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Mentlberg


Die dicht bewaldete Gegend im Südwesten von Innsbruck gehörte im 11. Jahrhundert dem Fürstbistum Brixen. Als um 1130 der Prämonstratenserorden das Kloster Wilten gründete, schenkte ihm Fürstbischof Reginbert das Gebiet um das heutige Schloss Mentlberg. Im ältesten Urbar des Stiftes Wilten aus dem Jahr 1305 wird bereits ein Hof auf der Gallwiese erwähnt. Neben ihm wurde ein Turm für das Abbrennen von Kreidfeuern errichtet. Der Turm wurde im Laufe der Zeit ausgebaut und diente zuerst dem Waldhüter als Wohnung und später dem Abt von Wilten als Sommerfrische. 1622 wurde der Turm abgerissen und an seiner Stelle eine Kapelle errichtet. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Stift den Meierhof längst verkauft. Die bekanntesten Hofbesitzer waren die Mentlberger, die ihm auch seinen Namen gaben. Heinrich III Mentlberger war Stadtrichter und Bürgermeister von Innsbruck. Er kaufte 1485 den Meierhof. 1493 erhielt er von Kaiser Friedrich III die Erlaubnis, ihn in einen Freisitz umzuwandeln. Unter Kaiser Maximilian I wurde er 1497 in den Adelsstand erhoben. Auf die Mentlberger folgten etliche andere Tiroler Adelige, so die reichen Zott von Berneck und die Heidenreich von Bideneck. Letztere standen in Diensten der Tiroler Landesfürsten und berieten sie in Finanzangelegenheiten. 1629 übernahm Ferdinand von Khuenpach den Ansitz und ließ ihn weiter ausbauen. Während des 30-jährigen Krieges brachte sein Sohn, der kaiserliche Offizier Christoph II von Khuenpach aus Holzheim bei Ulm eine geschnitzte Pieta mit und stellte sie in der Mentlberger Kapelle auf. Es entwickelte sich bald eine Wallfahrt, an der jährlich angeblich bis zu 15.000 Personen teilnahmen.

1661 kam Mentlberg durch Rückkauf wieder an das Stift Wilten zurück, das die Wallfahrt stark förderte. Die bereits zu klein gewordene Kapelle wurde 1770 im Rokokostil erneuert. Als 1805 Tirol an Bayern fiel und Stift Wilten säkularisiert wurde, verkaufte man auch den Ansitz samt der Kapelle. Die Wallfahrten kamen zum Erliegen und wurden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder aufgenommen. Im 19. Jahrhundert wechselte Mentlberg mehrmals den Besitzer. 1861 kaufte Therese Gräfin von Spaur das Schlösschen. Sie ließ es renovieren und machte es zu einem Zentrum des Innsbrucker Gesellschaftslebens. 1884 übernahmen neue Besitzer den Ansitz und führten ihn als eine Art Wellness-Hotel. Die Gäste konnten zwischen Fichtennadel-, Sole- und Mineralbäder wählen. Als der französische Prinz Ferdinand von Bourbon-Orleans, Herzog von Alencon, 1890 Mentlberg kaufte, ließ er es von einem französischen Architekten historistisch im Stil der französischen Renaissance umbauen. Er war mit Sophie, einer Schwester der österreichischen Kaiserin Elisabeth verheiratet. Als diese 1897 in Paris an einem Wohltätigkeitsbasar mitwirkte, brach ein Brand aus, dem sie und weitere 142 Personen zum Opfer fielen. Bis 1914 wohnte der Sohn des Prinzen, der Herzog von Vendôme, im Schloss. Im ersten Weltkrieg wurde es als Feindbesitz von der österreichischen Militärverwaltung beschlagnahmt und als Sanatorium für lungenkranke Soldaten verwendet. Danach diente es als Lehrlingsheim, Hotel und Kaserne. Im Zweiten Weltkrieg hatte hier der Reichsarbeitsdienst seine Büros. Nach dem Krieg zog die französische Besatzungsmacht in das Gebäude ein. Ab 1948 war es wieder Schüler- und Lehrlingsheim. Seit 1928 gehört Mentlberg dem Land Tirol. Seit einigen Jahren wird die Übersiedlung des Landeskonservatoriums sowie von Teilen der Innsbrucker Universität geprüft. Mittlerweile wird es als Jugend-Wohnheim und Asylantenheim genutzt.

Schloss Mentlberg liegt über dem Innsbrucker Stadtteil Sieglanger am Waldrand. Sein viergeschossiger Wohntrakt ist sehr einfach gehalten und erinnert eher an einen gemeindeeigenen Wohnkomplex als an ein Schloss. Beeindruckend ist jedoch der mächtige Eingangsturm an der Ostseite, der auch an der Loire stehen könnte. Er trägt ein hohes Pyramidendach, unter dem vier mit Spitzdächern gedeckte Eckerker vorspringen. Die Turmfassade ist mit einer Uhr und dem Wappen des Bauherrn geschmückt. Die Turmfenster sind vom Jugendstil beeinflusst. Zwei niedrigere gotisierende Ecktürme begrenzen die Westfront. Von der einst prächtigen Innenausstattung sind nur mehr der Holzplafond und die Eichentüren des Speisesaales im Erdgeschoß erhalten. Bemerkenswert ist die in unmittelbarer Nähe des Schlosses stehende Kapelle. Sie wurde 1769/70 nach Entwürfen von Konstantin Johann von Walter durch Michael Umhauser errichtet. Ihre dem Inntal zugewandte Fassade wird durch Pilaster und Nischen gegliedert. Darüber erhebt sich ein Volutengiebel, der von einem polygonalen Dachreiter mit Laterne überragt wird. Das Deckenfresko des Augsburger Malers Matthäus Günther (Gindter) zeigt die Kreuzigung Jesus. Über dem Altar ist die Kreuzabnahme und über der Empore die Grablegung dargestellt. Auf dem Hochaltar steht die alte Gnadenstatue. Die Kanzel ist reich stukkiert. Ein Engel mit Posaune am Schalldeckel zeigt an, dass hier das Wort Gottes verkündet wird.

Ort/Adresse: 6010 Innsbruck, Mentlbergstraße 23

Besichtigung: das Schloss kann nur von außen besichtigt werden, die Kapelle ist normalerweise geöffnet


Weitere Literatur:


05.05.2006