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Wolfpassing (bei Steinakirchen)


Die Gegend um Wolfpassing befand sich seit 833 im Besitz des Klosters Mondsee, ging aber nach der endgültigen Vertreibung der Ungarn an das Bistum Regensburg über. Über die Frühzeit der Herrschaft gibt es kaum verlässliche Informationen. Im 12. Jahrhundert saß hier vermutlich eine Ministerialenfamilie, die sich nach Wolfpassing nannte. Allerdings könnte diese auch in Wolfpassing bei Tulln angesiedelt gewesen sein. Eine gesicherte urkundliche Erwähnung des Gutes gibt es erst in der zweiten Hälfte des13. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert waren die Herren von Wolfstein aus St. Martin im Mühlkreis zuerst als Burggrafen hier tätig. Später dürften sie die Herrschaft als Lehen besessen haben. Margarethe von Wolfstein heiratete Volkhard I von Auersperg, wodurch Wolfpassing 1508 erstmals an seine Familie gelangte. 1609 war die Herrschaft aber im Besitz der Familie Hofkirchen. Da dem Freiherrn Wilhelm von Hofkirchen Verbindungen zu den aufständischen Protestanten in Böhmen nachgewiesen wurden, wurde sein Besitz 1620 konfisziert. Seine Kinder waren jedoch katholisch erzogen worden, wodurch sie diesen 1621 zurückerhielten. Wenzel Wilhelm von Hofkirchen entschied sich für einen geistlichen Beruf. Er wurde schließlich Fürstbischof von Seckau und verkaufte 1635 Wolfpassing an Sigmund Abensperg-Traun. Um 1690 wurde die bereits im 16. Jh. modernisierte Burg endgültig zum Schloss umgebaut.

Durch Erbschaft gelangte dieses an die Freiherren von Geymann, die es bis 1723 besaßen, als es Leopold Karl Graf Zinzendorf erwarb. Seine Söhne verkauften es 1747 dem mit ihnen verwandte Ernst Ferdinand Graf Auersperg. Kurz danach erhielt der Bau seine heutige Gestalt. Als Glück erwies sich die Heirat einer Auersperg-Tochter mit dem französischen General Karl Freiherr von Jaquinot, da das Gebäude und seine Besitzer während der Franzosenkriege keine Schäden erlitten. Als Kaiser Franz I 1834 einige Auersperg-Schlösser für den k. k. Patrimonalfonds ankaufte, war auch Wolfpassing darunter. 1910 gab der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand das Gut an das Verteidigungsministerium im Tauschweg gegen das Gut Blühnbach ab, ließ aber den Großteil des gepflegten Mobiliars in sein böhmisches Schloss Konopischt bringen. Es befindet sich noch heute in tschechischen Museen. Auf dem Schlossareal wurde eine Kavalleriekaserne eingerichtet. Im Ersten Weltkrieg diente das Schloss als Rekonvaleszentenheim für verwundete Offiziere. 1918 wurde Wolfpassing vom österreichischen Landwirtschaftsministerium übernommen, das es bis 1924 dem aus Slowenien verlegten Lipizzanergestüt zur Verfügung stellte. Das Reittraining fand damals zum Teil im Innenhof statt. 1929 wurden im Schloss eine Molkereifachschule sowie eine Bundesversuchsanstalt für Milchwirtschaft eingerichtet. Daraus ist das heutige Lebensmitteltechnologische Zentrum Wolfspassing hervorgegangen.

Schloss Wolfpassing liegt im Tal der Kleinen Erlauf nordöstlich von Steinakirchen. Es ist von zahlreichen Wirtschaftsgebäuden umgeben, die wie das Hauptgebäude in einem gepflegten Park liegen. Die vier Trakte des nahezu quadratischen Baues begrenzen einen Brunnenhof. An den vier Ecken des meist dreieinhalbgeschossigen weitläufigen Gebäudes springen Rundtürme deutlich vor. Sie sind fünfgeschossig und werden von spitzen gebrochenen Zeltdächern abgeschlossen. Die vier Trakte weisen je acht Fensterachsen auf. Ihre ansonsten glatten Fassaden sind lediglich durch Horizontalgurten zwischen den Geschossen gegliedert. In der Mitte der Westfront erhob sich einst ein mächtiger Torturm mit Zwiebelhelm. Er wurde 1884 bis zur Dachhöhe abgetragen. An seiner Stelle dient heute ein Dachreiter als Uhrturm. Das von zwei Pilastern flankierte Rundbogenportal stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Anstelle eines Adelswappen trägt es heute über dem gebogenen Gesims einen großen Bundesadler. Über der Einfahrt liegt die zweigeschossige barocke Schlosskapelle aus den Jahren 1690/1700. Das Kreuzgratgewölbe des Sakralraumes ist mit filigranem Stuckdekor (um 1700) geschmückt. Man erkennt Akanthusranken und Fruchtgehänge. Der kleine Altar ist reich geschnitzt. Sein Altarbild stammt aus der Schule von Martino Altomonte. Es stellt die Heilige Dreifaltigkeit dar. Der Innenhof ist an allen Seiten von dreigeschossigen korbbogigen Pfeilerarkaden umgeben. Die hinter den Bögen liegenden Gänge weisen ebenso wie die Durchfahrten und Stiegenaufgänge Kreuzgratgewölbe auf. Zu Beginn der 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der Hof durch ein Glasdach geschlossen und für den Schulbetrieb umgebaut. Der dreiachsige zweigeschossige Festsaal ist von außen an seinen ovalen Oberfenstern zu erkennen. In ihm hängen zwei historistische Reifenluster. Das Schloss war einst eine Wasserburg, doch sind Gräben und Wälle längst verschwunden. Das oberste Stockwerk des Hauptgebäudes war als Wehrgeschoß eingerichtet und mit Schießscharten versehen. Heute macht nur mehr die zum Wirtschaftshof ausgebaute ehemalige Vorburg einen etwas wehrhaften Eindruck. Dazu trägt vor allem der mit einem gebrochenen Mansardendach gedeckte, dreigeschossige, viereckige Wehrturm bei.

Lage: Niederösterreich/Eisenwurzen – ca. 9 km südwestlich von Wieselburg

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


26.02.2007