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Gaming


Als Kartause ist Gaming weithin bekannt und im Sommer stark frequentiert. Die wenigsten Besucher wissen aber, dass es auch fast 100 Jahre lang als Schloss gedient hat. Gaming wurde als größte Kartause des Reiches 1330 von dem nach einem Attentat gelähmten Herzog Albrecht II gestiftet und mit reichem Grundbesitz ausgestattet. Neben seinen religiösen Aufgaben hatte es auch eine Verteidigungsfunktion zu erfüllen. Aus diesem Grund war das Kloster mit einer Wehrmauer umgeben, die auf der Bergseite oberhalb des Schlosses noch teilweise erhalten ist. Wichtiger waren aber die Talsperren der Türkenzeit. So konnte mit einer Mauer, die nur zwei Öffnungen für den Fluss und die Straße hatte, das gesamte Tal abgeriegelt werden. Eine weitere Sperre war die Türken- oder Schwedenmauer zwischen Kienberg und Gaming. Sie war mit einem hölzernen Wehrgang versehen. Auch von ihr sind noch Reste vorhanden. Auf der anderen Seite von Gaming standen am Grubberg mehrere Blockhäuser, die den Pass kontrollierten. Mehrere Angriffe der Türken konnten abgewehrt werden. Zum Schloss wurde die Kartause nach ihrer Aufhebung im Jahr 1782 durch Kaiser Josef II. Bis 1825 war Gaming eine unrentable Staatsherrschaft. Die verlassenen Gebäude der Kartause wurden ausgeplündert und verfielen. Graf Albert Festetics de Tolna kaufte schließlich den vernachlässigten Besitz. Er baute das ehemalige Armentarium – die Rüstkammer des Klosters – zum Schloss aus. Vor seinem neuen Sommersitz ließ er einen Landschaftsgarten anlegen. Gaming diente ihm als Verwaltungszentrum für seine ausgedehnten Ländereien im Voralpengebiet. Sein Sohn Gabor ließ in der Kartause einiges erneuern. Er verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Ungarn und verkaufte den Großteil des Forstbesitzes. Die Kartause behielt er aber und verfügte testamentarisch, dass sie nur an einen geistlichen Käufer abgegeben werden dürfte. Nachdem Graf Gabor 1914 verstorben war, gelangte Gaming an das Stift Melk. Bis 1939 wurde die Kartause als Jugendgästehaus geführt. Während des Zweiten Weltkrieges war sie Bergungsort für einen Teil der Kunstgegenstände des Wiener Kunsthistorischen Museums. Nach 1945 verwüsteten russische Besatzungssoldaten die Innenräume, die ihnen zehn Jahre lang als Kaserne dienten. 1968 begann man mit der Restaurierung. 1983 verkaufte das Stift Melk die Kartause (ohne den restlichen Waldbesitz) an den Architekten Dipl. Ing. Walter Hildebrand, der das Bauwerk in den folgenden Jahren revitalisierte. Während die Gebäude der Kartause für Ausstellungen und kulturelle bzw. wissenschaftliche Veranstaltungen adaptiert wurden, richtete man das Schloss wieder für Wohnzwecke ein.

Das Schloss der Grafen Festetics liegt in dem dem Ort zugekehrten Nordteil der Kartause. Es ist das heutige Gartenhaus des marktseitig angelegten Parks. Ursprünglich stand hier als Teil des Wirtschaftshofes die Rüstkammer der stets wachsamen Mönche. Dieses eingeschossige Gebäude des 16. Jahrhunderts wurde im 18. Jahrhundert aufgestockt. Heute zeigt es sich als zweigeschossiger Kastenbau mit elf Fensterachsen. Das Walmdach mit den vielen Dachgaupen wurde anlässlich der letzten Restaurierung ausgebaut. Das Erdgeschoß ist genutet. Die beiden Geschosse sind durch ein durchgehend aufgeputztes Gesims optisch getrennt. Die Mitte des lang gestreckten Schlosses wird talseitig durch einen flachen dreiachsigen Mittelrisalit betont. Ihm ist eine Altane vorgesetzt, die auf drei von Pfeilern gestützten Rundbogen ruht. Sie wurde erst im vierten Viertel des 19. Jahrhunderts errichtet. Bergseitig ist in der Mittelachse ein Raum in den Hang hineingebaut. Die Räume des Erdgeschosses sind mit Tonnengewölben versehen. Vor allem zwei zweischiffige Säle aus dem 16. Jahrhundert sind bemerkenswert. Ihre Stichkappen-Tonnengewölbe ruhen auf achteckigen Marmorpfeilern.

Lage: Niederösterreich/Alpenvorland – ca. 14 km südwestlich von Scheibbs

Besichtigung: das Schloss ist nur von außen zu besichtigen

Homepage: www.kartause.at


Weitere Literatur:


31.12.2006