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Allentsteig


Allentsteig ist eine der ältesten Siedlungen des Waldviertels. Das umliegende Gebiet gehörte zum Stammbesitz der Kuenringer. Azzo von Hecimanneswisa-Gobatsburg, der Ahnherr der Kuenringer, hatte es um die Mitte des 11. Jahrhunderts als königliche Schenkung erhalten. Der Ort wird 1132 erstmals genannt. Damals wurde die Kirche zu Tigia, wie der Ort seinerzeit hieß, zur Pfarrkirche erhoben. Die Patronatsrechte erhielt Adalold, der auch dem Ort und der Burg ihren heutigen Namen gegeben hat. Zwischen 1188 und 1216 wird ein Adalold von Kaya-Kamegg mehrmals erwähnt. Er dürfte mit den Kuenringern verwandt gewesen sein und für sie die hiesige Burg verwaltet haben. Diese wurde bereits um 1100 auf dem höchsten Punkt des Ortes bzw. der zu Beginn des 13. Jahrhunderts planmäßig angelegten Burgstadt errichtet. Sie wurde zuerst aus Holz konstruiert, aber nach 1150 in Stein neu erbaut. Ihre Wehranlagen waren sowohl mit jenen der Kirche als auch mit jenen der Stadt verbunden. Burg und Kirche waren durch einen tiefen Graben getrennt und bildeten selbständige Verteidigungseinheiten. Um 1300 lebte auf Allentsteig der Minnesänger Kol von Niuzen (Neunzen). Auf die Herren von Kaya-Kamegg folgten im 14. Jahrhundert die Sonnberger, doch gaben sie diese bereits 1332 an Eberhard von Wallsee ab. Die Kuenringer kamen 1367 nochmals in den Besitz der Herrschaft. 1380 ging diese an die Herren von Maissau über. Otto IV, der letzte Maissauer, verpachtete 1409 Allentsteig an seinen Gefolgsmann Hans Hager. Als Otto auf Grund von Vorwürfen des Landesverrates in Ungnade fiel, wurde die Herrschaft landesfürstlich. 1440 wurde diese an die Herren von Puchheim verliehen. 1486 besetzte der Söldnerführer Spanowsky im Auftrag von König Matthias Corvinus neben Zwettl auch Allentsteig.

Um 1500 wurde die Familie Hager mit der Herrschaft belehnt. Ihre Angehörigen zählten im 16. Jahrhundert zu den angesehendsten Adeligen Niederösterreichs. Sie ließen in den Jahren 1544 bis 1570 die mittelalterliche Burg in ein Renaissanceschloss umbauen. Die Hager stellten mehrere Diplomaten, Feldherren und hohe Beamte. Als einer der führenden Protestanten des Landes reiste Sigmund Hager sogar selbst zu Luther nach Wittenberg. Wie Sigmund war auch Paris von Sonderndorf, der die Herrschaft 1599 kaufte, ein streitbarer Verfechter seines Glaubens und Gegner des Kaisers. Dies führte dazu, dass im Dreißigjährigen Krieg die Stadt mehrfach geplündert und schließlich von kaiserlichen Truppen besetzt wurde. 1629 verlor Hans Friedrich von Sonderndorf seinen Besitz durch Beschlagnahme. Neue Eigentümer wurden die Freiherren von Rappach, denen Schloss und Herrschaft bis 1694 gehörten. Durch Heirat kamen diese dann an den Grafen Ernst August von Falkenhayn. 1682 und 1752 richteten Brände am Schloss schwere Schäden an. 1804 erwarb Freiherr Leopold von Hahn den Besitz. 1816 gelangte dieser an die Familie Pereira-Arnstein und nach 1884 an die Prinzen von und zu Liechtenstein. 1918 erbte die Baronin Maria von Preuschen das Gut. Als das Deutsche Reich 1938 den riesigen Truppenübungsplatz Döllersheim anlegte, auf dem zeitweise bis zu 60.000 Soldaten hausten, machte es das Schloss zum Sitz des Kommandos. Diese Funktion hat es auch beibehalten, als es nach der von 1945 bis 1955 erfolgten russischen Besetzung, an die Republik Österreich übergeben wurde.

Das Schloss liegt auf einem Felsen im Nordteil des Ortes. Von außen wirkt die Anlage fast schmucklos. Aus der Zeit der Erbauung der Burg im 12. Jahrhundert stammen noch Teile der fünfeckigen Außenmauer. An der ehemaligen Angriffsseite steht der schlanke, 34 m hohe Bergfried. Der quadratische Turm (ca. 8 x 8 m) weist ein sorgfältig behauenes Quadermauerwerk auf. Die mehr als zwei Meter starken Mauern werden nur von kleinen konischen Schlitzfenstern durchbrochen. Sein Zinnenschmuck sowie das steile Walmdach gehen auf einem Umbau im Jahr 1904 zurück, der auch zu einer Aufstockung des Turmes um sieben Meter führte. Das daneben liegende innere Tor stammt aus der Gotik und ist spitzbogig. Es hatte jedoch einen rundbogigen Vorläufer. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg mit einer zweigeschossigen Zwingermauer umgeben, die durch zwei runde Ecktürme sowie einen zweigeschossigen Torturm verstärkt wurde. 1829 ließ Freiherr Heinrich von Pereira-Arnstein die Zwingermauer abgetragen. Der Torturm blieb aber erhalten. Über dem Tor springt ein auf Konsolen ruhender, dreiteiliger Breiterker vor. Unter ihm prangt ein großes Wappen der Familie Pereira-Arnstein von 1830. Die schönen dreigeschossigen Renaissance-Arkaden, die den Innenhof an drei Seiten begrenzen, wurden ihm 1576 vorgesetzt, wie ein Wappenstein an der Freitreppe an der Südseite bezeugt. Die auf toskanischen Säulen ruhenden Bögen sind im Erdgeschoß nahezu halbkreisförmig, werden aber in den beiden Obergeschossen flacher. Dafür geben ihnen dort die aus Doppelbalustern bestehenden Balustraden ein besonders edles Aussehen. Der Gesamteindruck des Arkadenhofes wird auch durch die zarten sgraffitoartigen Malereien in den Bogenzwickeln positiv beeinflusst. In der Nordostecke des Hofes liegt ein Stiegenhaus. Die Innenräume wurden um 1830 weitgehend umgestaltet. Einige Historismus-Kachelöfen haben sich erhalten. Von der einst bedeutenden Bildergalerie der Freiherren Pereira-Arnstein ist leider nichts mehr vorhanden. An das Schloss schließt ein kleiner Park an. Das „Untere Schloss“ ist ein großer zweigeschossiger Hakenbau, der mit der Burg durch eine gedeckte Stiege verbunden ist. Es handelt sich dabei im wesentlichen um den ehemaligen Meierhof. Der dreigeschossige Torturm ist mit 1546 bezeichnet. Die einstige Zugbrücke wurde schon vor langer Zeit durch eine Steinbrücke ersetzt.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 20 km nordöstlich von Zwettl

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


07.05.2006