sein Amt als Reichsvizekanzler zurücklegte und Österreich verließ. Fünf Jahre später wurde er Fürstbischof von Würzburg. Zwischen 1790 und 1800 ließ Eugen Franz Graf Schönborn-Buchheim im nördlichen Bereich des Parks einen Englischen Garten mit einem großen Teich anlegen. Ein chinesischer Pavillon auf einer Insel diente als Unterstand. Er wurde um 1965 erneuert. Am Ufer steht ein Apollotempel. Das Schloss wurde bis zum Ersten Weltkrieg von der Familie bewohnt. In der Zwischenkriegszeit fanden hier bekannte Autorennen statt. Die Wohn- und Repräsentationsräume waren bestens eingerichtet. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg erlitt Schönborn das gleiche Schicksal, das fast alle Adelssitze im nördlichen Niederösterreich hatten. Es wurde von den russischen Besatzungssoldaten devastiert und ausgeraubt. Von der einst reichhaltigen Bibliothek, dem Archiv, der Gemäldesammlung und der Porzellansammlung blieb praktisch nichts übrig. Mangels Kapital und Perspektiven blieb das Schloss auch nach Abzug der Russen vorerst weiterhin vernachlässigt. Die Rettung kam durch einen neuen Verwendungszweck. Teile des Schlosses und des 104 Hektar großen Parks wurden 1988 von einem Golfclub gepachtet. Im seither vorzüglich restaurierten Hauptgebäude befinden sich heute das Clubhaus sowie ein Restaurant. An der Gesamtrestaurierung des umfangreichen Schlossareals wird wohl auch in den nächsten Jahren noch gearbeitet werden. Der Park wird weitgehend als Golfplatz genutzt. In den Nebengebäuden ist die Gutsverwaltung Schönborn-Buchheim untergebracht. Das Schloss gehört nach wie vor der Familie Schönborn-Buchheim.

Das Schlossareal ist vollständig von einer Mauer umgeben. Es wird aber durch eine Straße in zwei Teile geteilt. Eine Allee führt auf das Schloss zu. Sie beginnt bei der mit einem baldachinartigen Dach versehenen St. Nepomuk-Kapelle und endet im Vorhof des Hauptgebäudes. Die Nepomuk-Kapelle war ursprünglich in die Gartenanlage eingebunden. Das Schloss ist an drei Seiten vom großen Park umgeben. Die an der Gartenfassade beginnende Sichtachse endet bei der stattlichen Orangerie, die 1716/18 an der äußeren Parkmauer als optisches Gegenstück zum Schloss errichtet wurde. Sie liegt im Halbrund hinter einer Steinbalustrade. Ihr Inneres ist mit künstlerisch wertvollen Fresken des Malers Jonas Drentwett geschmückt. An die Orangerie schließen Wirtschaftsgebäude, wie eine ehemalige Meierei und ein dreischiffiger, mit Kreuzgratgewölben versehener Stall an. Die riesige Fontäne, die hinter der Orangerie als weithin sichtbarer Abschlusspunkt des Parks emporstieg, ist längst nicht mehr vorhanden. Ebenso verschwunden sind Springbrunnen und Kaskaden vor der Gartenfassade. Von der Gartenarchitektur ist außer einigen Monumentalvasen auch nicht sehr viel übrig geblieben. Viele Statuen sind während der russischen Besetzung zwischen 1945 und 1955 zerstört worden oder abhanden gekommen. Eine Skulptur des Apoll befindet sich heute im Garten des Pfarrhofes von Oberhautzenthal. Wieder restauriert sind die barocken Gartenportale, die mit spielenden Putten bekrönt sind. Das klassizistische Tor am Südwestende des Parks wird von zwei monumentalen Löwenfiguren bewacht.

Das Schloss besteht aus dem dreiflügeligen Wohntrakt, der einen rechteckigen Ehrenhof umgibt und den anschließenden, mehrfach gegliederten Wirtschafts- und Verwaltungsbauten. Vor ihnen liegt ein großes Bassin, das früher auch als Pferdeschwemme verwendet wurde. Die Einfahrt in den Vorhof erfolgte früher durch einen barocken Torturm. Heute ist das Tor meist geschlossen. Der dreiachsige Mittelrisalit der 13-achsigen Gartenfront des Hauptschlosses ist mit einem Ziergiebel geschmückt, in dem eine volutengeschmückte Prunkkartusche mit dem Schönborn-Wappen von zwei Löwen, den Wappentieren der Schönborns, präsentiert wird. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden den großen Rundbogenfenstern der Beletage eine Altane mit schmiedeeiserner Brüstung vorgelegt. Sie wurde 1905 erneuert. Am Giebel sowie auf den Attikabalustraden der beiden Eckpavillons stehen zahlreiche mythologische Figuren. Von den Innenräumen ist vor allem die Sala terrena und der darüber liegende Festsaal zu nennen. Die Sala terrena ist ein quadratischer Raum, der das Erdgeschoß des Mittelrisalits einnimmt und heute als Restaurant dient. Bemerkenswert ist ihre Ausstattung mit figuralen Hermenpilastern an den Wänden und ihre mit zartem Bandelwerkstuck geschmückte Decke. Im Nordostflügel liegt die zweigeschossige Schlosskapelle. Sie ist ein schmaler rechteckiger Saalraum, dessen flaches Tonnengewölbe mit vergoldetem Bandelwerkstuck geschmückt ist. Das Mittelbild des Deckengemäldes stellt die Himmelfahrt Marias dar. Es wurde 1715 von Jonas Drentwett geschaffen. In den Gewölbezwickeln erkennt man die vier Evangelisten. Das Altarblatt mit der Darstellung der Vision des Hl. Karl Borromäus wird sowohl Peter Strudel als auch Johann Georg Schmidt zugeschrieben. Die im Obergeschoß liegenden, ursprünglich barocken Wohnräume wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts klassizistisch umgestaltet. Auch sie sind mit Stuckdecken versehen. Sämtliche Zimmer sind von einem an der Hofseite umlaufenden Gang aus zugänglich.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 11 km nordwestlich von Stockerau

Besichtigung: nur von außen möglich. Der Park darf wegen seiner Verwendung als Golfplatz nur von Clubmitgliedern betreten werden. Das Restaurant ist aber auch für Nichtmitglieder zugänglich.


Weitere Literatur:


18.06.2007