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Weyerturm und Weyerhof


Gemeinsam mit dem Felberturm ist heute der Weyerturm das letzte Beispiel für die einst im Pinzgau häufigen und typischen kleinen Wohntürmen. Er bewachte den Eingang zum Habachtal, in dem sich das einzige Smaragdvorkommen Europas befand. Der Turm zählt zu den ältesten Bauten des Pinzgaues. 1130 wird er mit Rapoto de Wiare erstmals urkundlich genannt. Der damalige Meierhof und heutige Weyerhof beherbergte bereits 1162 eine Taverne. Mit Gerhoh von Weyer verschwindet dessen Familie aus dem Pinzgau. Er wird noch 1270 als chiemseeischer Lehensmann bezeichnet, so dass anzunehmen ist, dass er den Weyerturm kurz zuvor an die Bischöfe von Chiemsee abgetreten hatte. Diese setzten 1292 Walther von Neukirchen als Pfleger ein. 1454 wurde Florian Stuhlfelder vom Bischof mit der Herrschaft belehnt. Er musste sich aber verpflichten, den Turm aufzustocken bzw. auszubauen und dem Bischof stets Quartier zu geben. Zu den Lehensnehmern des 16. Jahrhunderts zählten Gregor Mandl (1504), der Pfarrer von Bramberg Ludwig Lebenauer (1519) und Christian Plank (1533). Der Weyerturm bot aber trotz der Errichtung eines Nebengebäudes durch Florian Stuhlfelder nur wenig Platz und entsprach nicht mehr den Wohnbedürfnissen des 16. Jahrhunderts. Nikolaus Ainöder übersiedelte daher in den an der Straße liegenden Meierhof und kaufte sich von der Instandhaltungspflicht für den Turm frei. Der Weyerhof wurde vor allem im 17. Jahrhundert in einen fürstlich ausgestatteten Herrensitz verwandelt. Im ersten Stock befanden sich zwei prunkvolle Fürstenzimmer, die den Bischöfen von Chiemsee bei ihren Jagdaufenthalten im Oberpinzgau als Absteige dienten. Die beiden Räume waren schön vertäfelt und mit Renaissance- und Barockmöbeln versehen.

Der Turm wurde nicht mehr benützt und dem Verfall überlassen. Um 1628 dürften Turm und Hof in das Eigentum der einstigen Lehensnehmer übergegangen sein. Von 1671 bis 1691 wird Severin Senninger als Besitzer erwähnt. Auf ihn folgte bis 1732 Anna Maria Rottmayerin, die wegen ihres Wohlstandes als „Bauernkönigin des Oberpinzgaues“ bezeichnet wurde. 1733 ging das Gut an die Vorfahren der jetzigen Eigentümer, der Familie Meilinger, über. 1828 war Erzherzog Johann Gast im Weyerhof, als er sich an der Erstbesteigung des Großvenedigers versuchte. Im Dezember 1940 vernichtete ein Brand den Weyerhof und mit ihm die Fürstenzimmer. Diese wären aber ohnehin verloren gewesen, da sie der Gau Salzburg Adolf Hitler zum Geschenk machen wollte. Sie wären im Berghof bei Berchtesgaden eingebaut worden, wo sie das Kriegsende nicht überlebt hätten. Der Weyerhof wurde dem alten Stil entsprechend bald nach dem Unglück wieder aufgebaut. Er diente unmittelbar vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges für wenige Tage als Bergungsort zahlreicher Kunstschätze des Wiener Kunsthistorischen Museums, unter denen sich Werke von Rembrand, Breughel, Dürer, Tizian und Raffael Santi befanden. Heute ist der bestens restaurierte Weyerhof ein beliebtes Restaurant. Auch die Turmruine, auf der bereits Bäume wuchsen, wurde ab 1992 gesichert und restauriert.

Der kleine Weiler Weyer liegt etwas westlich von Bramberg. Etwa 25 m über dem Talboden steht auf einem Felsen die gut erhaltene Ruine des Weyerturmes. Sie ist heute noch 16 m hoch. Erhalten sind aber nur mehr die Außenmauern, die im unteren Bereich schönes Schichtmauerwerk zeigen. Sie sind etwa 180 cm stark. Die Kanten sind mit einer groben Ortsteinquaderung versehen. Die hölzernen Zwischendecken im Inneren sind längst verschwunden. Auf Grund der Balkenlöcher kann man aber davon ausgehen, dass der Wohnturm einst sieben Geschosse hatte. Dem obersten Stockwerk dürfte außen ein hölzerner Wehrgang vorgebaut gewesen sein. Möglicherweise befand sich darüber ein Zeltdach. Beachtlich muss die zwei Geschosse umfassende romanische Kapelle gewesen sein. Sie war für den kleinen Wohnturm zweifellos überdimensioniert. Erhalten ist nur mehr ihre zweigeschossige halbkreisförmige Apsis mit ihrem kleinen Rundbogenfenster. In ihr haben sich Reste des alten Verputzes mit Spuren einer einfachen Bemalung erhalten. Oberhalb der Apsisnische verlaufen im Inneren der Ostmauer zwei enge Stiegen vom vierten bis zum sechsten Stock. Der ursprüngliche Eingang lag im ersten Obergeschoß der südlichen Außenwand. Er wurde später zugemauert und durch einen Eingang im dritten Stock ersetzt. Dieser war über eine hölzerne Stiege zugänglich, die bei Gefahr leicht zerstört werden konnte und führte direkt auf die Kapellenempore. Neben der Tür wird die Mauer von zwei rundbogigen schießschartenartigen Fenstern durchbrochen. An der Westseite lässt eine rundbogige Tür, die von vier Balkenlöchern umgeben ist, einen ehemaligen Erker vermuten. Östlich des Turmes befand sich einst ein quadratisches Gebäude, an das aber nur mehr seine Grundmauern erinnern. Es war mit dem Turm durch eine Mauer verbunden. Von der Ummauerung der Anlage sind nur noch kümmerliche Reste unterhalb des Turmes erhalten. Im Norden war die Burg durch einen flachen Graben zusätzlich geschützt.

Lage: Salzburg/Pinzgau – ca. 8 km westlich von Mittersill

Besichtigung: jederzeit frei zugänglich


Weitere Literatur:


01.10.2006