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Wildberg


Aus den Zwettler Annalen geht hervor, dass Wildberg bereits im 12. Jahrhundert eine wehrhafte Burg war. Sie war Zentrum einer Grafschaft, die erst nach 1156, als die Ostmark ein Herzogtum wurde, ihre Selbständigkeit verlor. 1135 wird ein Pilgrimus de Wiltperch genannt. Er war vermutlich mit der Familie der Hohenburger verwandt. Diese waren eine Zweiglinie der Grafen von Poigen und mit der Verwaltung des nordwestlichen Poigenreiches betraut. 1171 scheint ein comes (Ritter) Fredericus de Wildperch urkundlich auf. Die Wildberger dürften um 1210 ausgestorben sein. Als auch die Familie der Hohenburger erloschen war, wurde die Herrschaft nach einem kurzen Zwischenspiel der Vohburger landesfürstlich. Es wird vermutet, dass die Babenberger den Bindenschild der Grafen von Hohenburg-Wildberg übernommen haben. Seit 1230 verwendeten sie ihn als Herzogssiegel. Rot-weiß-rot sind auch heute noch die Farben des österreichischen Staatswappens. Nach dem mit dem Tod von Friedrich II dem Streitbaren erfolgten Aussterben der Babenberger wurde das Lehen von König Ottokar II an die Maissauer vergeben. Als zwischenzeitlicher Pfandherr ist um 1382 Hans von Tierna nachzuweisen. Auf die Maissauer folgte 1432 Pilgrim von Puchheim. Hans von Puchheim ließ die bereits stark verwahrloste Burg instand setzen, die Wehreinrichtungen modernisieren und die Wohnqualität verbessern. Von 1482 bis 1485 war Wildberg von den Truppen des ungarischen Königs Matthias Corvinus besetzt.

Während der Reformationszeit wurde die Burg zu einem wichtigen Stützpunkt des Horner Bundes. 1575 wurde in ihr eine Druckerei eingerichtet, die für die Verbreitung evangelischer Schriften im nördlichen Niederösterreich sorgte. Die Presse blieb auch nach der Rekatholisierung in Betrieb. Sie wurde erst 1770 nach Horn gebracht. Die Produkte dieser Druckerei sind heute bibliophile Raritäten. Nach der Schlacht am Weißen Berg verlor der militante Protestant Hans von Puchheim auch seinen Wildberger Besitz. Die Herrschaft wurde seinem Vetter Pilgram von Puchheim übergeben, doch kam es 1636 zu einer Zwangsversteigerung. Adam von Traun erhielt den Zuschlag. Im 30-jährigen Krieg wurde die Burg 1645 von den Schweden besetzt. 1669 ging Wildberg an Johann Gabriel Freiherr von Selb über. Schließlich kaufte 1767 das Benediktinerstift Altenburg die Herrschaft. Im 18. und 19. Jahrhundert fanden Arbeiten hauptsächlich im Inneren der Burg statt. 1952 ging diese an die Familie Mang über, auf die 1971 Ulf von Salis folgte. Die Burg war aber bereits seit Jahrzehnten nicht mehr besonders gepflegt worden und zur Halbruine herabgesunken. Vor einigen Jahren erhielt Wildberg einen neuen Besitzer. Es ist sehr erfreulich, dass dieser die Anlage sofort aufwändig restaurieren ließ. Weniger erfreulich ist es, dass sie seither nicht mehr besichtigt werden kann.

Die Burg Wildberg liegt über dem linken Ufer der Großen Taffa am Rande des Ortes Messern. Die Anlage ist eine unregelmäßige, dem Gelände angepasste Baugruppe um zwei Höfe. Ihr heutiges Erscheinungsbild geht auf die Bauarbeiten des späten 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts zurück. Sie ist nur von Osten her zugänglich, da der Felsen an allen anderen Seiten steil abfällt. Der hier befindliche tiefe Halsgraben konnte über eine Zugbrücke passiert werden. Sie wurde schon vor langer Zeit durch eine gemauerte Bogenbrücke ersetzt. Das rundbogige Portal ist gequadert. Es liegt in einem blockartigen, mit Zinnen versehenen Torbau. Dahinter erstreckt sich der zwingerartige erste Hof. Er wird im Süden von einer Mauer begrenzt, die ursprünglich mit einem hölzernen Wehrgang ausgestattet war. Im Gegensatz zu diesem sind die durchbrochenen Schwalbenschwanzzinnen gut erhalten. Durch ein schmales Tor und eine tonnengewölbte Durchfahrt gelangt man in den großen, nahezu dreieckigen Innenhof. Er ist von meist dreigeschossigen Wohngebäuden umgeben, die sowohl rundbogige Renaissance- als auch verstäbte spätgotische Fenster zeigen. Aus den Schopfwalmdächern ragen Renaissancekamine mit profilierten Gesimsen und Aufsätzen empor. Im viergeschossigen Osttrakt dürfte der einstige Palas stecken. Die zwei- bzw. dreiteiligen Kreuzfenster des frühen 16. Jahrhunderts weisen auf den Umbau der Puchheimer hin. Nördlich an diesen Bau anschließend, wurde 1564 eine mächtige, mit Kanonen bestückte Bastion errichtet. Ob sich an ihrer Stelle zuvor der heute verschwundene Bergfried befand, kann nur vermutet werden.

Der interessanteste Bauteil des inneren Hofes ist die riesige spätgotische Rauchküche mit ihrem pyramidenförmigen Kamin. Der Küche wurden im 16. Jahrhundert hofseitig zweigeschossige Laubengänge vorgesetzt. Deren Bögen ruhen im Erdgeschoß auf plumpen Rundpfeilern und im Obergeschoß auf schlanken toskanischen Säulen. Bemerkenswert ist auch der zierliche barocke Pavillon mit seiner von vier Säulen getragenen glockenartigen Dachhaube und seiner Steinbalustrade. Er steht auf einer Quermauer und ist durch Mauergänge mit zwei Wohntrakten verbunden. Der steinerne Brunnen im Innenhof ist mit dem Wappen der Puchheim und der Jahreszahl 1572 dekoriert. Die ehemalige Kapelle lag im Bereich des westlichen Berings. Sie ist an einem reich verzierten Doppelfenster aus dem 16. Jahrhundert zu erkennen. In der Barockzeit wurde außen an den südlichen Bering der sog. Gästetrakt angebaut. Er nimmt die Stelle des einstigen Zwingers ein. Die mit Tonnen- und Kreuzgratgewölben versehenen Räume stützen sich im Palas und im Nordtrakt zum Teil auf Mittelpfeiler. Im Südttrakt haben sich Renaissanceportale mit profilierten Gewänden und Gesimsen erhalten. Eine im Osttrakt (Palas) angebrachte Balkendecke von 1582 ist teilweise bemalt. Etliche Obergeschoßräume weisen Stuckdecken aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie stuckierte Fensternischen auf. Weiters haben sich noch einige Kamine aus der Renaissance und der Barockzeit erhalten. Ein steinernes Türgewände aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigt ein Doppelwappen mit dem Bindenschild in rot-gelb-rot. Da Wildberger und Babenberger zu dieser Zeit längst ausgestorben waren, dürfte es sich auch nicht um den österreichischen Bindenschild, sondern um das Wappen einer angeheirateten Puchheimerin, der Anna von Seeberg, handeln. Von der einst reichen Ausstattung an Möbeln und Gemälden ist nichts mehr erhalten.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 14 km nordwestlich von Horn

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


25.05.2007