ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Scharfeneck (Mannersdorf)


Das Leithagebirge gehörte ursprünglich zu Ungarn. Am Burgplatz dürfte sich bereits um die Jahrtausendwende eine hölzerne Befestigung befunden haben. 1386 wird in einer ungarischen Urkunde Johann von Scharpeneck erwähnt. Er war Pfleger der Burg Landskron. 1396 plünderten die Scharfenecker das österreichische Deutsch-Altenburg. 1408 überfiel der Stuchs von Trautmannsdorf die Burg, wofür sich deren Herren 1412 an den Trautmannsdorf-Besitzungen blutig rächten. Die Brüder Hermann und Friedrich von Scharfeneck dürften ihre Stammburg verkauft haben. Sie gelangte an den ungarischen König, der sie offenbar neu erbauen ließ. 1417 wird sie als Neuscharfeneck und 1429 als Wyscharffnyk bezeichnet. Als ungarische Grenzburg war sie gegen Österreich gerichtet. Sie wurde zuerst als Lehen an die Familie Wolfart und 1442 dann als Pfand an Georg von Pottendorf vergeben. In der politisch unruhigen zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren die Eigentumsverhältnisse recht unübersichtlich. Man kann heute kaum mehr feststellen, wann Scharfeneck ungarisch und wann österreichisch war. Zuerst wurde Scharfeneck zum Streitobjekt, da verschiedene Adelige darauf Ansprüche anmeldeten. Graf Siegmund von St. Georgen und Pösing konnte die Burg zwar bis 1460 halten, musste sie dann aber abgeben.. Zwei Jahre später befand sie sich wieder, diesmal aber als kaiserlicher Pfandbesitz, in der Hand der Grafen von St. Georgen. 1469 verkauften (!) sie Scharfeneck an den ungarischen König Matthias Corvinus. Dieser übergab es für 6.000 Gulden an Ulrich von Grafeneck als freies Eigen. Unter ihm fand ein Ausbau der Verteidigungsanlagen statt. Ulrich erwies sich als nicht besonders dankbar und stellte sich bald an die Seite Kaiser Friedrichs III. Scharfeneck war nun endgültig österreichische Grenzburg. Von Ulrichs gleichnamigen Sohn gelangte es zuerst an dessen Onkel Dr. Veit von Fürst und 1507 an Christoph von Zinzendorf. Ab 1528 wurde die Herrschaft meist als Pfandbesitz vergeben, so vorerst an den St. Georgs-Orden und dann 1542 an Leonhard von Harrach. Nachdem 1555 ein Blitz den Bergfried schwer beschädigt hatte, ließ Max von Polheim, der ab 1558 Pfandherr war, einige Ausbauarbeiten vornehmen. So wurde der Brückenpfeiler im Burggraben erneuert und die Ringmauer mit einer Brustwehr versehen. Die Burg wurde aber bald nicht mehr bewohnt und verfiel, da der Herrschaftssitz nach Mannersdorf verlegt wurde. Lediglich im Torbau hauste ein Wärter. In Notzeiten, wie beim Türkeneinfall von 1683, zog sich aber die Bevölkerung der Umgebung hierher zurück. Die starken Mauern konnten zwei- bis dreitausend Flüchtlingen Schutz bieten. Allerdings forderte eine Epidemie viele Opfer. Die weitere Besitzgeschichte ist mit jener von Mannersdorf bis in das 20. Jahrhundert hinein ident. Scharfeneck mit den umliegenden Wäldern gehört aber heute den Österreichischen Bundesforsten.

Die ausgedehnte Ruine liegt auf einem, dem Leithagebirge vorgelagerten Hügel. Von der Burg hatte man einst einen ungehinderten Blick über das Wiener Becken bis zum Wienerwald. Heute bemerkt man die Ruine erst, wenn man sich unmittelbar davor befindet, da sie völlig von Wald umgeben ist. Wie die meisten Ruinen, die sich noch im Besitz der Österreichischen Bundesforste befinden und von keinem Burgverein betreut werden, ist auch Scharfeneck ungepflegt und komplett verwachsen. Dabei ist es auch noch im Verfall ein imposanter Bau. Die sieben bis zehn Meter hohe Ringmauer der Hauptburg ist komplett erhalten. Sie ist zwischen 5 und 6 m stark und aus Bruchsteinen aufgeführt. Der Mauer wurde in den Jahren 1558 bis 1568 außen eine hohe Brustwehr aufgesetzt, hinter der auf der Mauerkrone ein Wehrgang verlief. In Abständen von etwa zwei Meter befanden sich Keil- und andere Schießscharten. Die Ringmauer war durch einen Erdwall und im Norden und Osten durch einen vier bis fünf Meter tiefen Graben geschützt. Von der einstigen Vorburg aus führte eine Brücke, die einen starken Mauerpfeiler in der Grabenmitte als Aufleger hatte, zu einem Rundbogentor, dem einzigen Zugang zur Hauptburg. Es wurde in späterer Zeit durch eine Ziegelausmauerung verkleinert. Die Brücke ist nicht mehr vorhanden, so dass das Betreten der Ruine, das ohnehin verboten ist, zusätzlich erschwert wird. Über dem Tor befand sich eine Kammer für den Torwart. Die Ringmauer umschließt einen großen, annähernd quadratischen Hof. Sie ist diagonal durch zwei mächtige Flankierungstürme verstärkt.

In der Nordostecke springt ein runder Bastionsturm vor, der im unteren Bereich zahlreiche Stückscharten aufweist. Er war früher wesentlich höher, seine oberen Geschosse sind aber längst verfallen. In der Südwestecke liegt ein elliptischer Turm mit einer Mauerstärke von drei bis vier Meter. Über seinen beiden Geschoßen trug er eine Wehrplatte mit Brustwehr und Schießscharten. Die Kurtinen werden von schartenartigen Öffnungen unterbrochen, hinter denen gewölbte Schießkammern liegen. Die schön gemeißelten spätgotischen Fensterstöcke stammen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der große Innenhof ist heute weitgehend mit Schutt gefüllt. Ein Eigentümer, der nicht nur am Erhalt der Bäume interessiert ist, die die Mauern der Ruine gefährden, könnte ohne große Kosten den Gesamteindruck verbessern, wenn er die Schuttberge entfernen und einige Bäume fällen würde. Dann würden auch die heute bereits weitgehend verschütteten Fenster und Schartenkammern wieder voll sichtbar werden. Auf einem Felsbuckel inmitten des Hofes erhebt sich der freistehende runde Bergfried. Seine Errichtung dürfte noch im 14. Jahrhundert erfolgt sein. Er war einst 24 m hoch, ist aber nur noch bis zu einer Höhe von etwa 7 m erhalten, da er nach dem Blitzschlag von 1555 eingestürzt war und nicht mehr erneuert wurde. Auch er ist teilweise mit Schutt gefüllt. Im Erdgeschoß befindet sich ein großer Saal, der wegen dem Scheitelloch in seinem Tonnengewölbe oft fälschlicherweise als Verließ bezeichnet wird. Unter ihm liegt sich eine Zisterne. Dem Bergfried ist ein runder Stiegenturm angebaut. Reste der steinernen Wendeltreppe haben sich erhalten. Von den übrigen Bauten, die einst im Burghof standen, ist nichts mehr vorhanden.

Lage: Niederösterreich/Leithagebirge – zwischen Mannersdorf und Hof im Naturpark Mannersdorf-Wüste

Besichtigung: nicht erlaubt, doch jederzeit möglich, aber nicht leicht zu finden, da die Hinweisschilder entfernt wurden


Weitere Literatur:


16.11.2006