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Salzburg - Neue Residenz


Auf dem Areal der Neuen Residenz standen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Kustorhaus, der Seckauerhof und das Ramseiderhaus. Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau ließ sie 1588 abreißen und an ihrer Stelle einen repräsentativen Neubau errichten. Der Architekt des Gebäudes ist unbekannt. Vorbilder waren der Farnese- und der Lateranpalast in Rom. Wolf Dietrich hatte beide Paläste bei seinen Rombesuchen kennen gelernt. Seine Salzburger Neue Residenz war eine Vierflügelanlage um einen Innenhof. An den Bau schloss ein großer Garten an, der mit einer Mauer zum Residenzplatz abgeschlossen war. Angeblich war die Neue Residenz als Absteigequartier für fürstliche Besucher gedacht. Allerdings sind keine reisenden Fürsten bezeugt, die hier abgestiegen wären. Vorerst stand wohl die private Nutzung im Vordergrund. So wohnten hier seine Brüder und er selbst solange die Bauarbeiten an der gegenüberliegenden Residenz dauerten. Der „Palazzo nuovo“, wie ihn Vincenzo Scamozzi nannte, sollte den Salzburgern die Bedeutung der Familie Wolf Dietrichs vor Augen führen. Als seine Brüder Salzburg verließen und Schloss Altenau für seine eigene Familie ausgebaut wurde, erhielt das Gebäude öffentlichen Charakter. Da der Bau dem Fürsterzbischof als zu niedrig erschien, ließ er die Gewölbe wieder einschlagen. Möglicherweise haben aber auch statische Mängel zum Abbruch geführt. Das Gebäude stand einige Jahre lang als Ruine da.

1592 wurde aber am Bau – vermutlich unter der Leitung von Andrea Bertoletto – weitergearbeitet. 1603 wurde das Spital des Domkapitels abgerissen. An seiner Stelle entstanden der hintere Ostflügel sowie die vorspringende Salvatorkapelle. Die gesamte Anlage konnte aber während der Regierungszeit Wolf Dietrichs nicht fertig gestellt werden. Noch 1604 plante Vincenzo Scamozzi eine Erweiterung der Neuen Residenz zur Salzach hin. Nach Legung der Fundamente wurde jedoch nicht weitergebaut. Der Baustopp erfolgte wohl auf Grund eines Schlaganfalles des Fürsterzbischofs. Nach dessen Sturz wurden die Pläne nicht mehr ausgeführt. Ein großer Teil der Neuen Residenz wurde erst unter Fürsterzbischof Markus Sittikus von Hohenems vollendet. Eine wesentliche Vergrößerung erfolgte dann unter Fürsterzbischof Max Gandolph Graf von Kuenburg. Dieser ließ durch Antonio Darias hinter der Gartenmauer zum Residenzplatz einen Flügel aufführen, der fast nahtlos an den Altbestand anschloss, wodurch der Palast seine heutige lange Front zum Residenzplatz erhielt. Der Garten der Neuen Residenz wurde durch Zubauten zum großen südlichen Hof. Bis vor kurzem nahm man an, dass der Süd- und der Westflügel des zweiten Hofes erst unter Max Gandolph errichtet wurden. Mittlerweile glaubt man aber, dass zumindest ein Teil des Westflügels noch unter Wolf Dietrich erbaut wurde. Fürsterzbischof Johann Ernst Graf Thun erhöhte 1701 den Turm an der Residenzplatzfassade, der diese seither um zwei Geschosse überragt.

In seinem Erdgeschoß wurde die Hauptwache und im obersten Geschoß das berühmte Glockenspiel etabliert. Letzteres wurde 1695 vom Salzburger Uhrmacher Jeremias Sauter mit in Antwerpen bei Meister Melchior de Haze gegossenen Glocken konstruiert. 1701 musste der Turm durch Pfeiler verstärkt werden, um die Glocken gefahrlos aufhängen zu können. 1704 wurde das Glockenspiel in Betrieb genommen. Auch heute noch wird es täglich dreimal bespielt. In seinem Repertoire befinden sich 40 verschiedene Stücke, die zum Teil von Michael Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart eigens komponiert wurden. Den Kaufpreis hatte Graf Thun aus Beteiligungsgewinnen an der Holländisch-Ostindischen Compagnie finanziert. 1762 musste die Stuckdecke im Landschaftssaal restauriert werden. 1786 ließ Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo das im Trakt an der Kaigasse untergebrachte Zeughaus räumen und in dem Gebäude Teile der Verwaltung des Erzbistums unterbringen. Nach der Säkularisierung von 1803 beherbergte dieser Trakt auch das Landesgericht und das Archiv sowie Dienstwohnungen des Landespräsidenten und des Kreishauptmanns. Ab 1920 konnte der Großteil der Räumlichkeiten von der Salzburger Landesregierung genutzt werden. 1930 wurde im Kuenburgtrakt eine Schalterhalle für die Hauptpost eingerichtet. Seit 1942 ist auch das Salzburger Heimatwerk in der Neuen Residenz eingemietet. Der Osttrakt wurde 1944 durch Fliegerbomben teilweise zerstört, 1946 aber vereinfacht wiederhergestellt. Danach wurde die Neue Residenz Amtssitz der Salzburger Landesregierung. In den letzten Jahren wurden deren Büros zum Teil wieder geräumt, da die Räume um den ersten Innenhof für das Salzburger Museum Carolino Augusteum adaptiert werden, das hier ein neues Domizil erhält. Im Mai 2007 soll dieses eröffnet werden.

Die Neue Residenz bzw. das Neugebäude, wie sie auch genannt wird, liegt gegenüber dem Residenzgebäude am gleichnamigen Platz. Diese Palastanlage des 17. Jahrhunderts ist um zwei Innenhöfe angeordnet. An den vier Hauskanten sind unterhalb des Daches je ein Wappenschild aus rotem Marmor angebracht. Es handelt sich um Embleme der Eltern und der beiden Großmütter Wolf Dietrichs (Medici, Hohenems, Raitenau, Siergenstein). Damit sollte der ursprünglich private Charakter des Palastes betont werden. Die Fassaden stammen aus der Zeit von Markus Sittikus und Paris Lodron. Die Rieselputzflächen werden von glatten Eckpilastern eingefasst. Die Geschosse werden durch doppelte Putzbänder waagrecht gegliedert. Eine senkrechte Gliederung ist nicht vorhanden. Die Fenster weisen heute nur einfache Putzrahmen auf. Auf einem Stich von Christoph Lederwasch aus dem Jahr 1704 ist jedoch zu erkennen, dass damals halbrunde und spitzbogige Fensterbekrönungen die heute recht eintönigen Fassaden belebten. Die Hauptfront ist dem Residenzplatz zugewendet. Ihre viergeschossige Fassade ist grau verputzt, womit man eine Steinsichtigkeit nachahmen wollte. Das Erdgeschoß ist gebändert. Seine Fenster sind mit Korbgitter versehen. Der nördlichen Hälfte dieser Westfront ist eine ebenerdige Vorhalle vorgelagert, die in neun, auf gemauerten Pfeilern ruhenden, gedrückten Rundbogen aufgelöst ist. Die drei mittleren Bogen treten um eine Achsenbreite vor und sind mit einer Brüstungsmauer versehen. An ihrer Vorderseite sind die Wappenschilde des Erzstiftes Salzburg und des Fürsterzbischofs Graf Johann Ernst Thun angebracht. Dazwischen befindet sich eine breitovale Inschrifttafel, die mit einer Maske geschmückt ist.

Dem nördlichen Teil dieser Vorhalle ist der aus der Front vortretende Turm aufgesetzt. Über seinem profilierten Kranzgesims erhebt sich eine verjüngte, achtseitige, von Rundbogen durchbrochene hölzerne Dachlaube. Darin hängen die 35 Glocken des Glockenspiels. Die Laube trägt ein kupfergedecktes Zwiebeldach, das von einem offenen Rankengeflecht bekrönt ist. Letzteres umschließt eine Sonnenkugel und läuft in einer Krone zusammen. Vor der alten Hauptwache standen noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwei Kanonen. In der südlichen Hälfte der Westfront führt ein Rundbogenportal mit flankierenden toskanischen Säulen ins Innere. Dem Gebälk vorgeblendet ist das Wappen des Fürsterzbischofs Max Gandolph Graf Kuenburg in Volutenrahmung. Das schmiedeeiserne Lünettengitter besteht aus Spiralen, die in breiten Blättern auslaufen. Die Nordfront am Mozartplatz ist wie die westliche gegliedert, doch weist sie unregelmäßig verteilte Fensterachsen auf. Auch hier befindet sich ein Rundbogenportal. Es war ursprünglich der Haupteingang in die Neue Residenz. Das skulptierte Wappen am verkröpften Gebälk ist jenes des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau. An der zur Kaigasse gerichteten Ostfront springt die südliche Hälfte um drei Fensterachsen vor. Am Portal erkennt man das aus färbigem Marmor gefertigte Wappen Wolf Dietrichs. Das rote Marmorwappen im obersten Geschoß ist jenes der Familie Raitenau. Im Osttrakt wurden zuerst der Hofrat und später die Fronleichnams-Bruderschaft untergebracht. Vom Nordportal führt eine dreiachsige Torhalle zum Innenhof. Ihr Kreugratgewölbe ruht auf toskanischen Rotmarmorsäulen. Der Hof ist durch einen Quertrakt in einen kleineren nördlichen und einen mehr als doppelt so großen südlichen geteilt. Sie sind durch eine rundbogige gratgewölbte Durchfahrt verbunden. Im Zuge der Adaptierungen für das Salzburger Museum Carolino Augusteum wurde der Innenhof mit einem durchsichtigen Dach bedeckt.

Das Innere des Gebäudes wurde verschwenderisch ausgestattet. Das piano nobile befindet sich im Gegensatz zu den meisten Palästen ihrer Zeit nicht im ersten sondern im zweiten Stock. Grund dafür dürfte die geplante Anbindung der Wohnräume an den Dom, aber auch optische Überlegungen gewesen sein. Zu den oberen Geschossen des Westflügels gelangt man über eine schmale dreiarmige Treppe, die in der Art der italienischen Renaissancepaläste ausgeführt wurde. Die auf die Stiege führenden Türen sind mit roten Marmorrahmungen versehen. Das Gewölbe des Stiegenhauses wurde 1598 von Jacopo Bartoletto mit Fruchtgirlanden, Maskerons, Putten und Greifen reich stukkiert. Im zweiten Stock befinden sich fünf Prunkräume. Ihre prächtige Stuckausstattung wird Elia Castello zugeschrieben. Der Künstler stammte aus Mellide am Comosee und fertigte die Stucchi um 1602. Der Tugendensaal fungierte als Vorzimmer zu den folgenden Repräsentationsräumen. In seiner Stuckdecke sind die drei theologischen Tugenden (Glaube, Liebe und Hoffnung) sowie die vier Kardinaltugenden (Gerechtigkeit, Stärke, Weisheit und Mäßigkeit) dargestellt. Der Gloriensaal diente ursprünglich als Empfangssaal, dessen Stuck auf die geistliche Funktion des Erzbischofs hinwies. Im Zentrum der Decke ist das Symbol Gottes angebracht, das von zahlreichen singenden und musizierenden Engeln umgeben ist. Der Ständesaal ist der größte Repräsentationsraum der Neuen Residenz. Er symbolisiert die weltliche Macht des Erzbischofs. Seine Decke ist mit Darstellungen besonders aufopfernden staatstreuen Verhaltens aus der römischen Geschichte geschmückt. Im Mittelfresko verteidigt Horacius Cocles die Tiberbrücke während in zwei weiteren Feldern Mucius Scaevola vor dem König Porsenna seine Hand ins Feuer legt, bzw. der Opfertod des Marcus Curtius dargestellt wird. Ab 1620 traten im Ständesaal die Salzburger Landstände zu ihren Beratungen zusammen.

Besonders schön ist der Feldherrnsaal, mit einzigartigen farbigen Stuckdecken von Elia Castello. In der gewölbten Decke findet sich im achteckigen Mittelfeld das Wappen des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich auf Goldmosaikgrund. An den vier Seiten sind polygonale Felder angeordnet, in denen in Reliefs die farbig gefassten Halbfiguren Kaiser Karls des Großen, Gottfrieds von Bouillon, Kaiser Karls V und Don Juan d’Austrias wiedergegeben sind. Die übrigen Deckenflächen sind mit reichen farbigen Grotesken und Hermen gefüllt. Auch der anschließende Baderaum ist mit farbigem Stuck und Mosaikarbeiten reich versehen. Der Bischofssaal bildete den Abschluss der Prunkräume im Westtrakt. Seinen Namen erhielt er erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als man die Porträts der Fürsterzbischöfe von Markus Sittikus bis Hieronymus Colloredo aus der alten Universität hier anbrachte. Das Schmuckstück des Saales ist die reich gegliederte Kassettendecke mit dem großen, von Putten umgebenen Wappen Wolf Dietrichs. Die Räume des Mitteltraktes (bzw. Südtraktes der Wolf Dietrich-Residenz) hatten keine Stuckdecken sondern hölzerne Kassettendecken. Ansonsten war die Raumfolge ähnlich der des Westtraktes. Im ersten Stock des westlichen Kuenburg-Traktes liegt die ehemalige Bibliothek, eine zweischiffige neunjochige Halle mit einer zweischiffigen dreijochigen Vorhalle. Sie wurde von Fürsterzbischof Max Gandolph von Kuenburg um 1680 großzügig ausgestattet. Die flachbogigen Kreuzgewölbe ruhen auf toskanischen Rotmarmorsäulen. Nachdem für das von der Post hier eingerichtete Wählamt nach 1980 ein neues Domizil gefunden werden konnte, steht die Bibliothek seither für Ausstellungen und andere Veranstaltungen zur Verfügung.

Ort/Adresse: 5010 Salzburg, Mozartplatz 1

Besichtigung: nach Fertigstellung der Museumsräume wieder möglich


Weitere Literatur:


23.08.2006