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Neudörfl - Esterházy Kastell


1641 gründete Ladislaus Esterházy den weitgehend verlassenen Ort neu. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts ließ Nikolaus Graf Esterházy am Westrand des heutigen Ortes Neudörfl eine befestigte Anlage mit herrschaftlichem Wohntrakt, Mühle, Brauhaus und Wirtshaus errichten. Sie wurde als Kastell bezeichnet. Allerdings bestand die ganze wehrhafte Ausstattung aus einer den Hof umgebenden Mauer mit Schießscharten. Nikolaus gab der Ortschaft den Namen seines Namenspatrons und nannte sie Szent Miklos ad Laitam bzw. St. Nikolaus an der Leitha. In späteren Jahren war das Kastell auch unter dem Namen „Hofleithamühl“ bekannt. 1719 war die Herrschaft kurzfristig an Graf Dominik Jörger verpfändet. Im zweiten und dritten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde das „Kastell“ zum Herrschaftszentrum ausgebaut, wobei das Hauptgebäude 1740/41 schlossähnliche Züge annahm. 1739 wurde ein an die Mühle anschließender Getreidekasten errichtet. Unter der Leitung des fürstlichen Hofzimmermeisters Matthias Mathes entstand 1767 ein zweigeschossiges Badehaus. 1874 traten im „Leythawirtshaus“ Delegierte aus allen Kronländern der Habsburgermonarchie zusammen und gründeten hier die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kastell stark vernachlässigt und um 1971 in ein Privathaus umgewandelt. 1974 wurden die Fassaden vereinfachend restauriert und 1976 die Dächer neu gedeckt. Seit 1982 gehört die Anlage der Caritas der Erzdiözese Wien, die hier Flüchtlingsfamilien unterbringt. 2006 wurde mit einer umfassenden Restaurierung begonnen. Heute existiert nur mehr ein Teil der einstigen Anlage. Sowohl der Nordtrakt als auch das Bräuhaus wurden abgebrochen. Auch das Badehaus ist längst verschwunden.

Das „Kastell“ liegt unweit der Brücke über die Leitha. Es ist eine zweiflügelige barocke Anlage mit einem längs gestrecktem Haupt- und dem rechtwinkelig angebauten Mühlentrakt. Das zweigeschossige Hauptgebäude geht in seiner Substanz noch auf den ersten Bau von 1650 zurück. Seine 15-achsige Fassade ist nach Süden gerichtet. Bei der Restaurierung von 1974/76 wurde der größte Teil des spätbarocken Fassadenschmucks zerstört. Zumindest an der Schauseite wurde er aber 2006 wiederhergestellt. Die Parapete weisen reiche Schmuckelemente auf. Die beiden Geschosse sind durch ein breites Gesims optisch getrennt. Das Erdgeschoß ist gebändert. Das Obergeschoß wird durch Lisenen gegliedert. Das aufwändige Portal trägt unterhalb des geschweiften Rundgiebels im Sturzfeld eine von reichem Muschelwerk umgebene Stuckkartusche mit dem bunten Wappen der Fürsten Esterházy. Die Hoffront des Haupttraktes ist im Erdgeschoß in sieben korbbogige Arkaden aufgelöst. Der dahinter liegende Gang weist ein leichtes Kreuzgratgewölbe auf. Die Obergeschoßfenster zeigen einfache Steinrahmen mit zart profilierten Fensterbänken. An der Südostecke des Gebäudes wird eine große, mit Schuppen verzierte Volutenkonsole als Radabweiser verwendet. Sie könnte ursprünglich den Breiterker gestützt haben, der an der Hofseite des Hauptgebäudes vorspringt. Im Untergeschoß findet man noch Kreuzgrat- und Tonnengewölbe aus dem 17. Jahrhundert. Die Stiege zum Obergeschoß weist ein barockes Schmiedeeisengitter auf. Die den Esterházys vorbehaltenen Wohnräume sind mit Spiegeldecken ausgestattet, deren Stuckverzierungen nicht mehr erhalten sind. An das Wohngebäude stößt im Osten die Umfassungsmauer aus dem 17. Jahrhundert. Ihre Schießscharten sind heute vermauert. Das gräfliche Wappen der Familie Esterházy am rundbogigen Hoftor stammt noch vom ersten Bau um 1650.

Lage: Burgenland/Nordburgenland – ca. 4 km östlich von Wiener Neustadt

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


02.06.2007