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Naudersberg


Das Gebiet um Nauders gehörte zumindest seit dem 10. Jahrhundert zur Grafschaft Vinschgau. 1150 wird ein Cunrat de Nudris erstmals genannt. Er war ein Ministeriale des Bischofs von Chur. Das Dorf Nauders war spätestens seit 1273 Sitz eines landesfürstlichen Gerichtes. Die Burg Naudersberg wird aber erst 1325 urkundlich erwähnt. Sie diente seither als tirolisch-landesfürstlicher Gerichtsort. Ihre Erbauung dürfte zu Beginn des 14. Jahrhunderts unter Herzog Meinhard II erfolgt sein, obwohl der Burghügel vermutlich schon zur Römerzeit mit einem Turm besetzt war. Damals bestand sie nur aus einem kleinen Bergfried, dem Palas und einer Ringmauer, die den Hof umschloss.1363 gelang es Graf Ulrich d. J. von Matsch das Gericht Nauders von Margarethe Maultasch kurz vor ihrem Tod als Lehen zu erhalten, musste jedoch bald darauf verzichten und sich mit Nauders als Pfandbesitz begnügen. 1429 wurde die Pfandschaft wieder aufgelöst. 1499 überfielen die in Tirol eingedrungenen Engadiner auch Naudersberg und setzten es in Brand. Die Burg wurde rasch wieder in einen verteidigungsbereiten Zustand versetzt und mit Waffen versorgt. 1518 wurde Niklas von Trauttmansdorff mit der Pflegschaft betraut. Auf ihn folgte 1523 sein Bruder Herrand. Eine Visitation durch Jörg Kölderer ergab 1524 einen schlechten Bauzustand. Die Bedrohung durch die unruhigen Engadiner erforderte bis 1542 laufende Ausbauten der Verteidigungseinrichtungen. 1535 wurde die Gerichtsherrschaft Nauders an den Ritter Jakob Khuen von Belasy, dem Vater des späteren Salzburger Erzbischofs Johann Jakob, verpfändet. Er nahm auch im Inneren umfangreiche Bauarbeiten vor, die von einer landesfürstlichen Kommission als zu kostspielig getadelt wurden. Wie wenig man noch im 16. Jahrhundert auf Sicherheit bedacht war, geht aus einem Bericht hervor, der erwähnt, dass das Pulvermagazin nur durch eine Holztüre vom Backofen getrennt war. Etliche Jahre zuvor musste der Burgpfleger von Kaiser Maximilian I beauftragt werden, endlich einen Brunnen zu graben, da die bestehende Wasserleitung im Falle einer Belagerung leicht zu unterbrechen war.1622 konnte ein Überfall der Engadiner auf die Burg erfolgreich abgewehrt werden. Nach dem Franzoseneinfall von 1799 musste die Burg restauriert werden. Als Tirol zwischen 1806 und 1809 zu Bayern gehörte, wurde das Gericht vorübergehend nach Fürstenberg bei Burgeis verlegt. 1919 fiel der Großteil des Gerichtsbezirkes an Italien. Der Rest wurde dem Gericht Landeck zugeschlagen. Naudersberg wurde aber noch weiter als Amtsgebäude bzw. Gendarmeriekaserne verwendet. 1978 trat die Republik Österreich die bereits stark vernachlässigte Burg dem Land Tirol ab. Damals war sie noch als Jugendferienheim in Verwendung. Zwei Jahre später erwarb die Hoteliersfamilie Köllemann aus Nauders die Anlage und ließ sie anschließend umfassend restaurieren. Seither dient sie einerseits als Wohnsitz für einige Familienmitglieder und wird anderseits als Restaurant und Regionalmuseum genutzt. In der ehemaligen Bastei wurden Ferienwohnungen eingerichtet.

Die Burg liegt ca. 1 km südlich des Ortes Nauders auf einem isoliert stehenden, niedrigen Hügel. Sie befindet sich auf 1380 m Seehöhe und ist damit eine der höchstgelegenen Burgen Tirols. Ihr heutiges Erscheinungsbild ist durch die Renaissance geprägt. Charakteristisch für sie ist die geringe Dimensionierung des schmächtigen Bergfrieds. Dieser liegt zwar an der Hauptangriffsseite und bildet die Westecke der Burg, hätte aber kaum einen konzentrierten Angriff widerstehen können. Mit seiner Höhe von 15 m überragt er nur wenig die anschließenden Mauern. Auch seine Außenmaße von 7 x 7 m sind nicht sehr beeindruckend. Seine verputzten Bruchsteinmauern sind maximal 1,6 m stark. Der Hocheinstieg lag in 7,5 m Höhe, im zweiten Stock seiner dem Hof zugekehrten Südostmauer. Das flache Satteldach und die Geschoßeinteilung sind ebenso auf spätere Umbauten zurückzuführen, wie der ins ehemalige Verließ führende ebenerdige Eingang. In späterer Zeit diente der Bergfried auch in seinen oberen Geschossen Gerichtszwecken (Arrestzellen, Verhörräume). An der Südostseite des Hofes liegt der 19 x 11 m große Palas. Seine Mauern sind an der Nordseite bis zu 2,4 m dick und damit wesentlich stärker als jene des Bergfrieds. Der Palas ist nicht unterkellert. Über seinem hohen Erdgeschoß liegen zwei niedrigere Stockwerke. Kaiser Maximilian I ließ sie mit einer fünf Meter hohen Mantelmauer aufstocken und mit einem Pultdach versehen. Der in der Südecke des Hofes stehende Treppenturm verbindet einerseits die Geschosse des Palas und ermöglicht anderseits den Zugang zu den aus dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts stammenden Arkadengängen entlang der alten Ringmauer im Südwesten. Diese sind mit Netzrippengewölben versehen.

Bereits im 15. Jahrhundert ließ Erzherzog Sigmund, der Münzreiche, eine neue Ringmauer anlegen, die durch Rundtürme in der Nord- und der Ostecke verstärkt wurde. Der dadurch entstandene, drei bis fünf Meter breite Zwinger zwischen der alten und der neuen Mauern wurde später, als die Burg ihre militärische Bedeutung bereits verloren hatte, mit Wirtschaftsgebäuden und Stallungen verbaut. Sigmund ließ auch die alte Toranlage erneuern und einen 13 m hohen Torturm errichten. Die zwölf Meter vorspringende, dreigeschossige Bastei an der Westseite wurde zum Schutz der Hauptangriffsseite und des Burgweges im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts unter Jakob Khuen erbaut. Noch vorhandene Prellhölzer weisen darauf hin, dass die Bastei im oberen Bereich mit Hakenbüchsen verteidigt wurde, während im unteren Geschützstand kleine Kanonen standen. Als Burgkapelle wurde vorerst, die außerhalb des Berings gelegene romanische Leonhardskapelle genutzt. Unter Kaiser Maximilian I wurde sie durch eine, in einen Raum der Burg eingesetzte Kapelle ersetzt. Sie ist von außen nur durch ihren Dachreiter und ein Rundbogenfenster als Sakralraum zu erkennen. Bei der letzten großen Restaurierung wurden auch die kunsthistorisch interessanten Innenräume wieder instand gesetzt. Im 1806/09 mit Empiremalereien versehenen spätgotischen Getäfel des Fürstenzimmers wurde eine gemalte Büste Napoleons freigelegt, die sofort nach dem Ende der Napoleon-freundlichen bayerischen Herrschaft übermalt worden war. Auch die schweren Schäden an den Grisaillemalereien der Kapelle wurden noch vor 1990 behoben. In der spätgotischen Gerichtsstube hat sich eine prachtvolle Felderdecke erhalten.

Lage: Tirol/Oberinntal – ca. 35 km südwestlich von Landeck

Besichtigung: von Mitte Mai bis Mitte Oktober und vom 26. 12. bis nach Ostern möglich

Homepage: www.schloss-nauders.at


Weitere Literatur:


21.09.2006