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Wien - Hofburg/Amalienburg


Die Amalienburg zählt zu den älteren Teilen der Wiener Hofburg. Im 14. Jahrhundert lag hier der den Grafen von Cilli gehörende Cillierhof, der nach dem Aussterben der Grafen als Geschützdepot verwendet wurde. Seine Reste wurden beim Stadtbrand von 1525 zerstört. An ihrer Stelle entstand zwischen 1575 und 1577 der erste Bau der späteren Amalienburg. Es war ein eingeschossiges Gebäude, das Maximilian II für die Hofhaltung seines Sohnes Rudolf II errichten ließ. Daneben stand ein Stadel des Zeugwartes. 1582 wurde der Bau durch Pietro Ferrabosco deutlich vergrößert und aufgestockt. Kaiser Rudolf II beauftragte mehrere Wiener Maler wie Georg Spettenkoffer, Valentin Glaser und Donat Hübschmann mit der Ausschmückung desselben. Auch der Bildhauer Giovanni de Monte und der Hofmaler Bartholomäus Spranger waren hier tätig. Rudolf II residierte aber am Prager Hradschin und hat die Wiener Hofburg nie bewohnt. Er überließ das damals „Rudolfinischer Trakt“ genannte Gebäude seinem Bruder Erzherzog Ernst. Aus Geldmangel mussten die Arbeiten mehrmals unterbrochen werden. 1595 war das Gebäude bereits dreigeschossig. Um 1600 wird als Bauführer Antonio de Moys erwähnt. Erst der Baumeister Hans Schneider konnte um 1611 die Burg nach 36-jähriger Bauzeit fertig stellen. Bemerkenswert war der riesige unförmige Uhrturm. Im 17. und 18. Jahrhundert diente die Anlage als Residenz der Kaiserinnen und Kaiserwitwen. Sie führte auch zeitweise den Namen „Frauenburg“. Eleonore von Mantua, die dritte Gattin Kaiser Ferdinands III, ließ um 1683 das Gebäude um ein Halbgeschoß aufstocken und das Innere modernisieren. Damals wurden auch die Innenhofarkaden vermauert. Als Kaiser Joseph I 1711 starb, wurde der Bau seiner Gemahlin Wilhelmine Amalie als Witwensitz zugewiesen, den sie auch 31 Jahre nützte. Von ihr hat dieser Trakt seinen heutigen Namen. 1765 wurde er für Herzog Albert von Sachsen-Teschen und seine Gattin Erzherzogin Maria Christina neuerlich umgebaut. Von 1790 bis 1792 logierte hier Kaiser Leopold II. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts waren im Mezzanin der Amalienburg vor allem Wohnungen für die Erzherzöge und Erzherzoginnen eingerichtet. Während des Wiener Kongresses stellte man dem russischen Zaren Alexander I einige Räume in der Beletage zur Verfügung. Die Alexanderstiege erinnert noch an ihn. Kaiser Ferdinand I und Maria Anna bewohnten von 1831 bis 1835 ein Appartement. Später wohnten hier Kaiserin Elisabeth und dann Kaiser Karl mit seiner Gattin Zita. Letztere hatten das Alexander-Appartement bezogen. Im Erdgeschoß war das Oberstallmeisteramt und im Mezzanin das Hoftelegraphenamt untergebracht. Bis 1903 verband ein Schwibbogen die Amalienburg über die Schauflergasse mit dem sog. Kaiserspital. 1963 erfolgte die letzte Renovierung der Fassade, nachdem bereits 1930 das Innere restauriert worden war. Das Gebäude wird heute vom Bundeskanzleramt und dem Bundespressedienst genützt.

Die Amalienburg trennt den Inneren Burghof vom Ballhausplatz. Sie ist ein wichtiges Beispiel für die wenigen rustizierten Stadtpalästen des Manierismus in Österreich. Die um einen Innenhof angelegte Vierflügelanlage stand ursprünglich frei. 1660/66 wurde sie mit dem neu geschaffenen Leopoldinischen Trakt verbunden. Das oberste Geschoß mit dem heutigen Uhrturm wurde der Amalienburg erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgesetzt. 1728 wurde der Innere Burghof durch die Errichtung des an sie anschließenden Reichskanzleitraktes geschlossen. Wenn auch die Schauseite der Amalienburg zum Burghof gerichtet ist, liegt doch der Haupteingang am Ballhausplatz. Hier führen sogar zwei große Holztore ins Innere. Durch die Torhalle gelangt man in den trapezförmigen Innenhof. In seinem hinteren Teil steht ein gemauerter Ziehbrunnen mit einem schlichten schmiedeeisernen Aufsatz aus der Zeit um 1600. Schmiedeeiserne Laternen schmücken die Hofwände. An diesen sind noch die vermauerten Steinsäulen der einstigen Arkaden zu erkennen. An der linken Seite der Torhalle führt die im Rokokostil stuckierte Alexanderstiege zu den Kaiserappartements im ersten Stock. Dazu gehört vor allem die Wohnung der Kaiserin Elisabeth. Zu ihr zählen auch die sog. Berglzimmer, zwei kleine sechseckige Räume, die 1766 von Johann Baptist Wenzel Bergl mit Fresken und Leinwandbilder geschmückt wurden. Der interessanteste Raum des Elisbeth-Appartements ist aber das Wohnzimmer mit seinem schönen Stuckplafonds und dem neugotischen Hausaltar aus Carraramarmor von Vincenz Pilz. Der größere Teil der historischen Wohnräume liegt aber im anschließenden Reichskanzleitrakt. Die von Nicolo Pacassi 1761/64 angelegten Enfiladen sind noch weitgehend in ihrem Originalzustand erhalten.

Im Erdgeschoß befanden sich einst Stallungen und Wirtschaftsräume. Heute dienen sie Verwaltungs- und Archivzwecken. Die Räume des Mezzanins und des ersten Stocks sind mit weißen Holzvertäfelungen ausgestattet, die mit vergoldeten Ornamenten geschmückt sind. In die Wände sind große Spiegel mit vergoldeten Rahmen eingelassen. Die Decken sind mit Stuckarbeiten verziert. In den Räumen stehen zahlreiche weiß-graue Steingutkamine. Der zweite Stock ist modern zweckmäßig ausgestattet. Im Mezzanin lagen die Wohnräume der Erzherzogin Gisela, einer Tochter Kaiser Franz Josephs. Sie werden heute vom Bundespressedienst genützt. Die schlichte Rokokoausstattung wurde im 19. Jahrhundert zur Zeit des „zweiten Rokokos“ (um 1826) restauriert. In den geräumigen Kellern hat sich noch Bruchsteinmauerwerk des Cillierhofes aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhalten. Sie dienten im 19. Jh. als Hof-Weinlager. Bemerkenswert ist auch die zum Inneren Burghof gerichtete Rustikafassade. Das einfache Holztor des Rundbogenportals zeigt noch die Originalbeschläge aus der Zeit um 1720. Die beiden Wächterhäuschen wurden erst im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts hinzugefügt. Die große Sonnenuhr im Attikageschoß stammt vom Ende des 17. Jahrhunderts. Der Ädikulaaufsatz beherbergt eine um die Mitte des 19. Jahrhunderts erneuerte Uhr. Dahinter erhebt sich ein achteckiger Dachreiter mit einem zweifach abgetreppten kupfernen Zwiebelhelm (um 1710). In seinem unteren Teil erkennt man einen beweglichen Mondphasenglobus. Er ist die letzte Reminiszenz an die riesige astronomische Uhr, die sich hier befand und im 17. Jahrhundert als berühmte Sehenswürdigkeit galt. Als Wetterfahne dient schon seit Jahrhunderten das „Burgrössel“, ein sich aufbäumendes Blechpferdchen. An seiner Stelle befand sich ursprünglich ein drachenähnliches Fabelwesen. Der 1710 angefügte zweiachsige Verbindungsbau zum Leopoldinischen Trakt mit der Durchfahrt zum Ballhausplatz lässt den asymmetrischen Bau optisch symmetrischer erscheinen.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Ballhausplatz 1

Besichtigung: von außen jederzeit möglich. Im Inneren sind lediglich die Kaiserappartements zu besichtigen (täglich von 09.00 bis 17.00 - Eingang:Reichskanzleitrakt/Michaelerkuppel)

Homepage: www.hofburg-wien.at


Weitere Literatur:


12.11.2006