Der Zeitpunkt der Errichtung der ursprünglichen Burg ist ausnahmsweise genau bekannt. Eine Urkunde aus dem Baujahr 1251 gibt darüber Auskunft. „Primeysdorf“ war ein Glied der Burgenkette, die zum Schutz vor böhmischen Angriffen entlang der Thaya errichtet wurde. Möglicherweise befand sich der Wehrbau aber nicht an der Stelle des heutigen Schlosses, sondern etwas südlich davon. Die Familie der Primmersdorfer saß hier bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Danach wurde die Burg von den Dachsner übernommen. Durch die Veränderung des Grenzverlaufes war die Burg bald obsolet geworden.1576 wird sie bereits als „öde Feste“ bezeichnet. Ihre Besitzer wechselten ziemlich rasch. Noch vor 1667 erfolgte die Errichtung eines neuen Barockschlosses. Der Vischer-Stich von 1672 zeigt bereits eine ausgedehnte Anlage, die jedoch noch den Charakter eines großen Gutshofes aufweist und wenig repräsentativ wirkt. Vier Jahre später gelangte Primmersdorf an das Stift Herzogenburg, bei dem es bis 1851 blieb, als es an Kleinadelige überging. 1724 ließ Propst Leopold von Planta größere Umbauten vornehmen und eine standesgemäße Schlosskapelle erbauen. Um 1830 kam es zu umfangreichen Modernisierungen im Stil der Zeit. Der Ausbau und die Verschönerung des Schlosses dauerten bis etwa 1930 an. Es wurde vor einigen Jahren neuerlich restauriert. Der Bau ist heute in mehrere Wohnungen und Ateliers aufgeteilt. Er befindet sich im Besitz etlicher Privatpersonen, die hier wohnen und arbeiten.
Das Schloss liegt hinter Bäumen versteckt an der Bundesstraße Drosendorf-Raabs. Der vierflügelige Hauptbau umschließt einen annähernd rechteckigen Hof. Dieser wird durch den eingeschossigen Westtrakt vom baumbestandenen Vorhof getrennt. Über dem Tor erhebt sich ein viereckiger dreigeschossiger Turm. Obwohl er mit seinen Schießscharten unter dem mächtigen Zeltdach einen sehr wehrhaften Eindruck macht, stammt er erst aus dem Jahr 1929. Die barocke Stuckdecke in der Tordurchfahrt ist jedoch original (um 1670). Sie zeigt u. a. mehrere Adler. Ältester Bauteil des Schlosses ist der dem Tor gegenüber liegende Osttrakt. Dem Mittelteil seines Hauptgeschosses wurde um 1900 eine neobarocke dreiachsige Säulenloggia vorgesetzt. Dahinter liegt ein Mittelsaal, der durch die ganze Breite des Traktes geht. Dem geknickten Pyramidendach ist hofseitig ein Wappengiebel vorgeblendet. An der Rückseite öffnet sich unter dem Saal ein barocker tonnengewölbter Grottenraum zum Garten. An seinen Seitenwänden erkennt man Reste von Malereien in Stuckrahmen. Das kreuzgewölbte Vorderjoch ist mit Stuckdekorationen vom Ende des 17. Jahrhunderts geschmückt. Die Kapelle befindet sich im westlichen Teil des Südtraktes. In ihrer Apsis steht ein konkaver hölzerner Säulenaltar aus der Bauzeit. An der Südseite des Hofes bildet ein Rechteckportal den Zugang zur Kapelle und zum Park. Es ist von einer Pilasterädikula gerahmt und zeigt im Giebel das Wappen des Propstes von Herzogenburg, Leopold von Planta.
Die Innenräume des Haupttraktes sind teils mit barocken und teils mit neobarocken Stuckdecken versehen. Die Supraporten zeigen Darstellungen verschiedener Stilleben. Diese sowie die Kamine wurden im 19. Jahrhundert angefertigt. Zwei im Obergeschoß des Südtraktes liegende Räume weisen mit Fruchtdekor stukkierte Flachdecken aus dem 17. Jahrhundert auf. In der Mitte des Hofes steht ein Brunnen mit einem Wasser speienden Schwan (19. Jh.). Eine barocke Steinvase im weitläufigen Park ist im Stil des Johann Bernhard Fischer von Erlach gestaltet. In den Wirtschaftsgebäuden im Norden und Westen ist eine dreischiffige Halle mit toskanischen Säulen bemerkenswert. Es handelt sich dabei um den einstigen Pferdestall. Unmittelbar an der Bundesstraße steht ein dreigeschossiger barocker Schüttkasten mit einem hübschen, geschwungenen, barocken Giebelaufbau. Er wurde in den Jahren 2004/05 aufwändig restauriert. Sein Rechteckportal ist mit einer profilierten Steinrahmung versehen und mit 1706 bezeichnet. Zwischen Kugelaufsätzen ist eine Kartusche eingemauert, die die Wappen des Stiftes Herzogenburg und seines Propstes Maximilian Herb zeigt. Die zweischiffige Pfeilerhalle im Erdgeschoß dient heute als Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. Bei der Errichtung des riesigen Dachstuhles wurden keine Nägel verwendet. Er ist noch im Original erhalten.
Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 8 km östlich von Raabs
Besichtigung: bei vorheriger Anmeldung teilweise möglich
Weitere Literatur:
21.08.2006