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Baden - Leesdorf


Mit Hugo von Leuisdorf scheint die damalige Wasserburg 1114 erstmals urkundlich auf. Hugo gehörte einer Ministerialenfamilie an, die um 1378 letztmalig genannt wird. Leesdorf war aber bereits vor 1312 an Sigmund Kastner übergegangen. Er verkaufte den Ansitz damals seinem Cousin Erhart von Leutfaringer. Im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts waren die Wallseer im Besitz der Wasserburg. Auf sie folgte 1380 Stephan von Zelking. Danach wurde Leesdorf landesfürstlich. Hans Friedrich von Kielmannsegg verkaufte 1617 die bereits stark baufällige Feste mit dem dazugehörigen Gut dem Stift Melk. 1683 richteten die Türken schwere Zerstörungen an. Abt Berthold Diethmayr ließ den immer noch weitgehend romanischen Bau anfangs des 18. Jahrhunderts in ein Barockschloss umwandeln. Manche Heimatforscher vermuten Jakob Prandtauer als Architekt, doch gibt es keinerlei Beweise hiefür. Damals wurden der achteckige Treppenturm neben der Kapelle sowie ein Verbindungsbau abgerissen. Der Kapellentrakt wurde ausgebaut und durch einen Querflügel mit dem Hauptbau verbunden. Der Torturm bekam einen Barockaufsatz. Dieses Aussehen blieb bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unverändert. 1852 verkaufte das Stift das Schloss an den Rechtsanwalt Dr. Stanislaus Neumeister. Dieser ließ den Wassergraben zuschütten und die hölzerne Brücke durch eine steinerne ersetzen. Drei der vier runden Ecktürme wurden bis auf die Höhe der Umfassungsmauer abgetragen. Das südliche Rondell wurde aber später erneuert. Nach Neumeister wechselten die Schlossherren mehrfach. Zu ihnen gehörte 1909 die Familie Baltazzi. Ab 1885 erfolgte eine umfassende Restaurierung des Schlosses im damaligen Zeitgeschmack durch den Architekten Humbert Walcher Ritter von Moltheim. 1896 wurde der bisherige Holzaufbau des Bergfrieds entfernt und durch den jetzigen Abschluss ersetzt. Die letzten Um- und Zubauten wurden noch 1907/08 vorgenommen. Das Stiegenhaus im Osttrakt wurde sogar erst nach 1920 eingebaut. 1934 gelangte das Schloss in den Besitz der Schwestern des Dritten Ordens vom Hl. Franziskus. Es wurde aber 1948 vom Vorstand der Wiener Malerinnung langfristig gepachtet, die hier eine Meisterschule des österreichischen Malerhandwerkes einrichtete. Diese wird heute als HTL geführt. Die schweren Schäden, die das Gebäude zu Kriegsende bzw. in der folgenden Besatzungszeit erlitten hatte, wurden zwischen 1948 und 2000 sukzessive behoben.

Schloss Leesdorf liegt östlich des Stadtzentrums zwischen Schwechat und Mühlbach. Die einstige romanische Wasserburg zeigt sich heute als ein Mischmasch der verschiedensten Baustile. Die Anlage ist von einer langen Mauer umgeben. Ein schönes schmiedeeisernes Parktor ermöglicht den Zugang. Von ihm führt eine zweibogige Brücke zum quadratischen zweigeschossigen Torturm. Er wurde um 1620 errichtet, aber später barockisiert. Sein Mansarddach mit der hohen achteckigen Laterne wurde ihm aber erst um 1908 aufgesetzt. An Stelle der heutigen Steinbrücke befanden sich einst zwei Zugbrücken, eine zum Fahrtor der Burg und eine zur Fußgängerpforte. Spätestens beim Barockumbau ist dann die noch am Vischer-Stich von 1672 ersichtliche Fußgängerpforte verschwunden. Nach dem Passieren des barocken Korbbogenportals erreicht man den rechteckigen Innenhof. Er wird an seiner rechten Seite vom sechsgeschossigen quadratischen Bergfried dominiert. Er ist aus Quadermauerwerk errichtet. Im 18. Jahrhundert wurden in seinen Mauern große rechteckige Fenster ausgebrochen, die die alten schmalen Fensterschlitze ersetzten. Seine Fundamente sind romanisch und stammen aus dem 12. Jahrhundert. Sehr alt ist auch der anschließende dreigeschossige Nordflügel, bei dem es sich im Kern wohl um den einstigen Palas handelt. Mittelalterlich ist auch der gegenüberliegende Trakt mit der dem Hl. Nikolaus geweihten Kapelle. Sie wird 1312 erstmals genannt. An die Herkunft des romanische Apsidensaales erinnert heute nur mehr ein breiter Gurtbogen. 1716 wurde die Kapelle barockisiert. Ihr Deckenfresko zeigt die von Engeln umgebene Hl. Dreifaltigkeit. 1776 wurde ein neuer Altar angeschafft. Das klassizistisches Altarbild wurde 1926 durch ein neues ersetzt. Während der russischen Besatzungszeit wurde die Kapelle verwüstet und als Rumpelkammer verwendet. In den 70er Jahren wurde sie durch die Maler-Schüler restauriert.

Der westliche Verbindungstrakt ist in den Jahren 1719 bis 1721 unter Abt Diethmayr errichtet worden. Er enthält den großen Festsaal, für den wohl der Marmorsaal in Stift Melk als Vorbild diente. Sein Deckengemälde zeigt den Gott Chronos, der von den vier Jahreszeiten, die hier durch Puttengruppen dargestellt werden, umgeben ist. Der obere Rand der Wände ist mit Scheinarchitekturen bemalt, die über einen Teil der Decke hochgezogen sind, wodurch der Raum deutlich höher erscheint als er in Wirklichkeit ist. Auf sechs Leinwandbilder sind verschiedene Babenbergerherzöge dargestellt. Bemerkenswert ist neben einigen Salons auch der sog. Seidler-Saal im ersten Stock neben der Haupttreppe. Sein weißer Rocaillen-Stuck hebt sich elegant vom blauen bzw. grauen Untergrund ab. Im Treppenhaus ist ein kleines griechisches Grabrelief eingemauert. Es zeigt ein Totenmahl. Seine Herkunft ist unbekannt. Es könnte aber aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammen. Die Decken der an das Stiegenhaus anschließenden Gänge weisen Stuckspiegeln auf. An der Südseite des Schlosses erkennt man neben dem barocken Kapellenfenster ein vermauertes romanisches Rundbogenfenster aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Rückseite des Schlosses ist eine Terrasse vorgebaut, zu der eine Freitreppe aus dem Park empor führt. Er ist der Rest eines einst ausgedehnten Landschaftsparks. Die hier stehenden Skulpturen sind modern (19. oder 20. Jh.). Der große Meierhof im Süden des Schlosses wurde in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts bis auf einen Wehrturm geschliffen.

Lage: Niederösterreich/Wienerwald

Ort/Adresse: 2502 Baden-Leesdorf, Leesdorfer Hauptstraße 69

Besichtigung: nur von außen möglich

Homepage: www.malerschule-baden.ac.at


Weitere Literatur:


18.09.2006