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Bruck/Leitha - Schloss Prugg


Das heutige Bruck an der Leitha gehörte zu jenem Gebiet, das der deutsche König Heinrich IV 1074 dem Bischof von Freising schenkte. Es wurde damals Ascherichesbrugge genannt. Der Name kommt vom Bischof Ascherich, der um das Jahr 1000 das Bistum Gran leitete. Im 12. Jahrhundert traten die Vohburger und dann die Grafen von Sulzbach als Grundherren auf. Als diese 1188 ausstarben, fiel Bruck an die Hochfreien von Lengenbach. 1236 erbten die Babenberger Ort und Herrschaft. 1242 wird die damalige Wasserburg erstmals urkundlich genannt. Sie sicherte die Nordostecke der Stadt. In unmittelbarer Nähe befand sich eine Brücke über die Leitha, über die die bereits eine alte Römerstraße von Ödenburg nach Carnuntum führte. Die nun landesfürstliche Stadtburg wurde von einem Burghauptmann verwaltet. Wegen ihrer militärischen Bedeutung als Grenzburg wurde sie im Mittelalter nie verliehen, sondern höchstens bei dringendem Geldbedarf kurzfristig verpfändet. Zu den Pfandinhabern zählten bedeutende Adelsfamilien wie die Kuenringer, die Pottendorfer und die Trautmannsdorf. Bruck war wiederholt Angriffen der Ungarn, Kuruzzen und Türken ausgesetzt. Beim Ungarneinfall von 1484 musste sich die Burg nach einer sechswöchigen Belagerung wegen Proviantmangels ergeben, nachdem sie noch zwei Jahre zuvor gemeinsam mit der Stadtbefestigung alle Angriffe abwehren konnte. 1490 waren Stadt und Burg wieder im Besitz von Kaiser Maximilian I. Auch den Truppen Sultan Solimans konnte 1529 weder Stadt noch Burg widerstehen.

1560 kam die Herrschaft Bruck als Pfandbesitz an den Freiherrn Leonhard IV von Harrach, dem bereits das benachbarte Rohrau gehörte. Reichsgraf Carl von Harrach konnte Bruck während des 30-jährigen Krieges 1625 als freies Eigen übernehmen. Das Schloss blieb von den Kriegswirren verschont. Auch 1683 gab es keine Zerstörungen durch die Türken, da die Besitzer einen Schutzbrief von Mehmed Pascha vorweisen konnten. Auch die Stadt hatte sich mit Emerich Tököly arrangiert. Als die Türken endgültig aus Österreich vertrieben worden waren, konnte man an eine Modernisierung der Burg und vor allem an eine Umwandlung in ein repräsentatives Schloss denken. 1707 veranlasste Graf Alois Thomas Raimund von Harrach einen großzügigen Umbau, der zwar 1711 weitgehend beendet war, aber erst in den dreißiger Jahren im Inneren endgültig abgeschlossen werden konnte. Als Architekt wurde kein geringerer als Johann Lukas von Hildebrandt berufen. 1789 wurde vom Kunstgärtner Christoph Lübeck die barocke Gartenanlage Hildebrandts in einen englischen Park verwandelt und mit verschiedenen Staffagebauten versehen. Zahlreiche Kanäle wurden aus den Leithaarmen gespeist. Unter Reichsgraf Johann von Harrach wurde das Schloss 1792 neuerlich stark ausgebaut. Um 1850 wurden die ersten romantischen Bauten wie das Tor und das Torwärterhaus sowie das neugotische Haus des Parkaufsehers errichtet. 1854 beauftragte Franz Ernst Reichsgraf von Harrach den englischen Architekten Charles Buckton Lamb mit einem umfassenden Umbau im englischen Tudor-Stil. Die Arbeiten waren 1858 weitgehend beendet. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde der Park sorgfältig instand gehalten. Mit seiner Betreuung waren bis zu 50 Gärtner beschäftigt. Aus noch erhaltenen Listen geht hervor, dass es im Park über 6.000 verschiedene Baum- und Pflanzenarten gab. 1945 wurde die Einrichtung des Schlosses zum Teil geraubt und verschleppt, konnte jedoch später zum Teil wieder rückgeführt werden. Schloss Prugg ist nach wie vor im Besitz der Familie Harrach, doch wird es seit einigen Jahren nicht mehr bewohnt. Der derzeitige Schlossherr bemüht sich schon seit langem, einen neuen Verwendungszweck für die Anlage zu finden. Pläne zum Umbau in eine Hotelanlage und die Errichtung eines Golfplatzes im Park sind bisher glücklicherweise gescheitert.

Das Areal der Stadtburg, also das heutigen Schlosses Prugg, bildet innerhalb der Stadt mit seinen Nebengebäuden eine eigene herrschaftliche Katastralgemeinde. Es liegt im Augebiet der Leitha. Die Burg bzw. das Schloss wurde im Laufe der Zeit mehrmals umgebaut, so dass eine Zuordnung der einzelnen Bauteile nicht einfach ist. Eindeutig mittelalterlich ist jedenfalls der mächtige, 32 m hohe Heidenturm, der Bergfried der ersten Anlage. Er ist mit sorgsam behauenen Buckelquadern verkleidet und weist auch heute noch nur wenige Lichtöffnungen auf. Erbaut wurde er wohl im Zuge der planmäßigen Errichtung und Befestigung der Stadt in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das frühgotische Kreuzrippengewölbe mit den kurzen Knospenkapitellen in seinem Hauptraum (6,3 x 6,3 m) im ersten Stock weist ebenfalls auf diesen Zeitraum hin. Der Zinnenaufsatz des Turmes ist eine romantische „Verschönerung“ aus dem 19. Jahrhundert. Auf Grund seiner Mauerstärke kann auch der gegenüber liegende, 27 m hohe Kapellenturm zu den mittelalterlichen Wehreinrichtungen gezählt werden. Von den übrigen Bauten der ursprünglichen Burg sowie von den Umbauten des 16. und 17. Jahrhunderts ist kaum etwas sichtbar, da sie den Bauarbeiten Hildebrandts zum Opfer fielen. Er brachte Symmetrie in die Anlage, in dem er mit der Errichtung einer Durchfahrtshalle vom Schlosshof in den bereits außerhalb der ehemaligen Stadtmauer liegenden Park eine barocke Mittelachse schuf, nach der die übrigen Gebäudeteile ausgerichtet wurden. Über der Durchfahrt wurde ein 11 x 11 m großer Festsaal installiert, der über eine neue Barockstiege zugänglich ist. Ihr Gewölbe ist mit Bandlwerkstuck geschmückt. Im ersten Stock des kleineren Turmes richtete Hildebrandt die Schlosskapelle neu ein. Sie wurde mit feinem Deckenstuck geschmückt.

An die beiden Türme wurden zwei kurze Neubauten angehängt. Die alte Tormauer im Süden wurde abgerissen, so dass ein barocker Ehrenhof entstand. Die eher einfach fassadierten Obergeschosse sitzen auf einem hohen gebänderten Erdgeschoßsockel. Sie werden durch Lisenen und Pilaster vertikal gegliedert. Die Fenster sind mit geraden Verdachungen versehen. Um die Gartenfassade zu verlängern, fügte Hildebrandt rechts und links des neunachsigen Hauptbaues zweiachsige, leicht zurückspringende Flügelbauten an. Das äußere Erscheinungsbild der Anlage wurde 1854/58 nochmals stark verändert. Der englische Einfluss zeigt sich vor allem in den kurvigen und geschweiften Giebeln. So verfügt die lange Parkfront über sieben geschwungene Giebelaufsätze. Die groß angelegten Umgestaltungen bezogen auch den barocken Schüttkasten mit ein. Er wurde in einen Wohntrakt umfunktioniert und mit dem Hauptgebäude durch eine von Zierzinnen gekrönte Mauer verbunden. Das Schloss macht heute keinen sehr gepflegten Eindruck. Die Fassaden könnten durchaus einen neuen Anstrich vertragen. Die Innenräume waren zum Teil mit gutem Mobiliar aus dem 18. Jahrhundert ausgestattet, doch wurde dieses mittlerweile zum größten Teil entfernt. Der Fest- oder Gobelinsaal im zweiten Obergeschoß zeigt qualitätvolle Brüsseler Tapisserien aus dem 18. Jahrhundert. Sie stellen die vier Jahreszeiten dar. 1854 wurde der Saal verkürzt. In einem Nebentrakt ist die Ahnengalerie der Familie untergebracht. Das Altarbild der Kapelle ist ein Werk von Johann Georg Schmidt (Kremser Schmidt) aus dem Jahr 1721. Der Park, der zu den schönsten Gartenanlagen der Monarchie zählte und heute noch einer der großzügigsten Schlossparks Niederösterreichs ist, war bereits stark verwildert. Er wurde vor einigen Jahren von der Stadtgemeinde gepachtet, die sich bemüht, sein ehemaliges Aussehen wiederherzustellen. Die meist aus Holz errichteten Parkbauten sind nahezu alle verschwunden.

Lage: Niederösterreich/Wiener Becken

Ort/Adresse: 2460 Bruck an der Leitha, Schlossgasse 10

Besichtigung: nur von weitem möglich, der Park ist ganzjährig frei zugänglich


Weitere Literatur:


25.05.2006