ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Dürnstein (Wachau) - Kellerschlössl


In den Jahren nach 1693 ließ der Propst des Dürnsteiner Chorherrenstiftes, Godefried von Haslingen, einen 300 m langen Weinkeller vor den Toren der Stadt in den Weinberg graben. Die Ziegel des Kellergewölbes stammen zum Großteil aus dem Abbruchmaterial des ehemaligen Klarissinnenklosters von Dürnstein. Propst Hieronymus Übelbacher sorgte für eine Erweiterung derselben. Er ließ bis 1719 über einem der Kellerausgänge das barocke Kellerschlössl erbauen. Es wurde vom Tiroler Maurermeister Gabriel Oedl nach Vorentwürfen von Jakob Prandtauer errichtet, wobei die beiden Kabinette etwas später an den Mittelteil angebaut wurden. Der kleine Bau war nicht zum ständigen Wohnen bestimmt. Er diente in erster Linie der Repräsentation und der Geselligkeit. 1788 wurde das Chorherrenstift säkularisiert. Zwei Jahre später erwarben die Fürsten Starhemberg die Weingüter des Stiftes mit dem Kellerschlössl. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden Decken und Wände der Innenräume mehrfach übertüncht. Ernst Rüdiger Fürst Starhemberg verkaufte die Domäne 1938 an die neu gegründete Winzergenossenschaft Wachau. Auch heute noch gehört das Gebäude dieser Firma, die mittlerweile in „Genossenschaft der Freien Weingärtner Wachau“ umbenannt wurde. Das Äußere wurde um 2000 renoviert. Die Restaurierung des Inneren ist erst vor kurzem abgeschlossen worden. Das Schlössl kann auch im Rahmen von Kellerführungen besichtigt werden. Es kann auch für Veranstaltungen gemietet werden.

Das kleine barocke Lustschloss liegt südöstlich von Dürnstein inmitten der Weinberge über den tiefen gewölbten Kellerräumen. Es ist ein zweigeschossiger Bau über einem kreuzförmigen Grundriss. Die mit einer Bänderung und rustizierten toskanischen Pilastern verzierte Schauseite wird durch einen weit vorspringenden, giebelgekrönten Mittelrisalit gegliedert. Auf dem mit Voluten und Vasenaufsätzen geschmückten Giebel befindet sich ein Fresko, in dem eine Sonnenuhr integriert ist. Die Wandmalerei zeigt eine Kartenpartie. Bei den abgebildeten Personen handelt es sich vermutlich um den Bauauftraggeber, den Architekten, den Maler und den Herrschaftsbesitzer. Ein Chronogramm zeigt die Jahreszahl 1714. Signiert ist das Fresko mit Wolfgang Ehrenreich Priefer. Im Westen ist an das Schlössl eine Terrasse angebaut. Ihre Steinbalustrade wurde im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts mit Putten geschmückt. Die Erdgeschoßräume sind kreuzgrat- sowie stichkappentonnengewölbt. Die künstlerische Ausgestaltung des Gebäudes ist eine Verherrlichung des Wachauer Weines und des Weinbaues. Im quadratischen Mittelsaal des Hauptgeschosses wird Bacchus gehuldigt. Im Stuck des Gewölbes findet man Reben und Trauben sowie Putti beim Weinbau. In den Reliefs ist links das Schneiden der Trauben dargestellt, während ein Satyr bereits den Traubensaft kostet. Rechts ist das Stampfen der Maische unter Mithilfe eines weiteren Satyrs abgebildet.

Das Relief über der Eingangswand zeigt, wie Putten den Wein kosten und auf einem Fass reiten. Die Stuckarbeiten könnten von Domenico Piazoll stammen. Übelbacher hat 1718 für diesen Raum zwei Verstafeln anfertigen lassen, auf denen die Kraft des Weines gelobt wird. Das Deckenfresko dieses Saales zeigt die göttliche Fürsichtigkeit und den Überfluss, der sein Füllhorn ausschüttet. Es wird dem Kremser Maler Matthias Pichler zugeschrieben. Das Monogramm Übelbachers ist mit der Jahreszahl 1715 verbunden. Das östliche Kabinett zeigt im Fresko an den Breitseiten die vier Elemente, an den Schmalseiten Löwe und Adler, die Wappentiere Übelbachers. Das Ganze ist von einem Rahmen mit Blumen und Reben umgeben. Im westlichen Nebenraum erkennt man am Rande eines Puttenhimmels die vier Jahreszeiten, in die auch Jagdmotive eingeflochten sind (z. B. im Bild des Sommers ein Fasan oder beim Herbst Ente und Hirsch). Die Deckenfresken der beiden Kabinette könnten von Baldassare Scabino und Gottlieb Starmayer stammen. Das Schlössl beherbergt eine reiche Sammlung barocker Stiche. An den Wänden der Gesellschaftsräume sind Zeichnungen und Stiche in dekorativer Weise aneinandergefügt. Man sieht religiöse Darstellungen, französische Schlösser, Salzburger Kirchen, Szenen aus dem Zwergenkabinett, Porträts und Handwerksdarstellungen. Unter bzw. vor dem Schloss liegen ausgedehnte Kelleranlagen.

Lage: Niederösterreich/Wachau – ca. 5 km westlich von Krems

Besichtigung: möglich


Weitere Literatur:


31.05.2007