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Puchberg (bei Wels)


Um 1595 erwarb Christoph Puechner den Oberhof zu Nöham und baute ihn in der Folge zu einem schlossartigen Ansitz aus. Der Oberhof, der ursprünglich dem Stift Lambach gehörte, wird 1288 erstmals erwähnt. Er war ein größerer Bauernhof. Puechner stammte aus bürgerlichen Verhältnissen und hatte eine profunde juridische Ausbildung. Im Dienste der Kaiser Rudolf II und Matthias machte er Karriere und wurde 1592 Verwalter der kaiserlichen Burgvogtei Wels. Gleichzeitig wurde er in den Adelsstand aufgenommen und erhielt eine entsprechende Wappenbesserung. 1607 wurde er Syndikus der sieben landesfürstlichen Städte des Landes ob der Enns und deren Vertreter im Landtag. Puechner hatte schon bald nach der Erwerbung des Oberhofes begonnen, einzelne Höfe und kleine Güter aufzukaufen und eine Grundherrschaft aufzubauen. Das Schloss dürfte im wesentlichen 1618 fertiggestellt gewesen sein. In diesem Jahr suchte er um Erhebung seines Gutes Oberhof zum Edelmannsitz Puchberg an, was ihm von Kaiser Matthias auch gewährt wurde. Gleichzeitig wurde ihm das Recht zugesprochen, Untertanen zu erwerben und die niedere Gerichtsbarkeit auszuüben. Allerdings enthält das kaiserliche Privilegium eine Bestimmung, die es Puechner und seinen Nachfolgern verbietet, „uncatholische Religionsausübung“ zu betreiben oder zuzulassen. Puechner war nämlich schon bisher als eifriger Verfechter der protestantischen Sache hervorgetreten. Als Syndikus nahm er an verschiedenen Delegationen der protestantischen Landstände teil, die – allerdings vergebens – Religionsfreiheit vom Kaiser forderten. Dies führte dazu, dass er, als das Innviertel an Bayern verpfändet und Graf Adam von Herberstorff Statthalter wurde, festgenommen und vorübergehend im Linzer Schloss gefangen gehalten wurde. Puechner wurde bald wieder in sein altes Amt eingesetzt, starb aber 1624.

Seine Witwe und Erbin Elisabeth heiratete noch zweimal. Neuer Besitzer des Schlosses Puchberg wurde 1635 ihr dritter Ehemann, der Welser Ratsbürger Christoph Mitterhofer. Er verkaufte es bereits um 1638/39 an Michael Ernst Paumgartner von und zu Hueb. Dieser entstammte einem bayerischen Adelsgeschlecht und kämpfte auf der kaiserlichen Seite im Dreißigjährigen Krieg. 1634 war er zum Oberkriegskommissarius der Truppen des Grafen Piccolomini ernannt worden. Für seine Verdienste wurde er 1638 in den Ritterstand aufgenommen. 1641 erwarb Ägidius von Seeau die Herrschaft Puchberg. Seine Familie war ursprünglich in Hallstatt ansässig, wo sie im Salzgeschäft tätig war. Ägidius betätigte sich jedoch als Offizier für den Großherzog von Florenz, musste aber wegen einer Verletzung aus dem Kriegsdienst ausscheiden. Er wurde kaiserlicher Mauteinnehmer in Engelhartszell. 1641 gelang es ihm, größere Besitzungen der Polheimer, die in großen finanziellen Schwierigkeiten steckten, anzukaufen. Als Verwaltungszentrum diente ihm das gleichzeitig erworbene Schloss Puchheim. Die erforderliche finanzielle Basis schuf er durch den Verkauf der ererbten Herrschaften Hiltprechting und Thalheim an seinen Vetter Thomas von Seeau, dem Ebenzweier gehörte. 1644 wurde Ägidius und sein Bruder Elias in den Ritterstand aufgenommen. Ägidius wurde 1646 Pfleger der Burgvogtei Wels, musste dieses Amt aber 1653 abgeben, da der neue Eigentümer derselben, Fürst Johann Weikhard von Auersperg andere Pläne hatte. Wohl als Ausgleich dafür wurde er 1654 von Kaiser Ferdinand III zum Vizedom in Österreich unter der Enns bestellt. Unter Ägidius von Seeau erfolgte die zweite große Ausbauphase des Schlosses Puchberg. Er ließ das bestehende Herrenhaus um zwei Seitentrakte erweitern und einen neuen Meierhof anbauen. Letzterer wurde an den von ihm eingesetzten Verwalter der Herrschaft Andree Rudolph Gille verpachtet. Da Ägidius seine Tätigkeit nach Niederösterreich verlagert hatte, versuchte er 1663 Puchberg zu verkaufen. Fürst Johann Weikhard von Auersperg zeigte Interesse, ein Besitzwechsel kam aber nicht zustande. 1667 starb Ägidius auf seinem Schloss Puchberg.

Neuer Herrschaftsinhaber wurde Johann Philibert von Seeau, der 1673 auch die große Herrschaft Ebenzweier erbte und 1678 Schloss Roith bei Gmunden übernahm. 1681 wurde er zum Freiherrn ernannt. Die Herrschaft Puchberg bestand bisher nur aus freieigenen Gütern. Erst als Johann Philibert 1686 das Landgut Reuth erwarb, kam etlicher Lehensbesitz hinzu. Um die Wasserversorgung von Puchheim sicher zu stellen, ließ er eine eigene Leitung ins Schloss legen. Als 1694 Johann Philibert starb, wurde der weitere Ausbau des Schlosses gestoppt. Sein großes Vermögen wurde unter seinen drei Söhnen aufgeteilt. Puchberg fiel an den Freiherrn Anton Nikolaus von Seeau. Dieser und seine Brüder wurden 1697 in den Grafenstand erhoben. Im Spanischen Erbfolgekrieg kämpfte er 1704 in Italien. Ein Jahr später war er Finanzdirektor der kaiserlichen Truppen in München. Um 1720 unterstützte er als Geheimer Rat und Oberhofstallmeister den Augsburger Bischof. Anton Nikolaus legte vor allem auf die Ausgestaltung der rings um das Schloss liegenden Gärten großen Wert. Sie waren mit einer hohen Mauer umgeben und mit Springbrunnen und Teichen versehen. Die Herrschaft war nach wie vor nur mit der Niederen Gerichtsbarkeit ausgestattet. Schwere Verbrechen wurden vom Landgericht Wels geahndet. Da sich die finanzielle Lage des Grafen mehr und mehr verschlechterte, reagierte er wie ein moderner Staat. Er versuchte durch die Erhöhung von Abgaben und die Einführung neuer Steuern seine Einkünfte zu steigern. Einer Beschwerde von sechs Untertanen, die diese 1732 an Kaiser Karl VI gerichtet hatten, wurde nach langen Verhandlungen in allen Punkten Recht gegeben. Ob die Betroffenen jedoch jemals für die Bauernschinderei entschädigt wurden, ist aber ungewiss. Die Schulden der Herrschaft wuchsen jedenfalls weiterhin an und die finanzielle Situation wurde immer kritischer.

Anton Nikolaus hatte schließlich genug und übergab Puchberg und das inzwischen wieder geerbte Ebenzweier seinem Sohn Joseph Anton. Als der bayerische Kurfürst Karl Albrecht die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI nicht anerkannte und seine Erbansprüche mit Waffengewalt durchsetzen wollte, rückte er 1741 mit französischer Unterstützung in Oberösterreich ein und besetzte Linz. Graf Joseph Anton von Seeau, der zu seinen eifrigsten Anhängern zählte, setzte sich dafür ein, dass das Salzkammergut kampflos an die Bayern übergeben wurde. Er nahm auch an der Huldigung Karl Albrechts in Linz teil. Mit ungarischer Hilfe gelang es Maria Theresia aber bald, die Truppen des Kurfürsten aus Oberösterreich zu vertreiben. Graf Seeau wurde verhaftet und wegen Landesverrat zu lebenslangem Gefängnis in der Festung Temesvar verurteilt. Sein Vermögen wurde konfisziert. Er wurde zwar 1745 wieder freigelassen, musste jedoch das Land verlassen. Er zog nach München, wo er zum Hofmusik- und Hoftheaterintendanten bestellt wurde. Die Beschlagnahme seiner österreichischen Güter wurde aufgehoben, doch fielen sie nun wegen der gigantischen Schulden einer gerichtlichen Sequestrierung zum Opfer. Freiherr Franz Xaver Pocksteiner von Woffenbach, einer der Hauptgläubiger, wurde vom Gericht als Administrator der Seeauischen Besitzungen eingesetzt. Er hatte es nicht leicht, Käufer für die hochverschuldeten Güter zu finden. Erst 1766 kam es zu einem Verkauf an den Freiherrn Elias Reichard Anton Engl von und zu Wagrain. Im Jahr zuvor war die Landesverweisung für Graf Joseph Anton von Seeau aufgehoben worden, doch zog er es vor, in München zu bleiben.

Engl war Leibarzt Maria Theresias. Er lebte daher meist in Wien und ließ Puchberg vorerst durch General Alois Freiherr von Hager verwalten. Erst seine letzten Lebensjahre bis zu seinem 1771 erfolgten Tod verbrachte er im Schloss. Danach ging die Herrschaft auf seinen Neffen über. Im 19. Jahrhundert wechselten die Eigentümer relativ rasch. Auf Albrecht Graf Czernin (ab 1802) folgte schon 1809 Heinrich von Schmelzing und Wernstein. Während der Franzosenkriege ging 1809 das Archiv verloren. 1848 wurde Rudolf Freiherr von Hildprandt-Ottenshausen Schlossherr. Bemerkenswerter als dieser war sein Verwalter Anton Schilcher. Er betätigte sich nach der Revolution als liberaler Journalist und Herausgeber des Welser Wochenblattes. 1867 ging Puchberg mit Dr. August Dehne in bürgerliche Hände über. Auch er war politisch tätig und war Landtags- sowie Reichstagsabgeordneter der Deutsch-Liberalen Partei. Daneben engagierte er sich noch als Bürgermeister von Puchberg. Der umfangreiche Grundbesitz, der zur Herrschaft gehörte, wurde laufend abverkauft, so dass diese 1877 in der Landtafel gelöscht wurde. In diesem Jahr verkaufte Dehne das Schloss an Dr. Alfred Ritter von Jurnitschek. Dieser stammte aus der Bukowina, wo seine Familie umfangreichen Grundbesitz besaß. Er trat vor allem als Schriftsteller verschiedener patriotischer Prachtwerke hervor. Mit Hilfe des Münchner Architekten Christian Lothary und dem Bauführer Josef Weixelbaumer ließ er Schloss Puchberg prächtig im Stil der französischen Frührenaissance ausbauen und modernisieren. So sorgten ein eigenes Gaswerk und ein Generator dafür, dass die Elektrizität bereits um 1880 in Puchberg Einzug hielt. Die Erfindung eines Repetiergewehrs brachte ihm wenig Glück. Zahlreiche Prozesse mit Alfred Werndl, den er des Patentdiebstahls bezeichnete, kosteten ihm so viel Geld, dass er 1912 Puchberg an Paul Schöning aus München verkaufen musste. Dieser veräußerte es aber bereits vier Jahre später an den Gummi-Industriellen Josef Reithoffer. Von dessen Tochter Gisela Kobbe erwarb 1950 der österreichische Staat das Schloss. Da die geplante Verwendung als Bundesseminar nicht verwirklicht wurde, konnte die Diözese Linz zwei Jahre später das Objekt zum ursprünglichen Preis von 1,3 Mio. Schilling übernehmen. 1953 wurde das heute größte katholische Bildungshaus Österreichs eröffnet. Bei der hiefür erforderlichen Renovierung wurde die Außenansicht des Gebäudes stark vereinfacht. So wurden die Dachhäuschen, die stark zur Belebung der Fassaden beigetragen hatten, abgebrochen. 1970 erfolgte eine Generalrestaurierung.

Wer nur flüchtig hinsieht, könnte glauben, dass Schloss Puchberg ein Werk des Historismus ist. Tatsächlich ist es vorwiegend ein Gebäude des Frühbarocks, das im 19. Jahrhundert lediglich im Stil der Zeit „modernisiert“ wurde, wobei keine wesentlichen Änderungen an der Bausubstanz vorgenommen wurden. Das dreigeschossige Schloss liegt nördlich von Wels am Rande der Welser Heide. Es ist eine hufeisenförmige Anlage um einen nach Westen offenen Innenhof. Es wird von vier, aus den Fronten vorspringenden Rundtürmen flankiert. 1878 wurde ein neues Dach aufgesetzt. Dabei wurden die barocken Zwiebelhauben der Ecktürme durch spitze Kegeldächer ersetzt. Der durch den Freiherrn von Engl zwischen 1767 und 1771 erneuerte zierliche Uhrturm am Ostflügel wurde erst 1953 abgebrochen. Der von Christoph Puechner ausgebaute Gutshof dürfte im heutigen Nordflügel mit seinen starken Mauern stecken. Die Arkadengänge in zwei Gebäudeflügeln stammen bereits vom Umbau des Ägidius Seeauers. Im Erdgeschoß ruhen die Bögen auf quadratischen Granitpfeilern. Im zweiten Stock stehen doppelt so viele toskanische Säulen als im ersten Obergeschoß, wobei natürlich die Dimensionen entsprechend verkleinert sind. Die Bogenöffnungen der beiden Obergeschosse wurden im 19. Jahrhundert geschlossen bzw. in Fenster umgewandelt, wobei die dadurch neu geschaffenen Wandflächen bemalt wurden. Der mit 1878 datierte Sgraffito-Dekor besteht im Hof an der Ost- und der Südwand aus mit Fruchtgehängen und Ornamenten komponierten Fensterumrahmungen. An der Nordseite stehen vier martialisch aussehende Landsknechte in einer Scheinarchitektur zwischen den Fenstern. Der Entwurf der malerischen Ausgestaltung stammt vom Wiener Maler Heinrich Irmann (1849 – 1915). Die Ausführung erfolgte durch die Firma A. Falkenstein aus Wien. In der Mitte des Ehrenhofes befindet sich ein Brunnen aus dem 18. Jahrhundert. Schon Johann Philibert von Seeau ließ hier einen Springbrunnen errichten. Der hölzerne Brunnenkorb war aber bald verfault und die Brunnenröhren undicht, so dass sich Graf Joseph Anton von Seeau 1740 entschloss, durch den Linzer Steinmetzmeister Johann Michael Herrstorffer einen neuen Brunnen aus Stein errichten zu lassen. Die Sandstein-Brunnenfigur stellt Neptun dar, wird aber gelegentlich als Hl. Christophorus gedeutet, da er ein Kind an seiner Schulter trägt. Mit der anderen Hand hält er eine Wappentafel, die ein Kamel, das Wappentier der Seeauer, zeigt. Der Brunnen wurde 1748 aufgestellt.

Umfassend waren die historistischen Veränderungen im Inneren. Lediglich der Nordflügel blieb weitgehend unverändert, da hier der Verwalter seine Wohnung hatte. Bemerkenswert ist vor allem der zweigeschossige Spiegelsaal. Er zeichnet sich durch acht hohe Spiegel mit Goldrahmen aus. Auch der Stuck ist vergoldet. Die Fensternischen sind holzverkleidet, ebenso die Türen. Die Sockelzone zeigt graublauen Stuckmarmor, die darüber liegenden Flächen sind rotbraun gehalten. Die Stuckarbeiten gehen auf den Wiener Bildhauer Reinhard Völkel zurück. Sie ersetzen die ursprünglichen Stuckverzierungen aus dem dritten Viertel des 17. Jahrhunderts. Die Fenster wurden mit den zahlreichen Orden bemalt, die Jurnitschek erhalten bzw. gesammelt hatte. Die Decke des Saales ist tonnengewölbt. Sie wird durch verzierte und goldgerahmte Stuckleisten in etliche Felder geteilt, in denen sich Malereien bzw. Stuckelemente befinden. Über den beiden intarsierten Türen sind große Ölgemälde eingesetzt. Sie zeigen Fortuna und Justitia. Ihr Maler war August Eisenmenger. Er und sein Schüler August George-Mayer dürften auch die kleineren Wand- und Deckenbilder geschaffen haben. Der Vorraum zum Spiegelsaal ist ähnlich ausgestattet. Auf zwei in die Decke eingelassenen Bildern von August George-Mayer erkennt man Jurnitschek und seinen Architekten Lothary sowie zwei Ansichten des Schlosses, die dessen Zustand vor und nach dem Historismus-Umbau zeigen. In den Wohnräumen haben sich noch einzelne Stuckkassettendecken und Stilmöbel des späten 19. Jahrhunderts erhalten. Interessant sind auch die Schmiedeeisengitter und –kandelaber, die man überall im Schloss antrifft. Seit der Verwendung als Bildungshaus erfolgten etliche Zubauten. So wurden 1960 im Nordwesten ein Bettentrakt und eine neue Kapelle errichtet, die durch einen Verbindungsgang vom Schloss aus erreicht werden können. Das großformatige Glasfenster der Kapelle schuf Rudolf Kolbitsch. Der Andachtsraum wurde später in das Untergeschoß verlegt und 1983 von Lydia Rappolt malerisch ausgestaltet. Die alte, 1690 erwähnte Schlosskapelle war wegen des schlechten Gewölbezustandes 1878 abgetragen und durch einen von Reinhard Völkel gestalteten Neubau ersetzt worden. Dieser wurde 1953 aufgelassen. Das Einfahrtstor zu den Wirtschaftsgebäuden ist mit einer Marienstatue und zwei steinernen Heiligenfiguren (Florian und Donatus) aus der Zeit um 1730 geschmückt. Das Tor führte ursprünglich zum Schloss, wurde aber vor einiger Zeit um 90 Grad gedreht und bildet jetzt den Zugang zum benachbarten Herrenhaus, das aus der ehemaligen Wagenremise und dem Presshaus umgebaut wurde. Die Pferdestallungen im Meierhofbereich sind mit Stuckmedaillons versehen, die mit 1810 datiert sind. Schloss und Nebengebäude sind von einem großen Park umgeben, der von einer Mauer begrenzt ist. Das Gebäude des ehemaligen Gaswerkes ist als Pavillon im Park erhalten. Die Teiche, die das Schloss einst umgaben, sind weitestgehend zugeschüttet.

Lage: Oberösterreich/Traunviertel – ca. 3 km nördlich von Wels

Besichtigung: meist weitgehend möglich


Weitere Literatur:


21.12.2006