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Stadl an der Raab


Das heutige Schloss wurde an der Stelle einer mittelalterlichen Wasserburg, die 1265 erstmals genannt wurde, von den Rittern von Stadl errichtet. Diese waren Dienstmänner der Wildoner und Stubenberger. Die Familie erlebte ihren Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert. Damals besaß sie zahlreiche Herrschaften in der Oststeiermark. 1882 ist sie ausgestorben. Ein Hugo von Stadl wird bereits 1180 erwähnt, doch ist es zweifelhaft, ob er den Wehrbau an der Raab besessen hat. In der Oststeiermark werden die Herren von Stadl erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mehrmals erwähnt. 1318 saßen hier Ulrich und Leo von Stadl. Bernhard von Stadl konnte zwischen 1512 und 1522 die Herrschaft durch Zukäufe verschiedener Güter deutlich vergrößern. Der wehrhafte, mit einem Turm versehene Hof wurde um 1540 zum Herrschaftssitz ausgebaut. Hans und Christof von Stadl gaben dem Schloss ab 1580 seine heutige Gestalt. Christof wurde zum Freiherrn ernannt. Da sein Sohn Georg Andre einen liederlichen Lebenswandel pflegte und sogar die Truhen im Hause seines Vaters aufbrach, wurde er weitgehend enterbt. Schloss Stadl kam an dessen Vetter Hans Andre Freiherr von Stadl, der es aber an Gottfried Freiherr von Stadl verkaufte. Als dieser testamentarisch bestimmte, dass die Herrschaft nur an einen Katholiken aus der Familie fallen dürfte, kam es nach seinem Tod 1628 zu Schwierigkeiten, da fast alle Familienmitglieder mittlerweile protestantisch geworden waren. Die wegen Steuerrückstände vorübergehend gepfändete Herrschaft gelangte nach langen Erbstreitigkeiten an Gotthard Zollner, da er der einzige katholische Erbberechtigte war. Die Streitigkeiten hörten aber nicht auf. 1682 musste der Besitz an Johann Rudolf Freiherrn von Stadl abgetreten werden. Das Schloss war damals bereits in einem sehr schlechten Zustand. 1730 wurde es wegen großer Steuerrückstände unter Zwangsverwaltung gestellt. Als diese 1742 aufgehoben wurde, übernahm Carl Josef Freiherr von Stadl die Herrschaft. 1767 kam es zu einer neuerlichen Zwangsverwaltung. 1799 kaufte der langjährige Pächter Johann Ernst Fröhlich den Besitz. Im 19. Jahrhundert gehörte das Schloss eine Zeitlang der Familie Ahrenberg. Im 20. Jahrhundert gelangte Stadl zuerst an Herrn Fattinger und dann an Direktor Maria Josef Rosner. Während des Zweiten Weltkrieges diente das Schloss als Bergeort für das Steiermärkische Landesarchiv. Die gelagerten Bestände wurden aber 1945 durch sowjetische Soldaten stark dezimiert. 1966 erwarb der aus einer alten böhmischen Familie stammende Ing. Hans Graf Kinsky das Gut, um die Landwirtschaft selbst zu betreiben. Das Schloss war damals in einem sehr schlechten Zustand und ohne Mobiliar. Es wurde bis 1972 durchgreifend restauriert sowie modernisiert und wird auch heute noch von der Familie bewohnt.

Schloss Stadl ist eines der interessantesten Wasserschlösser der Steiermark. Das bestens gepflegte Gebäude liegt nordwestlich von St. Ruprecht im breiten Tal der Raab. Es war von zwei Wassergräben umgeben, zwischen denen ein aufgeschütteter Damm lag. Dieser wurde aber noch in der Barockzeit eingeebnet. Am Weg zum Schloss passiert man nach dem ersten Wassergraben, der bis zu 20 m breit war, einen freistehenden Torturm. Er ist eine Besonderheit. Der zweigeschossige Bau ist mit einem Zeltdach gedeckt. Er trägt die von zwei Löwen gehaltenen Steinwappen der Stadl und Kainach und ist mit 1608 datiert. An der mit dekorativen Wandmalereien geschmückten Außenseite erkennt man noch die Zugbrückennischen und –rollen. Das gerade verdachte Rundbogenportal wird von bemalten Steinskulpturen flankiert. Im Erdgeschoß stehen auf hohen Sockeln zwei geharnischte Männer, denen über der Portalverdachung zwei weibliche Figuren zugeordnet sind. Möglicherweise handelt es sich dabei um Hans und Christof von Stadl mit ihren Frauen. Die Inschrift am Gebälk bezieht sich aber auf Hans Andre Stadl, der mit Jacobine Freiin von Kainach verheiratet war. Das Kinsky-Wappen an der Innenseite wurde 1966 angebracht. Das Tor wird Filiberto Pocabello zugeschrieben. Es ist das früheste steirische Schlossportal, das mit lebensgroßen Figuren geschmückt ist. Das Schloss ist in verschiedenen Bauperioden entstanden. Die Arbeiten wurden 1608 durch Hans Andre Freiherr von Stadl abgeschlossen, doch kam es auch später immer wieder zu Veränderungen.

Es ist ein von Westen nach Osten sich verbreitender unregelmäßiger Baukomplex um einen länglichen Innenhof. Seine Außenwände sind zum Teil den Krümmungen des Raabflusses angepasst, was eine Flankierung der Mauern ermöglichte. Der zweigeschossige Tortrakt hinter dem zweiten Graben im Nordwesten ist der älteste Teil der Anlage. Sein Rustikaportal ist mit einem Wappenfresko der Stadl und Galler geschmückt. Die übrigen Bauteile sind dreigeschossig. Sie umgeben einen stilvollen Arkadenhof vom Ende des 16. Jahrhunderts. Die Bögen in den Obergeschossen ruhen auf runden und achteckigen Säulen. Der Osttrakt ist mit zwei niedrigen quadratischen Ecktürmen ausgestattet. Ihre Zeltdächer erreichen die gleiche Höhe wie das Satteldach der Wohnbauten. Am lang gestreckten Nordtrakt springt der Kapellenbau als Mittelrisalit vor. Der im Obergeschoß befindliche Sakralraum wurde 1704 dem Hl. Josef geweiht. Die neugotischen illusionistischen Malereien an den Wänden und am Tonnengewölbe wurden 1832 angebracht. Die Wand hinter dem Altar ist mit den zwölf Aposteln bemalt, die auf gedrehten Sockeln stehen. Über der Empore erkennt man das Rosenwappen der Ahrenberg, die damals die Ausschmückung veranlassten. Der Altar mit dem Bild der Hl. Familie stammt aus dem 17. Jahrhundert. Zwei hohe Räume des Südtraktes wurden im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts von Giuseppe Pazarini aus Mailand mit Stuckdecken ausgestattet. Sie zeigen u. a. Allegorien auf die vier Jahreszeiten sowie anderen typischen Barockschmuck, wie Rollwerk und Fruchtgehänge. Im Park vor dem Schloss steht eine Steinfigur des Hl. Nepomuk aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Eine steinerne Mariensäule an der Straße ist mit 1662 bezeichnet.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 10 km nordwestlich von Gleisdorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


24.11.2006