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Reitenau


Um 1160/70 ließ Seifried von Kranichberg hier einen Wirtschaftshof als Zentrum einer großen Rodungsherrschaft anlegen. 1309 kam dieser an die Stubenberger, die mit ihm die Familie Reuter belehnten. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts bauten diese ihn in eine kleine Wasserburg um, die ihr bald als freies Eigen gehörte und 1340 als Burg zu Grafendorf erstmals erwähnt wird. Damals gehörte der Bau Herwig Reuter, einem Gefolgsmann der Stubenberger, der mit den Herbersteinern und den Teufenbach-Maierhofen verschwägert war. Der Name Reitenau geht auf die Familie Reuter zurück. Als 1427 mit Walchum Reuter seine Familie im Mannesstamm ausstarb, wurde der Besitz unter seinen beiden Töchtern aufgeteilt. Da Hans Zebinger den Anteil seiner Schwägerin aufkaufte, wurde er aber bald wieder vereinigt. Türken und Ungarn richteten bei ihren Einfällen 1529 und 1532 große Schäden an. Caspar Zebinger musste 1532 vor den Türken flüchten, die das Schloss völlig ausplünderten. Als er 1563 starb, wurde Reitenau neuerlich zwischen seinen beiden Töchtern geteilt. Nur das Tor und der Graben war gemeinschaftlicher Besitz. 1602 verkauften die Schwestern die Herrschaft an ihre Tante Sibilla von Wurmbrand. Beim Ungarneinfall von 1605 kam es zu größeren Schäden an Burg und Herrschaft. Vor allem die Bauern hatten unter den Verwüstungen stark zu leiden. 1610 ließ Rudolf von Wurmbrand das Schloss umbauen und vergrößern. 1618 waren die Arbeiten vollendet. Sein Nachkomme Graf Wolf Friedrich war landschaftlicher Kriegskommissär und bei seinen Untertanen nicht sehr beliebt. Während des Kuruzzeneinfalles von 1704 überfielen rebellische Bauern das Schloss und versorgten sich hier mit Waffen, Munition und Wein. Wolf Friedrich wurde nach Hartberg geschleppt und von einem Bauerngericht zum Tode verurteilt, weil man ihn fälschlicherweise der Kooperation mit den Ungarn verdächtigte. Der Schlossherr wurde in Seibersdorf erschossen und sein Schloss geplündert und verwüstet. Erst als die Kuruzzen vertrieben werden konnten, wurden die an dieser Untat beteiligten Bauern vor ein Gericht gestellt. Vier Rädelsführer wurden am Grazer Hauptplatz hingerichtet. Im 18. Jahrhundert erhielt das Schloss seine heutige Gestalt. 1822 verkaufte Franz Carl Graf von Wurmbrand die Herrschaft an Ludwig Graf Schönfeld, von dessen Nachkommen es Maria Gräfin Wimpffen erwarb. Seit 1939 gehört das Schloss der Familie Lentz.

Das stattliche Schloss liegt westlich der Ortschaft Grafendorf auf einem flachen Bergrücken. Es ist von einem großen Park umgeben. Der breite gemauerte Wassergraben, der unmittelbar an das Gebäude anschloss, wurde erst in jüngster Zeit zugeschüttet, doch haben sich im Park noch Gräben und Wälle erhalten. Die dreigeschossige Anlage bildet ein regelmäßiges Sechseck mit vier mächtigen vorspringenden Rundtürmen. Der große, ebenfalls sechseckige Hof wird im Erdgeschoß von flachelliptischen Blendarkaden eingefasst, die auf Pfeilern ruhen. Er ist von vier Wohntrakten und zwei hohen Schüttkästen umgeben. Ältester Teil des Schlosses dürfte das noch gegen Ende des 17. Jahrhunderts freistehende turmartige feste Haus gewesen sein, das heute baulich im Ostflügel steckt. Damals war es mit dem Torbau durch eine Mauer verbunden. An sie wurden die übrigen Gebäude angebaut. Nach Osten zu schloss an das Turmhaus ein niedriger Trakt an, von dem die Wehrmauer zu einem runden Turm an der Nordost-Ecke führte. Im Hof lag ein schmales Nebengebäude mit der Küche, Backstube und Gesindestuben. Die meisten Wirtschaftsgebäude lagen aber vor dem Graben. Im 17. Jahrhundert wurden dem Schloss einige Basteien vorgelegt, die zum Teil noch erhalten sind. Aus dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts hat sich im Osttrakt eine Renaissancetür erhalten. Anfangs des 18. Jahrhunderts bekam das Schloss sein heutiges Aussehen. Vor allem die Eingangsfront mit dem barocken Pilasterportal wurde symmetrisch gestaltet. Damals kam es zu einer Aufstockung aller Flügel auf drei Geschosse. Auch die Rundtürme an der Eingangsfront im Süden wurden erhöht und mit gedrückten Zwiebelhauben versehen. Die zweigeschossige Kapelle an der Nordseite wurde 1732 eingeweiht. Sie ist mit zartem Laubbandelwerkstuck geschmückt. Die Wände sind durch schlanke Pilaster gegliedert. Das Altarbild aus der Zeit um 1730 zeigt den Hl. Franz Xaver und die Gottesmutter. Im Dreipassfenster über dem Altar erkennt man eine Wappenscheibe der Familien Müller-Hornstein und Fünfkirchen aus dem 19. Jahrhundert. In den Wohnräumen haben sich einige Öfen aus der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert erhalten.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 7 km nördlich von Hartberg

Besichtigung: nicht möglich


Weitere Literatur:


21.05.2006