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Piberstein


Das Jahr der Erbauung von Piberstein ist nicht genau bekannt. Es dürfte aber kurz vor 1285 gelegen sein. Als Bauherren der damaligen Turmburg gelten die Brüder Ruga und Arnold von Piber. Sie gehörten zu den Lehensleuten der Herren von Griesbach und Waxenberg. Von Piberstein ging die Rodung der umliegenden Gebiete aus. Daneben sollte es natürlich die Grenze gegen Böhmen schützen. Ruger der Piber war Landrichter. Nach dem Aussterben der Familie wurde die nun landesfürstliche Burg von Ulrich von Tann erworben, der sie 1350 an Walchum Haderer veräußerte.1362 verlieh sie Herzog Rudolf IV dem Zacharias Haderer, der etwas später als Feldhauptmann in der Schaunberger Fehde auf Seiten der Habsburger kämpfte und die Belagerung von Neuhaus leitete. Nun brach eine etwas unruhige Zeit mit zweifelhaften Besitzverhältnissen aus. Auch Heinrich von Stall glaubte ein Anrecht auf Piberstein zu haben und versuchte sich mit Waffengewalt in ihren Besitz zu setzen. Er wurde jedoch vom Landeshauptmann Reinprecht von Wallsee gefangen genommen und musste 1394 Urfehde schwören. Zu den folgenden Burgherren zählten Heinrich von Puchberg (1403), Jobst Haderer (1407) und Heinrich III von Falkenstein (1412). 1427 belagerten die Hussiten die Burg, mussten aber unverrichteter Dinge abziehen, da sie der damalige Lehensinhaber Hans von Rohrbach erfolgreich verteidigen konnte. 1428 erhielten die Brüder Kaspar und Balthasar von Schallenberg das Lehen zugesprochen. Da ihr bisheriger Sitz St. Ulrich im Jahr zuvor von den Hussiten zerstört worden war, zogen sie hierher. Piberstein zählte 1594 zu den verteidigungsfähigen Fluchtburgen des Landes, doch kamen weder die Ungarn noch die Türken hierher.

Georg Christian von Schallenberg ließ im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts Piberstein im Renaissancestil ausbauen. Damals wurden in beiden Höfen Wandverkleidungen aus Kunstmarmor angebracht und die Wände mit Sgraffitomalereien verziert. 1625 besetzten kaiserliche Truppen die Burg. Georg Christoph von Schallenberg versuchte 1635/36 mit den aufständischen Bauern des unteren Mühlviertels zu vermitteln. Gegen eine Abschlagszahlung konnten die Freiherren von Schallenberg 1645 das bisherige Lehen in ein freies Eigen umwandeln. Die Schallenberger blieben bis 1675 im Besitz der Herrschaft. Dann verkaufte Christoph Ehrenreich Graf Schallenberg Piberstein mit dem dazugehörigen Landgericht an die Grafen von Seeau. Johann Ehrenreich Graf Seeau vereinigte es 1702 mit seiner Herrschaft Helfenberg und brachte beide Güter in einen Fideikommiß ein. 1752 legte der Linzer Baumeister Johann Matthias Krinner Pläne zum Umbau der Burg vor. Es kam jedoch nicht dazu. Piberstein blieb unbewohnt und wurde dem Verfall überlassen. 1885 wurde der Fideikommiß wieder aufgehoben, so dass 1893 die Töchter des Grafen Otto von Seeau sowohl Helfenberg als auch Piberstein an die Grafen Revertera-Salandra verkaufen konnten. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde auf dem Burggelände eine Fremdenpension samt Gastwirtschaft betrieben. Das bereits zur Ruine verkommene Piberstein wurde 1964 vom akademischen Restaurator Harald Seyrl gepachtet. Er begann mit der Sanierung der Anlage, konzentrierte sich aber bald auf das von ihm 1967 erworbene Schloss Neu-Scharnstein im Almtal. 1971 wurde die Pacht vom Architekten Dipl. Ing. Günther Kleinhanns übernommen. Dieser setzte die Restaurierung fort. Ein Brand im Jahr 2002 führte nur zu geringen Verzögerungen. Burg Piberstein ist heute ein regionales Kulturzentrum. In der Tafelstube finden Konzerte, Ausstellungen und Lesungen statt. Der große Burghof bietet sich für Burg- und Musikfeste an.

Piberstein ist eine relativ ausgedehnte Anlage. Die Hauptburg hat eine Fläche von 784 m², die Vorburg ist 2.730 m² groß. Der Baukomplex ist von einer zwischen vier und sechs Meter hohen Ringmauer umgeben, die mit vier dreiviertelrunden Wehrtürmen und einem quadratischen Torturm verstärkt ist. Der südliche Schalenturm ist allerdings nur mehr in Resten erhalten. Der hölzerne Wehrgang an der Innenseite der Mauer ist längst verschwunden, die zahlreichen Schießscharten sind aber noch vorhanden. Die Dächer der Türme sind Rekonstruktionen. Links neben dem vorspringenden Torturm steht eine kleine Kapelle, die 1730 erbaut wurde, aber in keinem Zusammenhang mit der Burg steht. An der Innenseite der Außenmauer sind rechts vom Tor etliche Wirtschaftsgebäude, wie Ställe und Scheunen angebaut. Der linke Teil des äußeren Burghofes ist unbebaut. Im südlichen Teil der Vorburg stand einst ein großes Brauhaus. Die beiden Abtritterker an der hohen und ansonsten glatten Wand der Kernburg deuten darauf hin, dass dieser Hof erst später als diese angelegt wurde und dass sich an seiner Stelle ursprünglich ein Graben befand. Die annähernd dreieckige Kernburg wird durch eine zwei Meter starke und ca. 15 m hohe, mehrfach geknickte Mauer geschützt. In ihrem oberen Bereich sind noch Spuren eines Wehrganges zu erkennen. In einem risalitartigen Mauerturm an der Ostseite befindet sich das ehemalige Burgtor. Das rundbogige Portal wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vermauert und die Einfahrt in die Hauptburg an die Nordwestseite verlegt. Die einzelnen Gebäude sind aus Bruchsteinmauerwerk errichtet, wobei jedoch die Tür- und Fenstergewände aus sorgfältig behauenen Granitblöcken bestehen.

Durch ein hohes Torgewölbe gelangt man in den mittleren Hof. Der Bau der Torstube zeigt im ersten Stock einen auf drei Konsolen ruhenden Erker. Im Erdgeschoß des anschließenden Gebäudes liegt ein Saal, der sich durch zwei Arkaden, die von einem gotischen, aus Quadern gemauerten Pfeiler gestützt werden, zum Hof hin öffnet. An der gegenüberliegenden Seite führt eine Treppe zu einem Arkadengang hinauf, der im Obergeschoß den inneren Hof an zwei Seiten begrenzt. Über dem Stiegenaufgang befindet sich eine Inschrifttafel, die auf die Bauarbeiten des Georg Christian Schallenberg hinweist und die Jahreszahl 1620 zeigt. Die Arkaden, die auf toskanischen Säulen ruhen, wurden vor einigen Jahren restauriert, so dass die Sgraffitomalereien wieder zur Geltung kommen. In den –Arkadenzwickeln sind Trophäen, Tiere und Masken dargestellt. Über diesen Gang gelangt man zum nach 1992 rekonstruierten Rittersaal sowie zu den einstigen Wohnräumen. Der mittlere Hof ist vom Innenhof durch einen offenen Torbogen getrennt. Der unregelmäßige Palas scheint an zwei Seiten aus dem gewachsenen Fels emporzuwachsen. Ein großer Granitblock neben dem Arkadenhof ist der höchste Punkt der Anlage. Hier stand einst der quadratische Wohnturm der Herren von Piber. Seine Grundfläche betrug ca. 7,5 x 7,5 m. Auf Krinners Plan von 1752 ist er noch als Ruine erkenntlich, doch wurde diese inzwischen abgetragen. Von der Burg dürfte ein unterirdischer Fluchtweg in den benachbarten Wald geführt haben.

Lage: Oberösterreich/Mühlviertel – ca. 1 km südlich von Helfenberg

Besichtigung: nach Voranmeldung möglich

Homepage: www.burg-piberstein.at


Weitere Literatur:


17.05.2007