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Maissau


Die Burg Maissau wird 1122 mit Rudolf und Rozinus von Missov erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort scheint bereits acht Jahre früher auf. Die Herren von Maissau entwickelten sich bald zu einer der mächtigsten Ministerialenfamilien des Landes. Einer alten Chronik zufolge, war Otto II von Maissau ein Parteigänger des letzten Babenbergerherzogs Friedrich II. Während des Interregnums wurde er zu einem Gefolgsmann des böhmischen Königs Ottokar II. Er war Landrichter und hatte das Amt eines Landmarschalls inne. Enttäuscht von Ottokar, beteiligte er sich 1265 an einer Adelsrevolte und wurde schließlich hingerichtet. Sein Sohn Stephan rächte seinen Vater. Er leitete 1278 die Verteidigung von Drosendorf und konnte das böhmische Heer so lange aufhalten, bis Rudolf von Habsburg bei Jedenspeigen sich mit seinen Verbündeten vereinigen konnte, was wesentlich zur Niederlage und zum Tod Ottokars beitrug. Die Maissauer konnten unter den frühen Habsburgern bald jene gesellschaftliche Stellung einnehmen, die die Kuenringer unter den Babenbergern gehabt hatten. Sie übernahmen nach deren Aussterben auch viele ihrer Besitzungen. Sie bekleideten hohe Ämter wie das Hofmarschall- und das Schenkenamt. Es gelang Ihnen relativ bald, für den Ort das Stadtrecht zu erhalten. Sie integrierten ihre Stammburg in die Stadtbefestigung.

1429 war es aber mit ihrer Macht vorbei. Otto IV von Maissau wurde gefangen genommen, eingekerkert und des Hochverrates beschuldigt. Angeblich soll er sich mit Böhmen gegen Habsburg verschworen haben, was aber bereits damals bei Zeitgenossen auf Skepsis stieß. Es wurde auch nie ein Beweis vorgelegt. Wahrscheinlicher ist, dass den Habsburgern die Machtfülle der Maissauer bereits unheimlich geworden war und sie einen Anlass suchten, um sie beschneiden zu können. Otto verlor große Teile seiner Besitzungen, durfte den Rest inklusive der Burg Maissau aber behalten. Dieser war immer noch beträchtlich genug. Erstaunlicherweise blieben ihm auch die beiden Hofämter. Mit dem Tod von Otto IV von Maissau erlosch 1440 seine Familie. Die Stammburg gelangte als Erbe an die Herren von Eckartsau. Als Georg von Eckartsau 1491 ohne männliche Erben verstarb, erbte seine Tochter Agnes die Herrschaft. Sie war mit Otto von Zelking verheiratet. Ihre Tochter heiratete 1526 Sebastian von Traun. Deren Sohn Adam übernahm 1537 das mütterliche Erbgut. 1645 flüchteten die Ortsbewohner vor den anrückenden Schweden in das Schloss, doch wurde dieses und die Stadt Maissau eingenommen und geplündert. Anschließend begann man mit der Schleifung der Befestigungsanlagen. 1653 wurde die Familie Traun in den Reichsgrafenstand erhoben. Sie nannte sich nunmehr Abensperg-Traun. In den Jahren 1870 bis 1879 erfolgte ein umfassender neugotischer Umbau der mittelalterlichen Burg durch die Architekten Johann Julius Romano und August von Schwendenwein. Schloss Maissau wird seit fast 900 Jahren ununterbrochen bewohnt und befindet sich seit 480 Jahren im Besitz der Familie Abensperg-Traun. Diese ist nach wie vor im Wald- und Weinviertel begütert.

Das malerisch am steilen Südosthang des Manhartsberges gelegene Burgschloss ist mit einer Länge von ca. 320 m und einer Breite von etwa 150 m relativ groß. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es mehrfach verändert. Es stellt sich heute als weitgehend romantisch-neugotische Schlossanlage dar, vor allem wenn man es von der Stadt aus betrachtet. Hier ist der Hauptburg eine ausgedehnte Vorburg vorgesetzt, die einen von Wirtschaftsbauten begrenzten großen Hof umschließt. Die Schlossmauern waren mit der Stadtmauer verbunden. Vorgelagert war ein Wehrgraben, der aber am Kirchenplatz längst zugeschüttet ist. An den übrigen Seiten ist er noch teilweise erhalten. Auch die dort vor dem Graben liegenden Erdwälle sind noch deutlich zu erkennen. Der zweigeschossige Torturm der Vorburg mit seinen seitlich angebauten Wirtschaftsgebäuden macht zwar auf den ersten Blick einen mittelalterlichen Eindruck, wurde aber erst 1879 an der Stelle eines alten Vorgängerbaues errichtet. Sein Walmdach sitzt auf Konsolen. Das Obergeschoß ist durch zwei gekuppelte Loggien mit Steinbalustraden geöffnet. An der stadtseitigen Fassade des Torturmes sind drei Wappen in verstäbten Rahmungen eingemauert. Das mittlere ist mit 1460 bezeichnet und gehört wohl den Herren von Eckartsau, während die beiden seitlichen Allianzwappen sich auf die Herren von Abensperg-Traun beziehen und mit 1563 bzw. 1583 datiert sind. Der östliche Seitentrakt stammt noch weitgehend aus dem 17. Jahrhundert, während der westliche um 1896 umgebaut wurde.

Die mächtige Hauptburg liegt deutlich höher als die Vorburg auf einem Felssockel, der von zwei Rundtürmen an den Ecken gesichert wurde. Sie ist ein unregelmässiger Komplex aus verschiedenen Bauzeiten. An die mittelalterliche Burg der alten Maissauer erinnert vor allem die Bergseite des Schlosses. Die hier liegenden Gebäude stammen meist aus dem 15. Jahrhundert und wurden im 19. Jahrhundert nur relativ wenig mit neugotischem Zierat behübscht. Der mächtige frühgotische Bergfried stammt vermutlich sogar aus dem späten 13. Jahrhundert. Er steht in der durch eine Überhöhung des Geländes am meisten gefährdeten Nordostecke der Burg. Seine Mauern sind etwas mehr als zwei Meter stark. Seine Grundfläche beträgt 8,6 x 8,1 Meter. Der seinerzeitige Hocheinstieg lag an der geschützten Südwestseite im zweiten Obergeschoß. Wie Sitznischenfenster und ein Abtritt im dritten Obergeschoß beweisen, konnte der Turm auch längere Zeit bewohnt werden. Die vier polygonalen Scharwachttürme an den Ecken stammen wohl aus dem 16. Jahrhundert. Sie waren ursprünglich mit Gußlöcher ausgestattet. Das hohe, mit Holzschindeln gedeckte Walmdach des Bergfrieds sowie die zierlichen Dächer der Ecktürmchen wurden erst um 1870 aufgesetzt. Um Angreifer auf Distanz zu halten wurde im späten Mittelalter im Norden und Nordosten der Hochburg eine Zwingeranlage vorgelegt. Damals wurde auch der bergseitige Torbau in der Nordwestecke errichtet. Er war mit einer Zugbrücke, die heute durch eine steinerne Brücke ersetzt ist, gesichert. Die Rollenschlitze der Aufzugsvorrichtung sind noch erhalten. Oberhalb des segmentbogigen Tores erkennt man ein mit 1557 datiertes Steinwappen der Abensperg-Traun. Der Torturm wurde im 19. Jahrhundert im historistischen Stil restauriert.

Der Verbindungsbau zwischen Bergfried und nordwestlichen Torbau stammt ebenfalls aus dem Mittelalter, ebenso wie ein südlich an den Bergfried anschließender Saalbau im Nordosten. Letzterer enthält im Erdgeschoß eine zweischiffige gotische Halle. Ihr Kreuzrippengewölbe aus dem 14. Jahrhundert stützt sich auf zwei Mittelsäulen. Die kräftig hervortretenden Rippen wachsen ohne Konsolen aus der Wand heraus. Seit 1964 dient dieser Raum als Schlosskapelle. Der einst darüber liegende Theatersaal ist den Umbauten der 60er und 70er Jahre des 19. Jahrhunderts zum Opfer gefallen. Ein weiterer bergfriedartiger Turm erhebt sich über dem Südtrakt der Hauptburg. Mit 9 x 8,30 m ist seine Fläche eine Spur größer als der Bergfried im Nordosten, doch sind seine Mauern deutlich schwächer. Er wurde später im Inneren für Wohnzwecke umgebaut. Seine überhöhten Ecktürmchen, die gotisierenden Blendarkaden und das steile Walmdach sind Zutaten des Umbaues von Romano und Schwendenwein. Die an diesen Turm anschließenden dreiflügeligen Trakte wurden im 16. Jahrhundert erbaut. Sie umschließen den schmalen „unteren Hof“ an drei Seiten mit zweigeschossigen Säulenarkaden. Diese werden an der Südostseite des „oberen Hofes“ bis zu einem im 19. Jahrhundert angelegten großzügigen Treppenhaus weitergeführt. Der an der Südostecke vorspringende Batterieturm ist heute weitgehend erneuert und – wie seine Fenster zeigen – für Wohnzwecke adaptiert. An seiner Rückseite ist ein Treppenturm angebaut. In den gepflegten Wohnräumen des Schlosses sind zwei reich geschnitzte Holzdecken aus dem 17. Jahrhundert bemerkenswert. Sie wurden 1869 aus Schloss Eschelberg im Mühlviertel hierher übertragen. Hinter dem Schloss erstreckt sich am Hang des Manhartsberges der ehemalige Park, der aber im Laufe des 20. Jahrhunderts zum Wald geworden ist. In einem mauerumgebenen Gartengelände westlich der Vorburg liegt die 1752 errichtete und 1852 ausgebaute Familiengruft.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – am Nordwestrand der Stadt Maissau

Besichtigung: nur von außen möglich – lediglich am ersten Adventwochenende ist der große Hof der Vorburg zugänglich, da hier ein Adventmarkt abgehalten wird. Er findet in den ehemaligen Stallungen statt.


Weitere Literatur:


18.04.2007