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Hirschstetten


Hirschstetten war ein landesfürstliches Lehen, das zwischen 1220 und 1240 erstmals urkundlich erwähnt wird. Bereits im 14. Jahrhundert bestand hier ein Herrensitz. 1325 werden die Brüder Weichard, Heinrich und Gottfried von Hertstetten urkundlich genannt. Der kleine Wehrbau wurde spätestens bei der zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683 zerstört. Zehn Jahre später kaufte Otto Ferdinand Graf Hohenfeld die Herrschaft Hirschtötten und ließ sich hier ein adeliges Wohngebäude errichten. Adam Franz Fürst von Schwarzenberg, der 1713 das Gut erwarb, beauftragte den Baumeister Anton Erhard Martinelli mit dem Ausbau zu einem barocken Jagdschloss. Als Obersthofmarschall Kaiser Karls VI hatte er die Jagdfreiheit in den Donauauen erhalten. Daniel Gran schuf das große Deckenfresko im Festsaal. Auch der Stukkateur Santino Bussi war hier tätig. 1724 war das Schloss vollendet. Martinelli hatte den Vorgängerbau als Mittelrisalit in die neue Anlage einbezogen und an beiden Seiten Flügelbauten errichtet. Die Erdgeschoßräume der beiden Eckpavillons waren als Grotten ausgebildet. Nachdem das Gartenpalais der Familie Schwarzenberg am Wiener Rennweg fertig gestellt war, verkaufte Adam Franz Fürst Schwarzenberg Hirschstetten 1728 an Johann Wilhelm Graf Wurmbrand. Der Fürst konnte sich aber seines neuen Sommerpalais nicht lange erfreuen, da er 1732 bei einem Jagdunfall von Kaiser Karl VI erschossen wurde. 1748 war Kaiserin Maria Theresia zu Gast. In späterer Zeit kam es immer wieder zu Um- und Ausbauten.

Zu den späteren Schlossherren zählte Franz Graf Erdödy (1799 – 1801) und Johann Ludwig Barth Graf Barthenheim (1811 – 1815). Erdödy veranlasste die Außenrestaurierung des Gebäudes, Barthenheim war für die Neumöblierung im Empirestil verantwortlich. Während der Schlacht von Aspern im Jahr 1809 wurde der Ort Hirschstetten weitgehend zerstört, das Schloss blieb aber unversehrt. 1815 richtete der Wiener Seidenfabrikant Eckhardt auf dem Schlossgelände eine Seidenspinnerei ein, die jedoch bald wieder geschlossen wurde. Die letzten privaten Besitzer waren Mitglieder der Familie Pirquet. Peter Zeno Freiherr von Pirquet kaufte 1868 das Schloss. Ab 1884 legte man hinter dem Park eine große Baumschule an. Von hier aus wurden Wiener Parks, wie z. B. der Türkenschanzpark mit Bäumen und Sträuchern beliefert. Hirschstetten ist auch heute noch Sitz des Reservegartens der Stadt Wien. Zu den bekanntesten Mitgliedern der Familie Pirquet zählen der Kinderarzt Prof. Clemens von Pirquet und sein Bruder, der Weltraumforscher Guido von Pirquet. Beide wurden im Schloss geboren. Im Ersten Weltkrieg wurden die Schlossgebäude vom Militär genutzt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vernichtete ein amerikanischer Bomberangriff nicht nur den Ort sondern auch den Großteil des Schlosses. 1953 ging das Schloss mit dem 20.000 m² großen Park in den Besitz des Claretiner-Ordens über. An seiner Stelle wurde 1959/61 die moderne Pfarrkirche „Maria Himmelfahrt“ errichtet.

Schloss Hirschstetten war ein prachtvoller Bau, an dem namhafte Künstler tätig waren. Der figurale Schmuck bestand aus verschiedenen Plastiken am Hauptgiebel, Brunnenfiguren in den Grottenräumen, Bekrönungen der Torpfeiler mit Vasen und Putten sowie diverse Statuen im Park. Sie stammten von Lorenzo Mattielli. Erhalten davon sind nur noch Reste von stark verwitterten Puttengruppen am hinteren Parktor. Im Gegensatz zu den restaurierten übrigen Resten der Anlage, ist dieses ungepflegt und vom Verfall bedroht. Der hintere Teil des Parks ist stark verwildert. Seine beiden Randbereiche wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Einfamilienhäusern verbaut. Den Krieg überstanden hat die 1739 unter Johann Wilhelm Graf Wurmbrand anstelle des ehemaligen Brunnenhauses erbaute Schlosskapelle. Von 1742 bis 1896 wurde sie auch als Ortskirche genutzt. 1981/85 wurde sie restauriert. Das Altarbild zeigt die Hl. Maria Immaculata. Außer der Kapelle mit dem Rest des anschließenden östlichen Eckpavillons des Schlosses hat sich auch das Einfahrtstor an der Hirschstettner Straße mit je einem einstöckigen Torgebäude rechts und links erhalten. Über dem Portal ist im Dreieckgiebel ein Wappen der Grafen Barthenheim angebracht. An der Hofseite wird das Portal von zwei hohen toskanischen Pilastern flankiert. Vom Tor führte einst eine Kastanienallee zum Schloss. Ein Teil der Gartenmauer sowie ein seitliches Parktor sind ebenfalls noch zu sehen. Die Torpfeiler sind von Vasen gekrönt, die von Lorenzo Mattielli stammen. Das Schloss hatte bereits im 19. Jahrhundert Verluste an seinem Kunstbesitz zu erleiden. So erwarb Hans Graf Wilczek eine Brunnenfigur aus einer der beiden Grotten und stellte sie in seinem Schloss Seebarn auf. Das prachtvolle schmiedeeiserne Parktor baute der Maler Hans Makart in sein Wiener Atelier ein. Nach dessen Tod kaufte es Baron Rothschild an.

Ort/Adresse: 1220 Wien, Hirschstettner Straße 91

Besichtigung: die Reste des einstigen Schlosses sind frei zugänglich, lediglich die Kapelle ist häufig verschlossen


Weitere Literatur:


03.02.2007