ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Palais Starhemberg (Minoritenplatz)


Das Palais Starhemberg zählt zu den ältesten der Wiener Barockpaläste. Neben dem Leopoldinischen Trakt der Hofburg ist es das einzige Beispiel frühbarocker Palastarchitektur in Wien. 1661 erwarb Konrad Balthasar Graf Starhemberg von Hans Friedrich von Sonderndorf ein Freihaus, an dessen Stelle er bis 1667 ein neues Palais errichten ließ. Der Architekt ist unbekannt, er dürfte aber italienischer Herkunft gewesen sein. Das erste Obergeschoß war die Beletage und als solche der Repräsentation vorbehalten. Das zweite Geschoß diente Wohnzwecken, das dritte der Dienerschaft und für Büros. Im Erdgeschoß waren Kanzlei- und Wirtschaftsräume untergebracht. Das Souterrain beherbergte u. a. Stallungen für 34 Pferde. Der Sohn des Bauherrn, Feldmarschall Ernst Rüdiger Graf Starhemberg, wohnte hier und leitete 1683 von seinem Palais aus die Verteidigung Wiens gegen die anstürmenden Türken. Nach dem Frieden von Karlowitz 1699 fanden in der Beletage abschließende Gespräche mit dem türkischen Großbotschafter Ibrahim Pascha statt. Als Ernst Rüdiger 1701 kinderlos starb, ging das Palais an seinen Neffen Konrad Sigismund Anton über. Georg Adam Fürst Starhemberg übernahm 1783 die gesamten Starhemberg’schen Besitzungen. Er ließ das Gebäude im Inneren durch Andreas Zach komplett umbauen. Es entstand ein größeres Treppenhaus sowie eine Neuaufteilung des ersten und zweiten Stocks, dem die frühbarocke Einrichtung fast völlig zum Opfer fiel. Aber auch Zachs künstlerische Ausgestaltung ist durch spätere Umbauten fast völlig verschwunden. Das Palais blieb bis 1814 im Besitz der Familie, dann mußte es der durch die Napoleonischen Kriege schwer verschuldete Fürst Ludwig Joseph gemeinsam mit den Gütern Erlaa und Atzgersdorf durch eine Verlosung abgeben.

Danach gehörte das Gebäude kurze Zeit der Familie Nádasdy, doch scheint bereits 1820 Ladislaus Graf Festetics de Tolna als neuer Eigentümer auf. Er ließ die Repräsentationsräume im Empire-Stil neu ausstatten. Für die Umbauarbeiten wurde Alois Ludwig Pichl engagiert. Er schuf die ovale Wendeltreppe, die alle Stockwerke erschließt, während er die bisherige Feststiege bereits im ersten Stock enden ließ. Da die Prunkräume seinerzeit als Enfilade geschaffen wurden, ließ Pichl, um sie separat begehbar zu machen, im Hof an zwei Gebäudeflügel schmale Trakte anbauen, die den heutigen Ministergang aufnehmen. Er wandelte auch die Tordurchfahrt in ein tempelartiges Vestibül um. Sein mit Kassetten versehenes Tonnengewölbe ruht auf griechischen Säulen. Ab 1853 gehörte das Palais Jakob Ritter von Löwenthal bzw. dessen Erben bis es 1862 die k. k. Staatseisenbahn-Gesellschaft kaufte. Von ihr erwarb der Staat das Gebäude und stellte es 1871 dem Ministerium für Kultus und Unterricht zur Verfügung. Da die Raumkapazität bald nicht ausreichte, wurde 1895 das benachbarte „Kleine Majoratshaus“ der Starhemberger aus mittlerweile Liechtenstein’schen Besitz erworben und sofort abgerissen. Danach wurde an seiner Stelle ein neues dreiachsiges Gebäude errichtet und mit dem Palais verbunden. Dadurch gelangte das zuvor asymmetrisch angeordnete Portal nun in die Mitte der Fassade. Der neue Teil wurde völlig an die bestehende Architektur angepaßt. Seit 1945 ist im Palais Starhemberg wieder das österreichische Unterrichtsministerium untergebracht.

Das Palais ist ein frei stehender, fünfgeschoßiger Vierflügelbau um einen Innenhof. Die Gestaltung des Portals am Minoritenplatz ordnet sich der Gleichmäßigkeit der 13-achsigen Fassade unter. Diese ist vertikal durch Kolossalpilaster und horizontal durch die stark betonten, vorspringenden Fensterverdachungen der beiden Hauptgeschoße gegliedert. Das oberste Mezzaningeschoß ist mit einem Fries aus stehenden Putten geschmückt. Darüber tragen starke Konsolen das etwas vorspringende Dach. Eine dreischiffige Einfahrtshalle mit erhöht liegenden Seitenschiffen führt in den Hof. Sie ist mit kannelierten Säulen ausgestattet, die das kassettierte Tonnengewölbe im Mittelschiff tragen. Das Treppenhaus enthält Plastiken von Joseph Klieber. Von der Fassade abgesehen, hat sich wegen der häufigen Umbauten von der ursprünglichen Architektur nur wenig erhalten. Lediglich die Räume der heutigen „Amtsbibliothek“ und die tiefen Keller stammen noch aus der Erbauungszeit. Die Festsäle und Prunkräume strahlen den kühlen Glanz des Klassizismus aus. Das heutige Ministerzimmer, die Ministerstiege, der Blaue Salon und der Audienzsaal verdanken ihr heutiges Aussehen dem Architekten Anton Zach, dessen Arbeiten als Vorläufer des Wiener Klassizismus gelten. Er schuf vermutlich auch das hintere Portal in der Bankgasse. Ein bedeutender josephinischer Saal (1784) liegt an der Front zur Bankgasse. Er zeigt eine zum Teil vergoldete Holzverkleidung sowie einen Plafond mit vergoldeten Stuckverzierungen. Vom Tiroler Bildhauer Josef Klieber stammen die in den Wandnischen der Feststiege aufgestellten allegorischen Steinplastiken (Ceres, Athene, Löwengruppe). Im Blauen Salon sind die Landschaften des holländischen Barockmalers van Bloemen erwähnenswert. Der große Sitzungssaal gilt als gutes Beispiel für den österreichischen Empire-Stil.

Ort/Adresse: 1010 Wien, Minoritenplatz 5

Besichtigung: Da die Prunkräume als Amtsräume bzw. als Konferenz- und Sitzungszimmer dienen, ist eine Besichtigung nur am Nationalfeiertag (26. 10.) möglich.


Weitere Literatur:


30.08.2002