Das Schloss besteht eigentlich aus zwei verschiedenen Teilen. Das klassizistische Hauptschloss ließ sich der 1809 der polnische Gelehrte und Literat Joseph Max Ossolinski Graf von Tenczyn erbauen. Ossolinski war als Mitglied der galizischen Stände 1789 nach Wien gekommen. Kaiser Franz I ernannte ihn zum Leiter der kaiserlichen Hofbibliothek, der heutigen Nationalbibliothek. Ossolinski machte Schloss Braiten zu einem Treffpunkt der slawischen Wissenschafter in Österreich. Ludwig von Beethoven verbrachte hier den Sommer 1816, wobei Teile seiner Klaviersonate Op. 101 entstanden. 1817 gründete Ossolinski in Lemberg eine bedeutende Bibliothek, das Ossolinskische Nationalinstitut. Nach seinem Tod wurde das Schloss als Fremdenpension geführt. Zu diesem Zweck dürfte um 1840 auch in unmittelbarer Nähe ein Neubau entstanden sein. Bis in das erste Viertel des 20. Jahrhunderts wechselten die bürgerlichen Eigentümer recht häufig. 1925 kaufte die Innung der Wiener Fleischhauer das Schloss und adaptierte es als Erholungsheim für ihre Mitglieder. 1938 wurde es enteignet und zum Sitz des Landrates bestimmt. Während der russischen Besatzungszeit von 1945 bis 1955 war hier die russische Stadtkommandantur untergebracht. Danach wurde Braiten wieder der Fleischerinnung zurückgegeben, die es 1961 an den Verein der Freunde des Malerhandwerks verkauften. In den folgenden Jahren diente es als Malerschule und Internat. Heute gehört das ehemalige Schloss dem Bundesinstitut für Sozialpädagogik, das hier u. a. einen Kinderhort unterhält.
Das spätklassizistische Schloss ist ein dreigeschossiger Bau. Seine siebenachsige Schauseite zeigt im Mittelrisalit zur Braitnerstraße hin vier ionische Riesenpilaster, die das Erdgeschoß mit dem ersten Stock verbinden. Der mezzaninartige zweite Stock zeichnet sich durch drei große halbrunde Fenster aus, die den Mittelteil akzentuieren. Darüber läuft eine später hinzugefügte, hohe Attika, auf der einst mehrere Steinskulpturen standen. Sie sind heute nicht mehr vorhanden. An der Rückseite des Gebäudes springen drei große verglaste Loggien vor. Das Innere wurde durch zahlreiche Umbauten, die auf den mehrfach wechselnden Verwendungszweck zurückzuführen sind, stark verändert. Von der Originalausstattung ist natürlich nichts mehr vorhanden. Der das Schloss umgebende ausgedehnte Garten war im 19. Jahrhundert berühmt und wurde viel bewundert. Leider ist er heute bereits zum Großteil verbaut. An der Parkgrenze zur Elisabethstraße hat sich ein neugotischer tempelartiger Pavillon erhalten. Er wurde vom Baumeister Anton Hantl errichtet und war einer der Lieblingsplätze Beethovens in Baden.
Lage: Niederösterreich/Wienerwald
Ort/Adresse: 2500 Baden bei Wien, Braitnerstraße 26
Besichtigung: nur von außen möglich
Weitere Literatur:
09.10.2006